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    Im Interview  1943  0 Kommentare Gigaset: „Wir sind zu 100 Prozent auf Kurs“

    Auf EBITDA-Basis schreibt Gigaset zum Jahresauftakt wieder schwarze Zahlen. CFO Thomas Schuchardt glaubt, dass sich dieser positive Trend fortsetzen wird.

    Im Interview mit unserer Redaktion setzt Schuchardt für das Gesamtjahr auf schwarze Zahlen. Im Jahresverlauf wird die Gesellschaft neue Smartphones vorstellen. Auch die Kooperation mit Unify dürfte für Impulse sorgen. Deutlich macht der Finanzchef, wie wichtig die Forschung für die Zukunft von Gigaset ist. Und auch die Trendwende der Gesellschaft wird von Schuchardt ausführlich thematisiert.

    Die Pandemie hat sie 2020 stark belastet. Haben sie aufgrund von Corona irgendwelche staatliche Unterstützung erhalten?

    Schuchardt: Die Corona-Pandemie hat uns im letzten Jahr hart getroffen. Wir wurden, wie zahlreiche andere Unternehmen weltweit, von heute auf morgen vor eine ganz neue Realität mit bislang noch nicht dagewesenen, bzw. vorstellbaren Herausforderungen gestellt. Entsprechend stolz bin ich auf unseren Umgang mit der Krise. Wir haben schnell, konsequent und ganzheitlich reagiert. Auf Grund unseres entschlossenen Handelns konnten wir Vieles aus eigener Kraft stemmen. Trotzdem sind wir dankbar, dass z.B. das Instrument der Kurzarbeit in Deutschland zur Verfügung stand. In Frankreich haben wir zudem einen Kredit über 2 Millionen Euro erhalten.

    Sehen sie bei Gigaset auch positive Auswirkungen der Pandemie?

    Schuchardt: Ja, die sehen wir. Kurzfristig ergab sich z.B. ein sehr positiver Effekt für das Thema Festnetz. Darüber wurde auch im letzten Jahr in zahlreichen Medien berichtet. Es gab eine regelrechte Renaissance des Schnurlostelefons. Im Home Office haben die Menschen wieder zu vertrauter, nachhaltiger Technologie mit hervorragender Sprachübertragung und ECO-DECT gegriffen. Mittelfristig sehen wir eine Beschleunigung der Digitalisierung. Remote Work, Home Office oder Flexible Office werden bleiben und weiter Schule machen. Hier wollen und werden wir mit unseren Lösungen mitspielen. Spannend sind natürlich auch die Veränderungen mit Blick auf den Handel. Der stationäre Handel wurde durch Corona natürlich stark getroffen, während der eCommerce durch die Decke ging. Glücklicherweise haben wir uns rechtzeitig stärker im Online-Bereich aufgestellt und konnten so ebenfalls positive Effekte nutzen. Ungeachtet dessen hoffen wir aber auf eine baldige Öffnung des stationären Handels, der unser langjähriger Partner ist.

    Trotz erneutem Lockdown sind sie besser ins neue Jahr gestartet. Wie kommt das?

    Schuchardt: Das ist richtig wird sind mit einem sehr starken Q1 ins Jahr gestartet. Ein Plus von 40 Prozent im Bereich Phones zeigt, dass die eben angesprochene Renaissance des Festnetztes anhält. Aber auch bei Smartphones und Professional konnten wir stabil zulegen. Damit war das Q1 2021 deutlich erfolgreicher als die der Jahre 2020 und 2019. Gründe sind vor allem die gute Auftragslage und viele Nachläufer aus dem Jahr 2020. Egal ob Online- oder stationärer Handel, beide Partner bevorraten sich intensiv mit Telekommunikationstechnologie – auch auf Grund einer gestiegenen Nachfrage auf Verbraucher- und Unternehmensseite.

    Wie sind die Aussichten für den weiteren Jahresverlauf?

    Schuchardt: Wir sind konservativ positiv gestimmt. Für 2021 bestehen unverändert viele Chancen und Risiken, wobei aus meiner Sicht noch keine eindeutige Tendenz absehbar ist. Für 2021 bleibt weiterhin eine gewisse Unsicherheit bezüglich der mittel- und langfristigen Auswirkungen der Pandemie in diesem Jahr und darüber hinaus. Hinzu kommt die Knappheit am Beschaffungsmarkt, z.B. bei Chipsätzen. Dieser Herausforderung bei der Materialbeschaffung müssen auch wir uns stellen. Wir sind jedoch zuversichtlich, dass die Chancen das Risiko übersteigen werden. Entsprechend sehen wir einen leichten Anstieg im Umsatz und EBITDA sowie einen positiven Free Cashflow auf Vor-Corona-Niveau.

    Analysten setzen darauf, dass Gigaset 2021 wieder schwarze Zahlen schreiben wird. Sie auch?

    Schuchardt: Das ist richtig. Wir werden ja aktuell von Pareto Securities AS sowie der Quirin Privatbank AG gecovert. Beide Analysten sehen ebenso schwarze Zahlen für 2021 sowie eine sehr positive Perspektive für unsere Aktie. Die Kursziele liegen bei 0,48 Euro und 0,71 Euro. Ungeachtet der positiven Einschätzung der Analysten sehen aber auch wir eine Fortsetzung unseres eigentlich sehr positiven Kurses. Hierbei darf nicht vergessen werden, dass wir auch in 2020 ohne Corona auf ganz anderem Weg gewesen wären. Diesen setzten wir jetzt, quasi nach einem kleinen „Schlenker“, wieder fort. Entsprechend: ja, wir sehen schwarze Zahlen für 2021.

    Welche neuen Produkte stehen 2021 bei ihnen an?

    Schuchardt: Wir können hier leider nicht zu sehr ins Detail gehen. Der Markt ist insgesamt hart umkämpft und entsprechend groß ist unsere Vorsicht. Was ich aber schon sagen kann ist, dass wir in 2021 neue Smartphones präsentieren werden. Im Bereich Professional ist bereits viel passiert. Hier haben wir das Mobilteilportfolio erneuert und unser wegweisendes neues UCC Gerät ION – auch mit Fokus auf Home Office - gelauncht.

    Wann kommt ihr 5G Smartphone auf den Markt?

    Schuchardt: Wir beobachten die Technologie und prüfen unsere Möglichkeiten und den Fit mit unserer Zielgruppe. Wir möchten aber aktuell noch keine klaren Zahlen oder Daten nennen.

    Der Smart Home Sektor ist stark fragmentiert. Welche Rolle wollen sie dort künftig spielen?

    Schuchardt: Wir sind seit 2013 auf dem Smart Home Markt aktiv. Unser Portfolio umfasst inzwischen die Themen Sicherheit, Komfort, Energie und Smart Care, also Lösungen für ältere und hilfsbedürftige Menschen. Damit bieten wir ein sehr umfassendes und vielseitiges Eco-System für unsere Kunden an. Die einfache Installation, die große Flexibilität in der Nutzung und der sehr hohe Datenschutz durch Serverhosting in Deutschland machen uns zu einem attraktiven Partner für Privatkunden und B2B-Anwender. Wir wollen unsere zentrale Rolle beibehalten, vor allem weil wir sehen, dass sich der Markt zunehmend fragmentiert. Unser Ziel ist es, den Kunden, die wirkliches Interesse oder Bedarf an einer Smart Home Lösung haben, zur Seite zu stehen. Das unterstreichen wir z.B. auch durch unser Smart Care Portfolio. Hier sind wir Pioniere am deutschen und europäischen Markt. Wir sind gerade noch dabei, B2B2C-seitig Partnerschaften einzugehen, um so viele betroffene Menschen zu erreichen.

    In der Schweiz arbeiten sie mit der Swisscom im Bereich Gigaset Smart Home zusammen. Wann gibt es eine entsprechende Partnerschaft in Deutschland?

    Schuchardt: Die Kooperation in der Schweiz ist sehr erfolgreich und zeigt uns, dass es im Smart Home Bereich wichtig ist, die richtigen Partner zu finden. Wir sind aktuell dabei, Partnerschaften im B2B und B2B2C Bereich zu initiieren.

    Bei Unify setzt man hinsichtlich der nächsten Generation von Tischtelefonen auf Gigaset. Erste Produkte werden 2022 ausgeliefert werden. Insgesamt soll der Auftrag ein Volumen von mehr als 5 Millionen Telefonen haben.

    Schuchardt: Der Exklusivvertrag mit der Unify Software and Solutions GmbH & Co. KG ist für uns von sehr großer Bedeutung. Es ist richtig, dass wir die nächste Tischtelefon-Endgeräte-Familie entwickeln werden. In diesem Kontext haben wir auch Lizenzen erworben, die es uns erlauben, die neuen Geräte auch im eigenen Portfolio einzusetzen. Der Vertrag hat eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren, beginnend mit der Auslieferung des ersten Produktes im Jahr 2022 und ja, wir erwarten mehr als 5 Millionen Telefone an Unify und Gigaset-Direktkunden zu liefern.

    Läuft hier bisher alles nach Plan?

    Schuchardt: Absolut. Wir sind zu 100 Prozent auf Kurs. Die verantwortlichen Kollegen sind überaus motiviert. Unify ist einer der Player am Unified Communications Markt. Die Tatsache, dass sie sich für Gigaset entschieden haben, ist ein Ritterschlag für uns und ein starkes und klares Signal an den gesamten B2B-Markt. Entsprechend wichtig ist es uns, unserem Partner Gigaset-Qualität, also beste Qualität zu liefern!

    Sie haben von Unify Lizenzen über 15 Millionen Euro erworben, die sie auch im eigenen Portfolio nutzen können. Wie sehen hier die Pläne aus, welches Umsatzpotenzial ergibt sich daraus?

    Schuchardt: Die Planung ist klar. Wir werden für Unify und deren Kunden ein hervorragendes Portfolio an Tischtelefonen entwickeln. Wir werden die Geräte zudem direkt unseren Kunden und Partnern anbieten – deshalb auch der Kauf der Lizenzen. Momentan steht die Entwicklungsarbeit im Fokus. Wir sind hier aber, wie bereits erwähnt, voll im Plan. Was das Umsatzpotential angeht, will ich dazu konkret nichts sagen, aber wir sind ja ein Unternehmen, hätten wir keinen konkreten Plan, bei dem auch für Gigaset etwas Positives herauskommt, hätten wir das nicht gemacht.

    Ist der Unify-Deal eine Blaupause für weitere Kooperationen im B2B-Bereich?

    Schuchardt: Ich habe es ja gerade angesprochen. Unify ist einer der Akteure am B2B Markt. Die Tatsache, dass Unify mit uns kooperiert, ist ein klares Signal an den gesamten Professional Markt. Entsprechend kann es durchaus eine Blaupause für weitere Kooperationen sein. Dank unserer Fertigung in Deutschland und der Tatsache, dass wir die komplette Entwicklungs-, Produktions- und Wertschöpfungskette im Herzen von Europa haben, sind wir für jeden potentiellen Partner überaus interessant – wir können flexibel und individuell Lösungen bieten wie kaum ein anderer.

    Wo liegt ihr Forschungs- und Investitionsetat für 2021?

    Schuchardt: Unser Forschungsetat ist ungebrochen hoch. Ich bin der festen Überzeugung, dass Forschung der Wegweiser für die Zukunft ist. Entsprechend wichtig war es für das Finanzteam auch, während 2020 Kapital zur Entwicklung neuer Produkte bereitzustellen. Das werden wir auch in 2021 so fortsetzen. Natürlich müssen wir in der Nach-Corona-Zeit auch verantwortlich wirtschaften, aber rund 17,5 Millionen Euro stehen den Kollegen in der Forschung und Entwicklung zur Verfügung. Ideen gibt es freilich noch weit mehr als Budget.

    Am Markt wird vielfach über ein mangelndes Angebot von Bauteilen, vor allem im Bereich Halbleiter, geklagt. Sind sie davon auch betroffen?

    Schuchardt: Das ist tatsächlich ein schwieriges Thema, das wahrscheinlich auch länger andauern wird. Analysten sehen keine signifikante Verbesserung in 2021. Dieser Herausforderung bei der Materialbeschaffung muss sich Gigaset ebenso wie zahlreiche andere Branchen stellen. Unsere langjährigen und etablierten Geschäftsbeziehungen mit Partnern werden dabei jedoch von Vorteil sein.

    Was muss geschehen, damit bei Gigaset endlich eine Trendwende in Sicht kommt?

    Schuchardt: Wir nutzen unsere Stärke und unsere ungebrochene Marktführerschaft im DECT-Bereich, um gleichzeitig den Auf- und Ausbau neuer Geschäftsfelder voranzutreiben. Damit haben wir dem Unternehmen eine klare Zukunftsperspektive gegeben. Natürlich ist damit noch längst nicht alles getan. Die Märke sind hart umkämpft, Corona hat niemand gebraucht und eine Transformation erfolgt nicht von heute auf morgen. Aber mit etwas mehr Vertrauen und Zuspruch seitens Anleger und Investoren in Gigaset wären wir sicherlich schon einen großen Schritt weiter. Wir machen unseren Job, das zeigen auch einige Auszeichnungen, die wir während des letzten Jahres bekommen haben. Wir sind BILD Kundenliebling mit hoher Gesamtzufriedenheit, wir haben laut WELT die höchste Innovationskraft in der Telekommunikationsbranche, wir haben von connect die Auszeichnung IP-Telefon Hersteller des Jahres erhalten, wir bieten sehr hohe Attraktivität als Arbeitgeber, so WELT, wir sind Innovationsführer und bieten höchste Markenqualität, wenn man der F.A.Z folgt, wir sind laut n-tv einer der besten Smart Home Hersteller und haben eben mit unserem neuen ION den Plus X Award als bestes Produkt erhalten. Das war ein Auszug der jüngsten Preise und Auszeichnungen – sieht so für Sie ein Unternehmen aus, das die Trendwende nicht schafft? Das Ziel ist klar, weiter nach vorn, weiter nach oben, wir sind noch nicht fertig – das sagen auch die Analysten: Kursziel 0,71 Euro!

    Bei der Werbung setzen sie derzeit vor allem auf den Sänger Sasha. Wird es hier weitere Testimonials geben?

    Schuchardt: Die Kooperation mit Sasha läuft gut und ist sehr erfolgreich. Wir erzielen die nötige Aufmerksamkeit und schaffen es, unsere Traditionsmarke um das noch junge Geschäftsfeld Smartphones zu erweitern. Sasha ist ein sympathischer und glaubwürdiger Botschafter für Gigaset. Wir sind daher sehr zufrieden mit ihm als Testimonial und werden auf absehbare Zeit weiter mit ihm arbeiten. Ein Einsatz anderer prominenter Testimonials ist derzeit nicht geplant.

    Dieses Interview ist eine Kooperation von wallstreet-online mit der Redaktion von www.4investors.de.




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