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     2987  0 Kommentare Hat Greenspan tatsächlich alles falsch gemacht?

    Ich wundere mich sehr, mit welcher Sicherheit und Selbstgerechtigkeit Alan Greenspan derzeit nahezu überall als der Schuldige unserer gegenwärtig nicht unbedingt glänzenden Wirtschafts- und Börsensituation ausgemacht wird. Ich bin es nicht, Alan Greenspan ist es gewesen!

    Da stehen sie dann in ihren teuren Anzügen mit bunten Seidenschlipsen in grell erleuchteten Fernsehstudios und erzählen, als hätten sie leibhaftig die Forelle erfunden. Es ist erstaunlich, wie einfach es manchmal scheint, eine völlig heterogene und verschiedenartige Welt auf einen ganz einfachen Nenner zu bringen. Da hat Greenspan zuerst mit einer zu leichten Geldpolitik die Hausse an den Aktienmärkten verursacht, dann die Anpassungskrise verhindert – und jetzt ist er immer noch Schuld, dass die Zinsen eigentlich zu niedrig sind.

    Ich erinnere mich noch sehr gut an die Lehren der Weltwirtschaftskrise 1929 bis 1933. Damals war es eine zu restriktive Politik, die nichts Geringeres als das völlige Welt-Chaos gebracht hat. Ich denke, man sollte die Krisen 1998 und 2000 ff. nicht auf die leichte Schulter nehmen; es war auf jeden Fall sicherlich besser, sie mit leichtem Geld zu bekämpfen als sie auf die leichte Schulter zu nehmen. Der Glaube an die Selbstregulierung des Marktes, also an die sogenannte „Anpassungskrise“, kann nämlich durchaus fatal sein.

    Möge sie daher den Leuten mit den schicken Anzügen, bunten Schlipsen und der großen großen Selbstgewissheit erspart bleiben – und uns allen anderen natürlich auch. Denn so etwas könnte uns in der heutigen Situation durchaus wegfegen und zerfetzen. Ich freue mich daher tausend Mal mehr über einen Greenspan als über tausend gelackte Fernsehheinis.

    berndniquet@t-online.de

    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
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