Corona-Highflyer gesättigt?
DAX-Ausbruch läutet neues „Kapitel des Bullenmarktes auch bei Aktien außerhalb des Tech-Sektors“ ein
Der Deutsche Leitindex setzte in dieser Handelswoche zur Rekordjagd an und markierte bei 14.595 Punkten ein neues Allzeithoch. Wie ist diese DAX-Rallye zu erklären und ist der Hype um die Corona-Gewinner nun gebrochen?
Nach der viertägigen Rekordserie des bedeutendsten deutschen Aktienindex und einem Wochenplus von gut 4,5 Prozent, haben einige Analysten eine Korrektur, wie sie heute stattfindet, erwartet. Doch wie kam es zu dem Ausbruch des DAX und wie ist diese zu bewerten?
Volker Glaser, Fondsmanager von MPPM, erklärt dazu gegenüber wallstreet:online: „Die heiß diskutierte Zinswende wurde bislang nicht eingeläutet und dürfte wohl auch in absehbarer Zukunft nicht Realität werden. Allerdings führten schon die diffusen Ängste vor dem Zinsgespenst zu einer gewissen Renaissance der substanzstarken Value-Aktien, wie sie im DAX überrepräsentiert sind.“
Weitere Gründe, warum der DAX die anhaltende Seitwärtsbewegung verlassen hat, macht Glaser in positiven US-Konjunkturdaten, dem 1,9 Billionen US-Dollar schweren Konjunkturpaket von Joe Biden sowie in positiven Zahlenwerken und Ausblicken von vielen DAX-Firmen aus.
Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst bei CMC Markets, führt die Ausbrüche der Aktienmärkte in den USA und Europa – wie beispielsweise beim DAX – unter anderem auf die Liquidität, die von Zentralbanken und auch durch das neue Konjunkturpaket in den USA in Umlauf gebracht wird, zurück. Sie deuten laut ihm auf ein neues „Kapitel des Bullenmarktes auch bei Aktien außerhalb des Tech-Sektors“ hin. „Wir sehen gerade eine gewisse Übertreibung bei den Verkäufen von Highflyer-Aktien einerseits und den Anstiegen bei den Value-Aktien andererseits. Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo in der Mitte, sagt Stanzl im Gespräch mit wallstreet:online.
Zwei deutsche Wertpapiere, die von der Trendverschiebung profitieren, sind laut Stanzl die Deutsche Lufthansa, die rund 75 Prozent über ihrem Jahrestief liegen und Volkswagen, die bereits um 175 Prozent zulegten seit März 2020. Die Kranich-Airline könnte bald wieder mehr Flieger in der Luft haben, nicht mehr wie zuvor primär für Business-Flüge, sondern für viele neue Tourismus-Ziele. Beim VW-Konzern zieht er seine Schlüsse aus der Kompetenz im Fahrzeugbau und der relativ günstigen Bewertung im Vergleich zu Tesla, die circa 25 Prozent unter ihrem Jahreshoch notieren. Außerdem biete Volkswagen mit dem ID.3 auch eine gewisse Attraktivität im Bereich der Elektromobilität, so der CMC-Analyst weiter.
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Überzeugt vom niedersächsischen Automobilhersteller ist auch Fondsmanager Glaser, aber nicht nur von den Wolfburgern: „Die Stimmung ist sehr gut. Im DAX gab es zahlreiche Nachholeffekte bei recht günstigen Industrie- und Exportfirmen. Unsere wundervollen Automarken wie BMW, Daimler und Volkswagen feiern am Markt ein Comeback.“
Als reizvolle Aktien benennt Glaser ebenso die Deutsche Telekom, die mit einer soliden Dividendenrendite punktet, sowie die „künftige Green-Aktie RWE“. „Große Substanz finden Sie bei den Werten Fresenius und HeidelbergCement, in die wir auch investiert haben“, so Glaser. Ein DAX-Titel, von dem der Fondsmanager abrät, ist die Online-Bestellplattform Delivery Hero. Diese hält er für absurd hoch bewertet.
Autor: Nicolas Ebert, wallstreet:online Zentralredaktion