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     2244  0 Kommentare Wie sich die Bären fühlen

    Meine Güte, manche Leute werden wirklich ganz schön hart getroffen. Da erblicken tägliche neue Untergangsvisionen das Licht der Börsenwelt – und gesellen sich zu den Tausenden, die es schon gibt. Und alle sagen, warum es mit der ganzen Verschuldung, den maroden Wirtschaften, den hohen Rohstoffpreisen zwangsläufig, jawohl zwangsläufig ... und dann steigen die Aktien trotzdem. Es muss zwangsläufig alles zusammen brechen – und die Aktien steigen trotzdem. Die Lage ist wirklich hoffnungslos. Aber eben nicht ernst.

    Wie werden sich die Bären jetzt fühlen, so das Fell über die Ohren gezogen zu bekommen? Vorgestern habe ich mir die CD von Maxim Biller gekauft. Ein Schriftsteller, der plötzlich mit Liedern aufwartet und deswegen natürlich von allen Kästchendenkern der Kritik verrissen wird – so etwas muss (!) ich mir direkt kaufen, da fühle ich einen richtigen Zwang.

    Ein wunderschönes Lied trägt den Titel „I love my Leid“ und geht:

    „Ich bin so wahnsinnig schön depressiv,
    ich glaub, das ist jetzt mein allerschärfstes Tief,
    ich könnte kotzen und heulen und schreien und emigrieren.
    Pam parampampam, parampampam.“

    Das hat natürlich nichts mit der Börse zu tun, denn es betrifft menschliche Gefühle, die den stahlharten smarten Börsianern selbstverständlich völlig fremd sind. Dennoch.

    „Ich hoffe sehr, das hört niemals mehr auf,
    zugrunde gehen ist ein schöner alter Brauch,
    ich möchte kotzen und heulen und schreien und onanieren,
    pam parampampam, parampampam.“

    In diesem Sinne: Ein schönes Wochenende.

    berndniquet@t-online.de


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Wie sich die Bären fühlen Meine Güte, manche Leute werden wirklich ganz schön hart getroffen. Da erblicken tägliche neue Untergangsvisionen das Licht der Börsenwelt – und gesellen sich zu den Tausenden, die es schon gibt. Und alle sagen, warum es mit der ganzen …