checkAd

    Compliance  677  0 Kommentare Korruption bei Stuttgart 21? Whistleblower wurde gekündigt

    Zwei Ingenieure sollen die Deutsche Bahn vor Korruption beim umstrittenen Großprojekt Stuttgart 21 gewarnt haben – ohne Erfolg.

    Nach Hinweisen auf einen Betrug im Zusammenhang mit dem Bahnprojekt Stuttgart 21 soll die deutsche Bahn einem Whistleblower gekündigt haben. Das hat die Financial Times am 24. November 2021 berichtet. Die britische Wirtschaftszeitung geht davon aus, das Großprojekt könnte durch Korruption deutlich teurer geworden sein als ursprünglich geplant. Jetzt prüft die Staatsanwaltschaft den Fall. 

    Zwei Ingenieure sollen sich im Jahr 2016 im Zusammenhang mit dem Bau von „Stuttgart 21“ an die Compliance-Abteilung der Deutschen Bahn gewandt haben: Leitende Angestellte hätten im Rahmen eines groß angelegten Betrugs bei einem der größten Infrastrukturprojekte Europas unnötig teure Aufträge vergeben, so der Vorwurf, den die Ingenieure am 11. Juli 2016 in einem vierseitigen Memo zusammengefasst hatten.

    Deutsche Bahn entlässt Whistleblower

    Einer der beiden Whistleblower wirft der Deutschen Bahn vor, seine Identität sei im Laufe der Ermittlungen ohne seine Zustimmung gegenüber leitenden Angestellten bekannt gegeben worden. Der Ingenieur wurde anschließend wegen Kleinigkeiten abgemahnt und im Dezember 2016 gekündigt. Das Arbeitsgericht Stuttgart erklärte die ausgesprochenen Kündigungen allerdings für unwirksam und der Whistleblower musste zunächst weiterbeschäftigt werden.

    Doch aufgrund des zerrütteten Vertrauensverhältnisses kündigte die Deutsche Bahn dem Hinweisgeber erneut – was diesmal vom Gericht für rechtens erklärt wurde. Der zweite Hinweisgeber brach den Kontakt zur Compliance-Abteilung aus Angst vor Repressalien ab und soll noch immer für das Unternehmen arbeiten.

    600 Millionen Euro vermeidbare Kosten

    Ein Informant hatte der Financial Times erklärt, das Fehlverhalten der Deutschen Bahn habe unnötige Kosten in Höhe von 600 Millionen Euro verursacht. Als Beispiel nennt er ein ungeplantes Umspannwerk, das für rund zweieinhalb Millionen Euro in Auftrag gegeben werden sollte, obwohl es eine Alternativlösung gab, die nur 30.000 Euro gekostet hätte. Der Whistleblower weigerte sich daher, den überteuerten Auftrag zu vergeben.

    Ursprünglich sollten die Verlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs unter die Erde und die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke von Wendlingen nach Ulm rund 2,5 Milliarden Euro kosten, doch inzwischen werden die Kosten auf acht bis zwölf Milliarden Euro geschätzt.

    Verkehrsminister Winfried Hermann fordert Aufklärung

    Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann verlangt Aufklärung und Informationen von der Deutschen Bahn. „Wir zahlen ja fast eine Milliarde Euro bei der Neubaustrecke und fast eine Milliarde Euro bei Stuttgart 21. Da haben wir schon das Interesse zu wissen, wo das Geld hinkommt und ob alles rechtmäßig ausgegeben wurde“, erklärt der Grünen-Politiker gegenüber dem SWR.

    Ein Sprecher der Deutschen Bahn versichert, dass der Fall von der Konzernsicherheit untersucht wurde. Dabei habe sich keiner der Vorwürfe bestätigt. Das Management der Deutschen Bahn habe bei der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH „diverse Mechanismen installiert, die wirksam Vorfälle im Bereich der Korruption und Wirtschaftskriminalität verhindern", so der Konzernsprecher.

    Neue Hinweisgeber-Richtlinie ab dem 18. Dezember 2021

    Der Fall zeigt, wie wichtig die Umsetzung der Hinweisgeber-Richtlinie ist. Nach der EU-Richtlinie hätte die Bahn die Identität des Whistleblowers dem Management nicht preisgeben dürfen, denn Hinweisgeber haben einen Anspruch auf Anonymität. Der Whistleblower wäre dann vor den Abmahnungen und der anschließenden Kündigung geschützt gewesen. Die Deutsche Bahn müsste nachweisen, dass die Abmahnungen und die anschließende Kündigung des Whistleblowers in keinem Zusammenhang mit den Korruptionsvorwürfen stehen.

    Im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition wurde beschlossen, dass die Hinweisgeber-Richtlinie rechtssicher umgesetzt wird. Whistleblower sollen geschützt werden, wenn sie Verstöße gegen das EU-Recht oder Missstände melden, deren Aufdeckung im öffentlichen Interesse liegt. Ab dem 18. Dezember 2021 sind Behörden und Gemeinden zur Umsetzung der Hinweisgeber-Richtlinie verpflichtet.

    Weitere Informationen zur neuen Hinweisgeber-Richtlinie finden Sie auf WhistlePort. Gern können Sie die Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN auch telefonisch unter der 030 – 200 590 77 200 kontaktieren. Wir beraten Sie rechtssicher zu den datenschutzrechtlichen Auflagen der EU-Hinweisgeber-Richtlinie.


    Johannes von Rüden
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    Johannes von Rüden ist Rechtsanwalt und Gründungspartner der Kanzlei VON RUEDEN. Die Verbraucherschutzkanzlei ist auf Verfahren im Abgasskandal spezialisiert. Daneben bearbeitet die Kanzlei vor allem Verfahren aus dem Bank- und Kapitalmarktrecht, dem Verkehrs- und Arbeitsrecht. Sie wird häufig von Medien zitiert. Die mehr als 16 Rechtsanwälte der Kanzlei VON RUEDEN stehen oft als kompetente Ansprechpartner für Medien zur Verfügung. Sie betreibt unter rueden.de/blog einen Newsblog. Johannes von Rüden verfügt über mehr als 10 Jahre Berufserfahrung. Weitere Informationen unter rueden.de
    Mehr anzeigen
    Verfasst von Johannes von Rüden
    Compliance Korruption bei Stuttgart 21? Whistleblower wurde gekündigt Zwei Ingenieure sollen die Deutsche Bahn vor Korruption beim umstrittenen Großprojekt Stuttgart 21 gewarnt haben – ohne Erfolg.

    Schreibe Deinen Kommentar

    Disclaimer