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    ROUNDUP  189  0 Kommentare Der Entfesselungskünstler - Laschet macht auf Merz

    STUTTGART/MAINZ (dpa-AFX) - Armin Laschet wirkt aggressiver als noch vor einer Woche. Die Bergarbeiter-Glücksmünze seines Vaters holt er diesmal nicht hervor wie noch beim Bundesparteitag. Dafür teilt er kräftig aus, als er am Wochenende zu den Parteikollegen in Baden-Württemberg spricht. Er schimpft über den politischen Gegner und warnt vor einer rot-rot-grünen Bundesregierung. Er spricht vom Entfesseln und nimmt damit Bezug auf das Motto des Wahlprogramms, mit dem die Südwest-CDU in die Landtagswahl gehen will. Laschet redet ausgiebig über Familienunternehmen, den Mittelstand, er kritisiert Vorschriften und Bürokratie. Er kann auch Wirtschaft, so die Botschaft. Laschet gibt den Merz. Bei seinem ersten großen Auftritt als CDU-Bundesvorsitzender wirkt er selbst irgendwie entfesselt.

    Am Freitag erst wurde der nordrhein-westfälische Ministerpräsident ganz offiziell als neuer CDU-Bundeschef per Briefwahl bestätigt. Am Samstag tourt er in seinem neuen Amt durch den Südwesten der Republik. Denn in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg stehen am 14. März Landtagswahlen an. Auf digitalen Parteitagen verabschieden die CDU-Landesverbände ihre Wahlprogramme.

    Laschet schaut zunächst bei der CDU in Rheinland-Pfalz vorbei - und klopft sich dort selbst auf die Schulter. Die Zustimmung von 83 Prozent bei der Briefwahl sei "sehr bemerkenswert", sagt er auf dem Programmparteitag der rheinland-pfälzischen CDU. "Es waren drei..., also zwei tolle Kandidaten - und ich finde mich auch ganz gut", sagt er und erntet für den holprigen Satz Gelächter.

    Neben Laschet steht der rheinland-pfälzische Spitzenkandidat Christian Baldauf in einem ziemlich leeren Studio vor der Kamera. Er hält eine eher hölzerne Rede. In dem katholisch geprägten Land schien die CDU bis Ende der 1980er Jahre ein Abonnement auf die Staatskanzlei zu haben. Mit Ministerpräsidenten wie Helmut Kohl und Bernhard Vogel war die Landespartei auch bundespolitisch fest verankert, ehe heftige innerparteiliche Querelen dazu beitrugen, dass die CDU vor 30 Jahren in die Opposition geschickt wurde.

    "Wir spüren Rückenwind aus Berlin", sagt Baldauf der Deutschen Presse-Agentur. Die Landespartei sei froh, dass die Frage nach dem Bundesvorsitz nun gelöst sei. Armin Laschet habe ausgestrahlt, dass er Menschen zusammenführen könne. "Diese Fähigkeit zur Nähe braucht die CDU, um geschlossen, als moderne Volkspartei in das Superwahljahr zu ziehen." So wie er selbst 2017 Rot-Grün in der Düsseldorfer Staatskanzlei abgelöst habe, könne dies doch auch Baldauf jetzt in Mainz machen, sagt Laschet.

    Anschließend fährt Laschet nach Stuttgart, zur Südwest-CDU. Der traditionell konservative Landesverband stellte in Baden-Württemberg viele Jahrzehnte lang den Regierungschef. Seit 2016 regiert die CDU als Juniorpartner in einer Koalition mit den Grünen unter Winfried Kretschmanns Führung. Mit Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann, die gleichzeitig als Kultusministerin in der Corona-Krise für offene Schulen kämpft, will die Partei zu alter Stärke finden. Aber Kretschmann liegt in der Beliebtheit weit vorne, auch weil er seit Jahren erfolgreich im konservativen Klientel der CDU fischt.

    Die Südwest-CDU gilt als Hochburg der "Fans of Friedrich", viele trommelten im Ländle im Kampf um den CDU-Bundesvorsitz für Merz. Laschet gibt sich in Stuttgart deshalb redlich Mühe, den Konservativen und Wirtschaftsliberalen ein Angebot zu machen. "Ich bin auch Friedrich-Merz-Fan", sagt er. CDU brauche Merz und die, die ihn unterstützt hätten. Die Rede kommt an im Südwesten. "Er wurde gefeiert von denen, die ihn verhindern wollten", sagt ein Funktionär.

    Laschet kann jede Unterstützung gebrauchen in seinem neuen Amt. Dem 59-Jährigen stehen schwierige Zeiten bevor. Nur mit 55 Stimmen Vorsprung gewann er die Stichwahl gegen Merz auf dem Bundesparteitag. Die Partei ist nach wie vor gepalten. Laschet muss die Merz-Anhänger mitnehmen. Er muss sich im Schatten einer allmächtigen Kanzlerin profilieren. Er muss in der unkontrollierbaren Dynamik einer historischen Pandemie ein Bundesland möglichst pannenfrei regieren.

    Und Laschet muss sich vor allem gegen CSU-Chef Markus Söder durchsetzen im Machtkampf um die Kanzlerkandidatur. Auch wenn Söder öffentlich noch keinen Anspruch auf das Amt erhoben hat und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Laschet in der "Bild am Sonntag" bereits als "natürlichen Kanzlerkandidat" bezeichnet - das Rennen ist alles andere als ausgemacht.

    Die beiden Landtagswahlen gelten als erster Stimmungstest für den neuen CDU-Chef. Aber in beiden Ländern wird es schwer für die CDU. Laschets Zukunft hängt ausgerechnet von zwei Spitzenkandidaten ab, die es sehr schwer haben dürften gegen die populären Amtsinhaber Malu Dreyer (SPD) und Winfried Kretschmann (Grüne).

    Das weiß auch Laschet. Auf die Frage, ob er die Kanzlerkandidatur an Söder abtreten müsse, wenn die Wahlen in den beiden Ländern nicht so gut ausgehen sollten, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung": "Markus Söder hat deutlich gemacht, dass es sich um Landtagswahlen mit eigenen Konzepten und eigenen Spitzenkandidaten handelt."/poi/DP/edh




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