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     3526  0 Kommentare Was Sie 2005 erwarten können

    Das Jahr 2004 war ein schweres Börsenjahr. Das nächste wird sicherlich nicht leichter. Ich habe letztes Jahr in meinen eigenen Anlagen 2 % plus gemacht (auf alles gerechnet, bei einer Aktienquote von knapp 40 %) – nach 18 % plus in 2003. Das ist nicht gut, bedeutet aber gerade den Erhalt des Realwertes der Anlagesumme. Im Grunde genommen stellt mich das dennoch zufrieden, denn ich glaube weiterhin, dass wir uns eher in Vermögenssicherungs- als in Vermögensmehrungszeiten befinden.

    Was können wir nun in 2005 erwarten? Und was können Sie an dieser Stelle von mir erwarten?

    Ich vertrete sicherlich eine diametral entgegengesetzte Position zu allen anderen Kommentatoren auf dieser Seite. Und das ist auch gut so. Ich glaube auch weiterhin, dass man nur langfristig an der Börse Geld verdienen kann und dass es darum geht, die langfristige Entwicklung in etwa richtig einzuschätzen. Das kann man mit einem fundierten Ökonomiewissen auch machen, das ist meine Überzeugung.

    Was ich hingegen für unmöglich halte, ist, kurzfristig tendenziell richtig zu liegen. Hier kann man Glück haben, auf Dauer wird man jedoch verlieren. Der Grund dafür ist, dass sich der Aktienmarkt nicht prognostizieren lässt. All unser Wissen ist immer nur negatives Wissen. Man kann, wenn man sich sehr intensiv mit der Theorie auseinander setzt, falsche Theorien als falsch erkennen. Man kann also das Falsche aussondern und sich dagegen positionieren.

    Das mache ich sowohl in meinen Kolumnen als auch finanziell. Ich habe keine Ahnung, wie die Zukunft aussehen wird, doch ich weiß, dass manche Theorien schlichtweg Unsinn sind – und dass deswegen das, was sie prognostizieren, eigentlich nicht eintreffen kann. Es sei denn, der Zufall will, dass es dennoch passiert. Was dann natürlich umso tragischer ist, da die Vertreter dieser Theorien sich dann im Besitz eines richtigen Wissens wähnen. Die Irritationen an den Märkten werden dann riesengroß sein.

    Und wenn man die drei Kostolanyschen G´s hat, nämlich Geld, Geduld und Gedanken, dann hat man eine gute Chance, langfristig sein Vermögen zu mehren. Im Grunde genommen ist es jedoch viel ertragreicher und erbaulicher, sich der Literatur zu widmen als sich mit Wirtschafts- und Börsentheorien zu befassen. Denn der Zugang zu menschlichem Handeln – und Börse und Wirtschaft sind nichts anderes – ist immer nur singulär möglich. Man kann individuelles menschliches Handeln verstehen. Und darüber auch auf die Ergebnisse kollektiven Handelns schließen.

    Aber der Zugang muss gleichsam immer „von innen“ erfolgen. Das äußere Ansetzen des naturwissenschaftlich geprägten herrschenden Theorieansatzes, der versucht, der Naturwissenschaft gleiche Gesetzmäßigkeiten in der Wirtschaft und in der Börse zu entdecken, MUSS hingegen scheitern.

    In diesem Sinne wünsche ich ein erfolgreiches Jahr 2005. Vielleicht schalten Sie ja – so wie ich – einmal öfter den Fernseher aus, weil dieser nur blöd macht im Kopf, und nehmen ein Buch zur Hand. Vielleicht sogar eines von meinen. Im Herbst wird hoffentlich das nächste erscheinen, an dem ich gerade sitze und das von eben diesen Dingen handelt, die ich eben angesprochen haben – der subjektiven individuellen Erfahrungsbildung und der Verzweiflung, die sich einstellt, wenn man versucht, hinter das Wesen der Dinge schauen zu wollen.

    berndniquet@t-online.de


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Was Sie 2005 erwarten können Das Jahr 2004 war ein schweres Börsenjahr. Das nächste wird sicherlich nicht leichter. Ich habe letztes Jahr in meinen eigenen Anlagen 2 % plus gemacht (auf alles gerechnet, bei einer Aktienquote von knapp 40 %) – nach 18 % plus in 2003. Das ist …