Studie soll fortgesetzt werden
"Zurück in die Realität geholt": Reaktionen auf die Curevac-Enttäuschung
Der Impfstoff aus Tübingen ist laut vorläufigen Daten mit 47 Prozent deutlich weniger wirksam als erhofft. Die Aktie stürzt ab. Für Experten ist das Scheitern in der Forschung eher die Regel als die Ausnahme.
Die Ernüchterung wurde in der Ad-Hoc-Mitteilung von Curevac vom Mittwochabend deutlich. „Wir hatten auf stärkere Ergebnisse in der Zwischenanalyse gehofft, haben aber gesehen, dass es bei dieser beispiellosen Bandbreite an Varianten eine Herausforderung darstellt, eine hohe Wirksamkeit zu erzielen“, so Curevac CEO Franz-Werner Haas.
Die Zwischenanalyse hatte nur eine Wirksamkeit von 47 Prozent gegen eine Ansteckung mit Covid-19 gezeigt. Besonders die Vielzahl an Mutationen machte Curevac das Leben schwer. Nur ein einziger der erkrankten Probanden hatte sich mit der ursprünglichen Variante des Virus angesteckt. Alle anderen positiv getesteten Studienteilnehmer hatten sich mit einer der zahlreichen Mutationen des Coronavirus angesteckt. Haas betonte deshalb, wie wichtig es sei, die Entwicklung von Impfstoffen der zweiten Generation fortzusetzen.
Trotz der hohen Erwartungen, die in den vergangenen Monaten bei Anlegern geweckt wurden: überraschend kommt das Ergebnis für manche Analysten nicht. „Wer nach dem beispiellosen Erfolg von Biontech geglaubt hatte, Impfstoffforschung wäre risikolos, wird mit der Meldung von Curevac zurück in die Realität geholt“, sagt Peter-Thilo Hasler von Sphene Capital im Gespräch mit wallstreet:online.
Für Hasler ist der Fall Curevac ein gutes Beispiel dafür, wie langwierig und selten erfolgreiche Entwicklungen in der Pharmabranche sind. „Nicht nur, dass es in den USA durchschnittlich zwölf Jahre dauert, bis ein experimentelles Medikament aus dem Labor in die Apotheke gelangt, sind die Chancen hierfür auch noch verschwindend gering: Gerade einmal fünf von 5.000 Medikamenten, die in die präklinische Testphase kommen, werden überhaupt am Menschen getestet. Und von diesen wird letztlich eines zugelassen. Dass Curevac es also nicht geschafft hat, ist der Normalfall, nicht die Ausnahme.“
Anleger sollten deshalb besonders auf eine gute Mischung im Depot achten, so Hasler weiter. „Wer mit pharmazeutischer Forschung an der Börse Geld verdienen will, braucht nicht nur Glück, sondern vor allem ein gut diversifiziertes Portefeuille.“
Aufgeben möchte Curevac seinen Covid-Impfstoff nicht. „Unser Plan ist nach wie vor, den Prozess in Richtung einer Zulassung weiter voranzutreiben“, sagte eine Unternehmenssprecherin gegenüber dem Spiegel. Eine klinische Studie in Zusammenarbeit mit dem britischen Pharmakonzern GSK soll im dritten Quartal 2021 beginnen.
Autor: Julian Schick, wallstreet:online Zentralredaktion
Lesen Sie auch