Kommentar zur anstehenden EZB-Sitzung am 08. September 2022

Kommentar von Jens Franck, Leiter Portfoliomanagement bei dem Hamburger Fixed Income-Spezialisten nordIX AG, zur anstehenden Sitzung der Europäischen Zentralbank am 08. September 2022

„Die EZB steht – wie auch andere Notenbanken – unter inzwischen selbstauferlegten Druck. Sie will offensichtlich verloren gegangenes Vertrauen durch klare Ansagen bzw. Zinsschritte zurückgewinnen.

Die Gemengelage aus unverändert ansteigenden Inflationsraten mit Gefahren von im weiteren Verlauf des Jahres sichtbaren Zweitrundeneffekten und sich eintrübenden Wirtschaftswachstumsaussichten hat ­– auch in der Diskussion zwischen Falken und Tauben im Rat – zu Unsicherheiten hinsichtlich eines prognostizierbaren Zinspfads geführt.

Die steigenden Energiepreise mit der Folge möglicherweise anstehender Produktionskürzungen und eingeschränkte Schifffahrtswege wirken weiter inflationstreibend. Um einer „Entankerung“ der Inflationsaussichten entgegenzuwirken, wird eine weitere deutliche Anhebung des Leitzinses anvisiert, auch wenn dadurch das Risiko eines makroökonomischen Rückgangs steigt.

Daher haben offensichtlich die Falken das Zepter im Rat übernommen. Ein 75 Basispunkte-Zinserhöhungsschritt auf dieser sehr wichtigen Sitzung ist inzwischen zu knapp über

70 Prozent eingepreist. Wir sehen jedoch einen 50 Basispunkte-Schritt, um dem Lager der Tauben im Rat gerecht zu werden. Allen voran EZB-Chefvolkswirt Philip Lane sieht Gefahren eines Überschießens der Geldpolitik. Dieser Annahme schließen wir uns an. Durch einen 50 Basispunkte-Schritt würde die EZB im „Driver-Seat“ bleiben und wichtige Flexibilität generieren. Unabhängig von der Höhe des Zinsschritts wird die Begründung in der anschließenden Pressekonferenz von großer Bedeutung sein. Wenngleich die „Forward Guidance“ gekippt wurde, erwarten die Märkte einen klaren Fahrplan!“  

Jens Franck, Leiter Portfoliomanagement nordIX AG

Foto: pixabay.com

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