Kambodscha unter den Roten Khmer - Der utopische Sozialismus von Bruder 1
Daniel Bultmann: Kambodscha unter den Roten Khmer. Die Erschaffung des perfekten Sozialisten, Verlag Ferdinand Schöningh, 2017.
Dies ist ein erschütterndes und zugleich sehr lehrreiches Buch über eines der radikalsten sozialistischen Experimente der Geschichte. Obwohl das Experiment nur von Mitte 1975 bis Anfang 1979 dauerte, kam dabei zwischen einem Viertel und einem Fünftel der Bevölkerung Kambodschas um – die Schätzungen belaufen sich auf 1,6 bis 2,2 Millionen Menschen. Aufschlussreich ist dieses Experiment, das der Anführer Pol Pot (auch „Bruder 87“ genannt) nach dem Vorbild von Maos „Großem Sprung nach vorne“ als „Super Großen Sprung nach vorne“ bezeichnete, weil es in extremer Weise den Glaube daran zeigt, eine Gesellschaft könne künstlich am Reißbrett konstruiert werden.
Von Intellektuellen in Paris erdacht
Heute wird manchmal davon gesprochen, Pol Pot und seine Freude hätten einen „primitiven Steinzeitkommunismus“ verwirklichen wollen und ihre Herrschaft erscheint als enthemmte Irrationalität. Tatsächlich verhielt es sich anders. Die Vordenker und Anführer waren Intellektuelle, die aus guten Familien entstammten und in Paris studiert hatten. „Basierend auf Anleihen marxistischer und maoistischer Konzepte entwickelte die intellektuelle Spitze der Partei ihr eigene Theorie der weltkapitalistischen Ausbeutung, ihr eigenes Modell der kambodschanischen Sozialstruktur und ihrer historisch gewachsenen Verwerfungen, die das Land in einem Zirkel der Unterentwicklung und Abhängigkeit von anderen gefangen halten.“
Zwei der Vordenker, Khieu Samphan und Hi Nim, hatten in Paris marxistisch bzw. maoistisch argumentierende Dissertationen geschrieben. Der Pariser Zirkel der Intellektuellen nahm nach der Machtergreifung fast alle führenden Positionen in der Regierung ein.
Sie hatten einen detaillierten Vierjahresplan ausgearbeitet, der genau alle benötigten Produkte (Nadeln, Scheren, Feuerzeuge, Tassen, Kämme usw.) auflistete. Der Detaillierungsgrad war selbst für eine Planwirtschaft ungewöhnlich. So hieß es zum Beispiel: „Essen und Trinken sind kollektiviert. Nachtisch wird ebenso kollektiviert zubereitet. Kurz gesagt, den Lebensstandard des Volkes anzuheben, bedeutet es kollektiv zu tun. Im Jahr 1977 soll es zwei Nachtische pro Woche geben. Im Jahr 1978 gibt es einen Nachtisch alle zwei Tage. Und dann im Jahr 1979 gibt es jeden Tag einen Nachtisch und so weiter. Also werden die Menschen kollektiv mit ausreichend Essen leben, sie werden (zudem) mit Snacks ernährt. Sie sind glücklich, in diesem System zu leben.“
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