Mit Gold durch die Krise
Geopolitische Spannungen, Lieferengpässe, steigende Inflation – in angespannten Zeiten ist die Sehnsucht nach Sicherheit bei vielen Anlegern besonders groß. Eine Assetklasse, der in diesem Kontext hohe Aufmerksamkeit gilt, ist Gold. Gold gilt seit jeher als das Krisen-Asset schlechthin. Warum ist dies so? Zunächst einmal ist es historisch bedingt. Aus einem bestimmten Grund wurde Gold schon immer als wertvoll angesehen. Gold genießt seit jeher ein hohes Vertrauen. Gold bildet seit Anbeginn der Zivilisation die Basis unseres heutigen Geldwesens. Bis 1973 galt sogar der Goldstandard, durch den wichtige Währungen wie der US-Dollar maßgeblich durch physische Goldreserven abgesichert waren und andersrum auch das Recht bestand, diese Währungen wieder in Gold umzutauschen.
Ein Gedankenspiel
Stellen Sie sich einmal vor, Sie müssten heute einen Teil ihres Vermögens wie einen Schatz im Boden vergraben und dürften diesen erst in 40 bis 50 Jahren wieder heben. Was würden Sie in Ihre Schatzkiste hineinlegen? Banknoten in USD, Banknoten EUR, eine andere Währung oder Goldmünzen? Die Antwort dürfte in den meisten Fällen dieselbe sein: Gold.
In noch einer Sache sind sich viele Investment-Experten einig: Gold kann in jedem Fall eine sinnvolle Ergänzung sein und gehört in einem diversifizierten Anlageportfolio einfach dazu.
Goldpreis nahe Allzeithoch
Doch wie steht es um den Goldpreis? Eine Unze Gold kostet zurzeit um die 1.795 USD (Stand: 24.11.2021). Im August letzten Jahres lag der Preis mit über 2.000 USD auf einem historischen Höchststand. Die Frage, die sich viele stellen, lautet: Ist Gold nicht schon viel zu teuer?
Wenn man sich die Preisentwicklung seit 1970 anschaut, sehen wir ein historisches Allzeithoch im Jahr 1980 bei etwa 850 USD je Unze Gold. Verglichen mit dem Hoch von rund 2000 USD im August 2020 sprechen wir also von einer Preissteigerung von ungefähr 112 %. Das ist definitiv ordentlich. Und aus dieser Sicht ist es nur mehr als verständlich, dass der aktuelle Goldpreis von vielen als zu teuer empfunden wird. Was hierbei jedoch noch nicht berücksichtigt ist, ist die Inflation.
Um die offizielle Inflationsrate bereinigt, entsprächen die 850 USD von 1980 in heutiger Kaufkraft ungefähr 2.250 USD. Davon sind wir aktuell mit etwa 20 % noch ein gutes Stück entfernt.
Ein weiterhin anderes Bild ergibt sich, wenn wir berücksichtigen, dass die Berechnung der offiziellen Inflationsrate Mitte der 80-er Jahre verändert wurde. Eine Reihe von verschiedenen neuen statistischen Einflussfaktoren wurde in die offizielle Berechnungsmethode integriert mit einem klaren Ziel und Ergebnis: Die statistischen Zahlen zur Inflationsrate wurden auf diese Weise systematisch nach unten korrigiert – also beschönigt.
Preisentwicklung inflationsbereinigt
Ab 1986 haben diese statistischen Tricksereien dazu geführt, dass durchschnittlich 2,5 % Inflation pro Jahr weggerechnet werden. Die offizielle Inflationsrate ist seit 1986 also niedriger als die tatsächlich verringerte Kaufkraft. Wenn wir nun die Goldpreisentwicklung unter Berücksichtigung der ursprünglichen Inflationsberechnung betrachten, entsteht ein ganz anderes Szenario. Zurückgerechnet nach alter Methode entsprächen die 850 USD von 1980 in heutiger Kaufkraft rund 5.800 USD. Dem gegenüber steht der aktuelle Goldpreis bei etwa einem Drittel.
Unser zweistufiges inflationsbereinigtes Rechenbeispiel relativiert die Wahrnehmung des Goldpreises. Unabhängig davon ist natürlich die zukünftige Entwicklung des Goldpreises komplett unvorhersehbar. Wer etwas anderes behauptet, lügt schlicht und ergreifend. Niemand weiß, in welche Richtung sich der Goldpreis in der nächsten Zeit bewegen wird oder wann das nächste Allzeithoch erreicht wird.
Perspektive und Zukunft
Uns geht es hierbei in keiner Weise darum, ein Preisziel für Gold auszurufen, geschweige denn eine dahingehend aktuelle Investitionsempfehlung auszusprechen. Die inflationsbereinigte Sicht auf die Entwicklung des Goldpreises – gerade weil Gold als Krisen-Asset und -währung zu gleichen Teilen wahrgenommen wird – stellt jedoch eine Perspektive auf dieses Thema dar, für die wir Sie zumindest sensibilisieren möchten. Wenn wir die Inflation miteinbeziehen, sind wir beim Goldpreis von einem Blasenszenario und früheren Höchststanden jedenfalls ein gutes Stück entfernt.
Es ist derzeit an den Kapitalmärkten eine Flucht in Sachwerte festzustellen. In einem Melt-up oder in einem Crack-up Boom, in den wir möglichweise hineinlaufen, kann sich daher noch ein gewisses Potenzial für Gold bieten. Als Beimischung und zur stabilisierenden Diversifizierung einer auf langfristigen Vermögensaufbau ausgerichteten Anlagestrategie ist bleibt das Thema Edelmetalle – und Gold insbesondere – zumindest interessant.
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Auf gute Investments!
Prof. Dr. Max Otte
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