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     144  0 Kommentare Rechtens, nicht gerecht / Kommentar zum Urteil über Amazons Steuerdeals von Detlef Fechtner

    Frankfurt (ots) - Erst Apple, nun Amazon: Erneut erleiden Europas
    Wettbewerbshüter eine krachende Niederlage vor Gericht. Weil die Konzerne mehr
    als zweifelhafte Steuerdeals mit Irland und Luxemburg ausgehandelt hatten,
    verdonnerte sie EU-Kommissarin Margrethe Vestager zu üppigen
    Steuernachzahlungen. In beiden Fällen wurden die Anordnungen jedoch vom
    EU-Gericht wieder abgeräumt, da Brüssel, so die Richter, einen belastbaren
    Nachweis der unlauteren Reduzierung der Steuerlast schuldig geblieben sei.

    Dabei hat die EU-Kommission verwegene Praktiken aggressiver Steuervermeidung
    offengelegt. Gewinne wurden verschoben, Lizenzrechte verlagert und ein Geflecht
    von Untergesellschaften installiert - mit dem einzigen Ziel, dass die Steuerlast
    des Europageschäfts genau dort anfällt, wo kooperationswillige Finanzämter
    extrem günstige Steuerbescheide ausstellen.

    Bekanntlich ist man auf hoher See und vor Gericht in Gottes Hand. Im Fall Amazon
    musste Vestager schmerzhaft erleben, dass es nicht reicht, ein System von
    Briefkastenfirmen aufzudecken. Denn über die Wertschöpfung eines Briefkastens
    lässt sich streiten - zumal, wenn eine Firma die Stirn hat, alle möglichen
    Rechte geistigen Eigentums dort zu deponieren. Das ist so unverfroren, als würde
    eine Friseurkette die Sitzplätze für wartende Kunden zu "Forschungszentren"
    umdefinieren, weil dort Zeitungen ausliegen - nur steuerlicher Vergünstigungen
    wegen.

    Die Urteile in den Rechtssachen Apple und Amazon zeigen, dass das
    Wettbewerbsrecht nur bedingt taugt, um dreiste Steuerdeals zwischen Konzernen
    und willfährigen Regierungen zu verhindern. Die Deals, die die Steuerlast für
    beteiligte Konzerne völlig unangemessen verringern, mögen noch so sehr
    schreiendes Unrecht sein. Formell sind viele von ihnen rechtens.

    Vestager muss nach der erneuten Niederlage viel Kritik einstecken. Ihre Vorstöße
    hätten, da sie vom Gericht kassiert wurden, im Kampf gegen Steuervermeider
    geschadet. Das ist Unfug.

    Die Dänin hat mit den Verfahren den Verhandlungen über eine politische Lösung in
    Form verstärkter Transparenz (Stichwort Country-by-Country-Reporting) und in
    Form internationaler Standards (Stichwort Mindeststeuer) kräftig Schub
    verliehen. Und mal sehen: Die EU-Kommission kann ja Rechtsmittel einlegen.
    Allein der Ausgang in der parallelen Rechtssache Engie zeigt, dass Richter bei
    Steuerdeals so oder so entscheiden. Weder bei Amazon noch im luxemburgischen
    Finanzministerium sollte man die Sache zu früh als erledigt ansehen.

    (Börsen-Zeitung, 14.05.2021)

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    Redaktion

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