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     3350  0 Kommentare Dieses dumme Bild in meinem Kopf

    Gute Börsen bis April/Mai zu erwarten

    Vor ein paar Tagen habe ich mit einem Freund abends beim Wein gesessen und mir sein Szenario für die Märkte in diesem Jahr angehört. Was er gesagt hat, entsprach in vielen Punkten meiner eigenen Meinung. Die wichtigsten davon sind:

    (1) Die US-Notenbank wird (nicht nur, aber auch vor dem Hintergrund von Greenspans Abtritt) die Zinsen weiter erhöhen – und zwar bis zu einem Punkt, an dem die Geldpolitik als neutral zu bezeichnen ist.
    (2) Dieser Punkt wird höher liegen als von den Märkten gegenwärtig erwartet.
    (3) Derartige Phasen schütteln die Märkte immer durcheinander.
    (4) Kritischer Zeitraum ist hier die Fed-Sitzung Ende April, denn die Zinsanhebungen am kurzen Ende bis dorthin hat der Markt bereits eskomptiert. Danach beginnt jedoch Neuland.
    (5) Es hat historisch noch niemals eine Zinserhöhungsphase durch die Notenbank gegeben, in denen die Aktien nicht unter Druck gekommen sind. Das hat auch Felix Zulauf in Zürich herausgestellt.
    (6) Damit geht der historische Carry-Trade zu Ende, in dem man sich billig kurzfristiges Geld ausleihen konnte, um damit langlaufende Anleihen und Aktien zu kaufen.
    (7) DAGEGEN STEHT, dass die Stimmung an den Märkten derzeit ausgezeichnet ist, dass das Momentum gut ist, die Unternehmensgewinne sprudeln – also schlichtweg beinahe die beste aller Welten herrscht.

    In der Quintessenz heißt dies: Nach dieser Sichtweise dürften die Märkte noch bis weit ins Frühjahr hinein sehr gut laufen – und zwar sowohl der Bond- als auch der Aktienmarkt. Doch anschließend könnte es kritisch werden. „Sell in may and go away“ mag daher die richtige Strategie für das Jahr 2005 sein.

    Doch die ganze Zeit, in der wir über dieses mögliche Szenario gesprochen haben, musste ich fast zwanghaft an ein Bild denken, das Bill McLaren in Zürich an die Wand geworfen hat – und über das ich hier schon geschrieben habe. Es geht um die 60jährigen und 30jährigen Börsenzyklen, dass die US-Börse in diesem Jahr genauso performen soll wie vor 60 und 30 Jahren. Und das würde bedeuten: Eine Zickzack-Bewegung bis zur Jahresmitte – und anschließend steil nach oben. Also genau das umgekehrte Szenario des hier Entworfenen.

    Ich halte von derartigen Dingen bekanntlichermaßen gar nichts – und TROTZDEM muss ich jetzt feststellen, dass sich dieses Bild so sehr in meinem Kopf verankert hat, dass ich es nicht los werde. Es ist ja auch fast so etwas wie ein religiöses Heilsversprechen: Erst kommt noch eine Holperstrecke – und danach ist alles gut.

    Mit so etwas fängt man die Leute – mit simplen Bilder und mit in der Zukunft liegenden Heilsversprechen! Und ich ärgere mich wahnsinnig, dass ich trotz größtmöglicher Gegenwehr davon nicht loskomme. Und ich male mir lieber nicht aus, wie es den Menschen gehen mag, die sich nicht einmal dagegen wehren.

    berndniquet@t-online.de



    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Dieses dumme Bild in meinem Kopf Gute Börsen bis April/Mai zu erwarten Vor ein paar Tagen habe ich mit einem Freund abends beim Wein gesessen und mir sein Szenario für die Märkte in diesem Jahr angehört. Was er gesagt hat, entsprach in vielen Punkten meiner eigenen Meinung. …