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     206  0 Kommentare Keine Entwarnung / Kommentar zur leicht abgeschwächten Inflation von Mark Schrörs.

    Frankfurt (ots) - Knapp zwei Jahre lang kannte die Inflation in Deutschland wie
    im Euroraum insgesamt ei­gentlich nur eine Richtung - steil nach oben -, wobei
    sie zudem immer wieder die Erwartungen im negativen Sinne über­traf. Im November
    nun ging die Teuerungsrate in Deutschland zumindest mal leicht zurück - teils
    sogar entgegen den Erwartungen der Expertenschar. Ist damit der "Teuer-Schock"
    ad acta gelegt und wird jetzt alles wieder gut? Mitnichten! Für Entwarnung ist
    es viel zu früh. Und mithin wäre es auch verfehlt und sogar fahrlässig, wenn die
    Europäische Zentralbank (EZB) nun im Kampf gegen die viel zu hohe Inflation
    bereits nachlassen würde.

    Natürlich ist der Rückgang der Inflationsrate in Deutschland von 11,6% auf 11,3%
    in EU-harmonisierter Rechnung (HVPI) und von 10,4% auf 10,0% in nationaler
    Rechnung ein Lichtblick. Genauso ist es positiv, wenn sich etwa, wie im Oktober
    geschehen, der rasante Anstieg bei den deutschen Erzeugerpreisen überraschend
    deutlich abschwächt. Und natürlich winken mit der einmaligen Übernahme der
    Gasabschlagszahlungen im Dezember sowie der Strom- und Gaspreisbremse ab Januar
    Entlastungen, die die Energiekosten weiter drosseln sollten. Das und einiges
    andere macht Hoffnung, dass so allmählich das Schlimmste überstanden ist. Aber
    es ist noch nicht die Zeit, den Sieg über die Inflation zu verkünden.

    Erstens: Die Inflation ist im­mer noch viel zu hoch und es ist keineswegs
    ausgemachte Sache, dass der Höhepunkt bereits er­reicht ist. Im Dezember könnte
    es noch mal nach oben gehen, und viele Versorger haben für 2023 schon höhere
    Preise angekündigt. Zweitens: Selbst wenn der Peak erreicht ist, wird sich der
    Rückgang wohl äußerst zäh ge­stalten. Nach wie vor ist viel Preisdruck in der
    Pipeline Die Bundesbank etwa prognostiziert für 2023 im Schnitt eine Sieben vor
    dem Komma. Das Inflationsziel von 2% jedenfalls bleibt vorerst in weiter Ferne,
    und es be­steht zumindest die Gefahr, dass sich die Inflation perspektivisch bei
    3%, 4% oder mehr festsetzt - und das erst recht, wenn die Menschen vollends das
    Vertrauen in die EZB verlieren, die 2% anzustreben und zu erreichen.

    Die Euro-Notenbanker müssen deshalb jetzt Kurs halten und ihre Geldpolitik
    weiter straffen. Bei der nächsten Zinssitzung Mitte De­zember muss es vielleicht
    nicht wieder eine XL-Zinserhöhung von 75 Ba­­sispunkten sein wie zuletzt zweimal
    in Folge. 50 Basispunkte sind auch ein starkes Signal - wenn der EZB-Rat
    parallel den Startschuss für den überfälligen Abbau der aufgeblähten EZB-Bilanz
    gibt und so einen zusätzlichen Impuls in Richtung Normalisierung setzt. In jedem
    Fall aber dürfen die Euro-Hüter in der aktuellen Ge­mengelage keine Entscheidung
    treffen, die Zweifel an der artikulierten Entschlossenheit, die 2% zu erreichen,
    verstärkt. Das wäre kurz- wie langfristig fatal.

    Die Euro-Hüter dürfen sich dabei auch nicht von den Finanzmärkten in eine
    Kehrtwende ("pivot") hineinreden lassen. Viele Marktteilnehmer gieren regelrecht
    nach einer solchen Wende und überinterpretieren dabei bisweilen die
    Inflationsindikatoren und Aussagen von Seiten der Notenbank. Das Paradoxe daran:
    De facto machen sie damit die Wende unwahrscheinlicher - weil die damit
    einhergehende Lockerung der Finanzierungsbedingungen dem widerspricht, was die
    Geldpolitik will.

    (Börsen-Zeitung, 30.11.2022)

    Den Artikel finden Sie unter: https://www.boersen-zeitung.de/kompakt/keine-entwa
    rnung-58da1a9a-6f55-11ed-8cfa-6235c3898d79

    Pressekontakt:

    Börsen-Zeitung
    Redaktion

    Telefon: 069--2732-0
    www.boersen-zeitung.de

    Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/30377/5382706
    OTS: Börsen-Zeitung


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