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    Interview mit Triamis GmbH  15156  0 Kommentare Immobilienexperte Thomas Knedel verrät: So geht es unserer Immobilienbranche

    Bild: Thomas Knedel von Triamis GmbH im Interview

    Herr Knedel, viele Marktbeobachter kritisieren den deutsche Immobilienmarkt wo es nur geht: Zu hohe Mieten, ein komplexer Bürokratieapparat oder die geringe Wohneigentumsquote im internationalen Vergleich werden regelmäßig diskutiert. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Herausforderungen für den deutschen Immobilienmarkt mit Blick auf die nächsten 10 Jahre?

    Die Immobilienwirtschaft in Deutschland wird Jahr für Jahr mit immer mehr – politisch einseitig motivierten – Regularien konfrontiert. Davon besonders betroffen ist die Wohnungswirtschaft. Das Beispiel, das derzeit in aller Munde ist, ist Berlin. Nun wurde gerade erst bekannt, dass das Angebot an Mietwohnungen aufgrund des Mietendeckels sogar nicht nur stagniert, sondern binnen Jahresfrist drastisch um 25% (bei Gebäuden mit Baujahr vor 2014 sogar um 47,4%) zurückgegangen ist (Meldung WiWo vom 25.08.2020). Damit sorgt die Überregulierung gerade nicht für eine Entspannung des Wohnungsmarktes (was ja der ausdrückliche politische Wille war), sondern für eine weitere Verschärfung. Das sind Szenarien, an die wir uns offensichtlich gewöhnen müssen, wenn wir der weiteren Überregulierung nicht Einhalt gebieten wollen. „Zumindest“ in allen angespannten Wohnungsmärkten. Viele Vermieter suchen schon heute Abhilfe darin, dass sie ihre Wohnungen lieber gar nicht vermieten, um sie so wirksam der Regulierung zu entziehen.

    Insofern sollte das Hauptbestreben der Immobilienwirtschaft sein, massiv auf eine Deregulierung der Märkte einzuwirken. Erst wenn wir wieder frei im Markt agieren können, wird die Neubautätigkeit zunehmen. Durch entsprechende Umschichtungseffekte werden dann wieder mehr günstige Wohnungen zur Verfügung stehen. Ein Mietendeckel wird dann schlichtweg nicht mehr notwendig sein.

    Neben der Deregulierung insgesamt sollte auch über den Abbau von bürokratischen Hürden nachgedacht werden. Prozesse sollten entschlackt werden. Und, ich sage es ungern, das Gutsherrendenken, das in erstaunlich vielen Amtsstuben vorherrscht, muss dringend abgeschafft werden. Amtsleiter, Stadträte und auch Ministerien sind hier gefragt.

    Weiterhin sehe ich große Hürden im teils übertriebenen Datenschutz, wenn wir uns beispielsweise mit konkreten Investments befassen. In den USA ist es beispielsweise möglich zu jedem Haus online nicht nur den aktuellen Marktpreis zu recherchieren, sondern die komplette Angebotshistorie inkl. der damaligen Vermarktungszeiträume nachzuverfolgen.

    Weiterhin könnten Baugenehmigungsverfahren digitalisiert und damit transparent für alle am Verfahren Beteiligten gestaltet werden. Damit wüchse durch eine entsprechende Objektivität auch wieder das Vertrauen in die lokalen Behörden. Ein immens wichtiger Punkt!
     

    Inwiefern spielen die rechtlichen Rahmenbedingungen da eine Rolle?

    Auch hier steht die Wohnungswirtschaft sehr, sehr schlecht da. Nur wenige europäische Länder haben eine derart strenge Regulierung des Wohnungsmarktes wie Deutschland. Neben dem erwähnten Mietendeckel und der insgesamt möglichen freien Marktentwicklung sehe ich auch große Hürden im Mietrecht. Möchte ich heute ein Bestandsgebäude in einem „Milieuschutzgebiet“ (allein dieses Wort ist eine Zumutung) fortentwickeln und sogar in Eigentumswohnungen aufteilen, muss ich heute mit maximalem Widerstand rechnen. Beispielsweise muss ich meine Mieter fragen, ob ich Balkone an mein Eigentum anbauen darf oder nicht. Absurder kann es kaum sein.

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    Insofern sollte dringend über den eingeschlagenen Weg der immer fortwährenden Verschärfung des Mietrechts mit schon fast absolutem Mieterschutz nachgedacht werden.

    Aber auch im Bau- und Verfahrensrecht sollte dringend nachgebessert werden. Gerade in angespannten Wohnungsmärkten wird die Kommunikation mit den Behördenvertreten vielfach immer mühsamer.
     

    Gibt es regionale Unterschiede, sprich differenzieren sich Immobilienmärkte zwischen den Bundesländern und wenn ja, was für spannende Spezifika gibt es in bestimmten Ländern (Hessen, NRW usw.)?

    Unterschiede sehe ich vor allem in den Kategorien „Zuzugsregion“ oder nicht. Die Politik versucht ersteres auch als „angespannten Wohnungsmarkt“ zu definieren. Während es in der Zuzugsregion regelmäßig an Wohnungen mangelt (oft in allen Segmenten), müssen wir das Überangebot in schwächeren Regionen weiter abbauen, so schmerzhaft das für den einen oder anderen Immobilieneigentümer sein mag. Hier werden sich langfristig nur die guten Angebote durchsetzen.

    In der Zuzugsregion müssen wir dagegen alles für ein freundliches Investitionsklima tun, damit genug Wohnraum geschaffen werden kann. Neben geschmeidigen Genehmigungsprozessen sehe ich hier vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen (Mietrecht, Bau- und verfahrensrecht, Nachbarrecht).

    Nicht außer Acht gelassen werden sollte auch die Sanierung und die Nachverdichtung des innerstädtischen Bestandes. Auch die Speckgürtel der großen Metropolen rücken hier mehr und mehr in den Fokus.
     

    Auch das Schlagwort „Digitalisierung“ gewinnt im Immobiliensektor konstant an Relevanz. Was wird der nächste große Trend sein, der den Immobilienmarkt hierzulande langfristig beeinflussen wird?

    Derzeit werden viele Softwaretools entwickelt, die unwahrscheinlich viele Daten aggregieren, um z. B. aussagekräftige Immobilienbewertungen vorzunehmen. Vielfach lernen diese Tools sogar eigenständig mittels ausgeklügelter Künstlicher Intelligenz. Ich denke, dass wir bereits in wenigen Jahren Immobilien sehr, sehr schnell bewerten können und dabei zu über 90% auf mehr oder weniger frei verfügbare Daten zurückgreifen können. Gutachter werden diese Daten „nur noch“ gewichten bzw. komplexe Immobilien (wie bsp. Shopping-Center) bewerten.

    Aber auch im Bereich des Matchings (Zusammenführen von Kauf- und Verkaufsinteressenten) sehe ich ein großes Potenzial.

    … bis hin zur Blockchain als zuverlässiges Instrument für die vollständige Digitalisierung von Grundbüchern bzw. als Ersatz des bisherigen „Notar- und Grundbuchsystems“.
     

    Die Pandemie hat nahezu alle Lebensbereiche fest im Griff. Welche Aspekte, die sich während Corona im „Real-Estate“ etabliert haben, werden – auch auf Basis Ihrer eigenen Erfahrungen – langfristig erhalten bleiben?

    Das Homeoffice ist bereits heute salonfähig geworden. Und das finde ich auch gut. Herausforderung ist hier jedoch die IT-Infrastruktur der daheim arbeitenden Mitarbeiter, beginnend mit dem Internetzugang über Cloud-Lösungen bis hin zur mobilen Hardware. Menschen, die es zu weit aufs Land zieht, werden es hier schwer haben.
     

    Thomas Knedel ist Immobilienunternehmer und blickt auf mehr als 20 Jahre Erfahrung im Immobiliengeschäft zurück. Seit 2007 ist er Inhaber der Triamis Gruppe, einem Investment-Unternehmen. Sein Wissen gibt er in Büchern, Podcasts und Online-Kursen an zukünftige und bereits aktive Immobilieninvestoren weiter.






    Seyit Binbir
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    Seyit Binbir ist Börsenexperte und Wegbereiter vieler Unternehmen im digitalen Sektor. Seine Erfahrungen und Analysen veröffentlicht er als Redakteur in verschiedenen Börsenpublikationen, damit auch andere von seiner Leidenschaft für Aktien profitieren.
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    Verfasst von Seyit Binbir
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