ROUNDUP Von der Leyen will EU-Handelspolitik an neues Umfeld anpassen
BRÜGGE (dpa-AFX) - Das milliardenschwere US-Programm zur Förderung klimafreundlicher Technologien in Amerika erfordert nach Ansicht von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Kurswechsel bei der Investitionspolitik in Europa. Um Wettbewerbsnachteile abzufedern, müssten die EU-Vorschriften für öffentliche Investitionen gelockert werden, erklärte die Deutsche am Sonntag bei einer Rede an der Hochschule College of Europe in Brügge. Zudem brauche es zusätzliche europäische Finanzmitteln zur Förderung sauberer Technologien und eine Kooperation mit den USA beispielsweise bei der Festlegung von Industriestandards und beim Einkauf kritischer Rohstoffe.
Bei dem Programm der USA, das offiziell Gesetz zur Verringerung der Inflation (IRA) genannt wird, handelt es sich um einen Investitionsplan im Umfang von rund 369 Milliarden Dollar, mit dem ein neues industrielles Ökosystem in strategischen Sektoren für saubere Energie aufgebaut werden soll. Subventionen und Steuergutschriften sind daran geknüpft, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder in den USA produzieren. In der EU wird es deswegen als diskriminierend und unvereinbar mit Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) angesehen.
"Als Verbraucher in den Vereinigten Staaten erhalten Sie beim Kauf von Elektrofahrzeugen eine Steuerermäßigung, wenn die Fahrzeuge in Nordamerika hergestellt wurden", erklärte von der Leyen. "Und wenn Sie ein Hersteller von Batterien für ebendiese Elektrofahrzeuge sind, erhalten Sie eine Steuerermäßigung, wenn Sie in den USA produzieren." Dies bedeute, dass ein Autohersteller einen doppelten Vorteil habe, wenn er in Nordamerika produziere und Teile in den USA kaufe. Zudem könne dies auch kritische Komponenten und Rohstoffe in die USA ziehen und von den transatlantischen Lieferketten abziehen.
"Wir sehen bereits, wie sich dies auch auf Europas eigene Basis für saubere Technologien auswirken könnte, indem Investitionsströme umgeleitet werden", warnte von der Leyen. Bei diesem Wettbewerb müssten aber gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen.
Wie viel zusätzliches Geld die EU bereitstellen sollte, um dies zu ermöglichen, sagte von der Leyen in der Rede nicht. Konkret schlug sie allerdings vor, erst einmal das bereits bestehende Programm REPowerEU weiter auszubauen. Dieses ermöglicht insbesondere Investitionen in Energieeffizienz, in erneuerbare Energie und in Infrastruktur der Energieunion. Mittelfristig sollte dann über den bereits im September von ihr vorgeschlagenen Souveränitätsfonds Geld für vorgelagerte Forschung, Innovationen und strategische Projekte bereitgestellt werden.