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Einsparpotential von Gas in der Energie- und Verfahrenstechnik

Einsparpotential von Gas in der Energie- und Verfahrenstechnik

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Der Überfall Russlands auf die Ukraine ist eine menschliche und völkerrechtliche Katastrophe. Die EU hat Russland aufgrund dieses Angriffskrieges mit breiten Sanktionen belegt, die auch unsere Wirtschaft trifft.

 

Einige Länder sind nun schon einen Schritt weiter als die EU gegangen und haben sich auch unabhängig von russischem Gas gemacht. Auch Deutschland bereitet sich auf den Schritt vor, ein Embargo auf russisches Öl und Gas auszusprechen. Unabhängig davon haben die jüngsten Entwicklungen in Polen und Bulgarien gezeigt, dass Russland auch von sich aus den Gashahn zudrehen kann, wenn Länder weiterhin, wie vertraglich vereinbart, in Euro zahlen wollen und nicht in Rubel.

Auswirkungen auf die deutsche Industrie

Deutschland ist der größte Importeur von russischem Gas in Europa und bezog 2019 gut die Hälfte des benötigten Gases aus Russland. Weit abgeschlagen dahinter sind mit 27 % und 21 % Norwegen und die Niederlande. Mittlerweile sind die Lieferungen aus anderen Ländern gestiegen, trotzdem bezog Deutschland von Januar bis März 40 % aus russischen Quellen. Alternative Versorger können Deutschland auch nicht mehr liefern, d.h. sind die deutschen Gasspeicher leer, werden nicht mehr alle Verbraucher beliefert werden können. Am 30. März hat das Bundeswirtschaftsministerium die Frühwarnstufe des Notfallgasplans ausgerufen.

 

Wer wird versorgt?

Nach § 53a im Energiewirtschaftsgesetz sind vor allem Kunden aus Privathaushalten und grundlegenden sozialen Diensten bei der Versorgung mit Gas priorisiert, sie verbrauchen knapp die Hälfte des deutschen Gasverbrauchs. Die Industrie wird dann mit dem restlichen vorhandenen Gas versorgt und wird von der Liefereinstellung voll betroffen. Das Resultat wären starke Produktionseinschränkungen, sogar ganze Stilllegung von Produktionsketten und damit können ganze Wertschöpfungsketten nicht bedient werden, was starke Auswirkungen auf die gesamte Deutsche Wirtschaft hätte. Firmen, die in der Energie- und Verfahrenstechnik tätig sind, wie Westfalia Wärmetechnik und auch die Chemieindustrie sind besonders von einem Gasembargo betroffen.

 

Einsparpotential in der Industrie

Die aktuelle Gaspreisentwicklung auf dem deutschen Markt lässt die deutsche Industrie schon jetzt das direkte Reduktions- und Substitutionspotential in der Produktion nutzen, wenn dies ohne Umrüstungsaktionen möglich ist. Kurz- bis mittelfristig geht man davon aus, dass der Erdgasverbrauch nur um ca. 8 % gesenkt werden kann. Dieser wird vor allem für Prozesswärme in Industrieöfen genutzt. In anderen Branchen wie der Chemieindustrie stellt Gas dagegen ein Rohstoff für Grundprodukte dar. In diesem Bereich sinkt das Potenzial den Verbrauch einzuschränken schon auf 4 %. Ein großer Verbrauch von Erdgas wird vor allem in der Produktion von Wasserstoff eingesetzt, hier zeigt sich noch das meiste Einsparpotential, indem auf moderne Elektrolyseprozesse gesetzt wird, auch das erfordert massive Umbauten in den Anlagen. Bei der Produktion von Kunststoffen, Farben und Lacken gibt es so weit keine Alternativen, hier wird ca. 11 % vom Erdgas in der Industrie eingesetzt. Auch die Nahrungsmittelindustrie ist ein großer Verbraucher von Erdgas, hier zeigt sich ein großes Einsparpotential, in dem vor allem auf den Einsatz von Strom aus alternativen Quellen und Öl gesetzt wird. Sowohl die Nahrungsmittelindustrie als auch die Metallerzeugung zeigen ein Einsparpotential mit rund 13 %.

 

Alternativen in der Stromerzeugung

Die deutsche Stromversorgung ist eine der größten Herausforderungen, will man hier nicht allzu viel Aufwand betreiben, was kurzfristig auch nicht möglich ist, wird vor allem vermehrt auf fossile Energieträger wie Braunkohle, Steinkohle und auch Öl gesetzt. Der Ausbau erneuerbarer Energien wird nun umso wichtiger, ohne zuverlässige und starke Energiespeicher wird aber auch weiterhin Erdgas nötig sein, um Energiespitzen abfangen zu können. Gerade Steinkohleanlagen, die für den Betrieb mit Erdgas umgerüstet werden sollten, werden indessen die Versorgung sicherstellen, müssen aber weiterhin mit Steinkohle betrieben werden. Möglich ist auch die Inbetriebnahme im Jahr 2021 stillgelegter Braun- und Steinkohlekraftwerke.

 

Bundesnetzagentur prüft die Versteigerung von Gasverbrauchsrechten

Aktuell führt die Bundesnetzagentur Umfragen durch, wo in der Industrie wie viel Gas gebraucht wird und wie viel sie einsparen können, um im Ernstfall noch arbeiten zu können. Mit dem neuen Ansatz, die Rechte an Erdgas zu versteigern, verfolgt die Bundesnetzagentur das Ziel zu ermitteln, für welche Unternehmen das Gas wirklich unverzichtbar ist und ihnen Anreize zu geben, Einsparpotentiale auch wirklich wahrzunehmen. Als Modell ist der Kohleausstieg gewählt, bei dem es dazu geführt hat, die effizienteste Abschaltung von Kohlekraftwerken zu erzielen.

 

Industrie fordert eine neue Priorisierung

Für die Industrie ist eine Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes der nötige Schritt. Stimmen aus der Industrie werden laut, die fordern zuerst die Industrie mit Gas zu versorgen, damit die deutsche Industrie weiter wirtschaften kann und so auch Arbeitsplätze und der Wohlstand gesichert werden kann. Eine Balance zwischen den Verbrauchern wird eine der größten Herausforderungen für die Bundesnetzagentur sein, damit sowohl die Sicherheit für Privatpersonen und Krankenhäuser, aber auch für die Industrie gewährleistet werden kann.

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Gastautor: Martin Brosy
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Disclaimer

Einsparpotential von Gas in der Energie- und Verfahrenstechnik Der Überfall Russlands auf die Ukraine ist eine menschliche und völkerrechtliche Katastrophe. Die EU hat Russland aufgrund dieses Angriffskrieges mit breiten Sanktionen belegt, die auch unsere Wirtschaft trifft.