Immobilienmärkte
Immobilienweisen 2021: Core-Segment wird schmaler
Zu den klaren Gewinnern in der Pandemie auf dem gewerblichen Investmentmarkt zählen moderne Nahversorgungsimmobilien
Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen: Corona kündigt strukturelle Veränderungen an
Das Core-Segment im gewerblichen Immobilienmarkt habe im Verlauf des Corona-Jahres 2020 an Breite verloren, bilanziert der Rat der Immobilienweisen in seinem Frühjahrsgutachten, das der ZIA gestern auf dem von Heuer Dialog veranstalteten Branchenkongress Quo Vadis vorstellte. Seit dem Herbst 2002 sorgt der „Rat der Immobilienweisen“ durch seine Frühjahrsprognosen für mehr Transparenz auf den Immobilienmärkten. Der ehemalige Immobilienweise Manuel Jahn, heute bei Habona Invest für die Produktentwicklung verantwortlich und dem Frühjahrsgutachten als redaktioneller Berater weiterhin eng verbunden, lobt den Transparenzbeitrag, den das Gutachten in unübersichtlichen Zeiten wie diesen leistet:
„Ich bin dankbar, dass die Gutachter offene Worte fanden für Entwicklungen, die auch die erfolgsverwöhnte Immobilienwirtschaft zum Nachdenken anregen sollten. Gleichzeitig überwiegt der Optimismus, die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen anzunehmen und einen positiven Beitrag zu leisten.“
Breite des Büromarktes steht Core-Investoren nicht mehr zur Verfügung
Insbesondere der für institutionelle Anleger wichtige Büromarkt stünde vor einem Wandel. Das beschleunigte Wachstum des Homeoffice-Anteils und die nachlassende Nachfrage der Investoren um fast 40 Prozent insbesondere in den A-Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart kündigen von einem neuen Risikoempfinden im Hinblick auf die Zukunft der Büroarbeit. Als Core gelte aktuell nur noch das Büro, das langfristige Mietverträge aufweist, idealerweise mit öffentlichen Nutzern oder mit Mietern, die eine gute Wachstumsperspektive aufweisen. Die Entwicklung neuer und flexiblerer Bürokonzepte würde damit aber insgesamt angeregt und der notwendige Strukturwandel beschleunigt.
Beherbergungsgewerbe stark getroffen – aber Küstennähe bleibt begehrt
Die Corona-Krise hat das Beherbergungsgewerbe so stark getroffen wie keine andere Branche. Trotz wichtiger Hilfen seien viele Hotelbetriebe existenziell bedroht. Allerdings verzeichneten Urlaubsregionen deutlich geringere Rückgänge der Übernachtungsgäste als städtische Ziele. Entsprechend hätten Investoren eine Alternative: Während Stadthotels kaum nachgefragt seien, würden nun in erster Linie Ferien- und Ressorthotels gehandelt. Eine Erholung sehen die Immobilienweisen zuvorderst in Küstennähe.
Nahversorgungsimmobilien etablieren sich als Fels in der Brandung
Der Investmentmarkt für Einzelhandelsimmobilien sehe sich sehr ambivalenten Entwicklungen gegenüber. Während Anbieter in Nahversorgungsimmobilien im Jahr 2020 teils Umsatzzuwächse im zweistelligen Prozentbereich verzeichnen konnten, sorgten die zeitweisen Zwangsschließungen im Nonfoodsegment für erhebliche Umsatzeinbußen von bis zu 30 Prozent. Nachdem schon 2019 angesichts des grassierenden Onlinehandels und sinkender Preise kein gutes Jahr für den stationären Nonfood-Einzelhandel mit rund 3.900 Insolvenzen gewesen sei, hätten trotz ausgesetzter Insolvenzanmeldepflicht sowie staatlicher Corona-Hilfen auch 2020 noch ca. 3.300 Händler Insolvenz anmelden müssen. Innerstädtische Geschäftshäuser seien deshalb besonders schwer von den Folgen der Pandemie betroffen. Auch die Risikoaufschläge bei Shoppingcentern wachsen deutlich. Allein bei den stark nachgefragten Lebensmittelmärkten blieben die Preis- und Wertentwicklungen intakt; der Onlinehandel spiele in der Nahversorgung auch weiterhin eine nur sehr untergeordnete Rolle und habe auch in den Lockdowns seinen Marktanteil kaum vergrößern können.