NDR, WDR, SZ
Bund bestellte Corona-Impfstoffe für 13,1 Milliarden Euro - Biontech/Pfizer und Moderna haben Preise in der Pandemie um rund 50 Prozent erhöht
Hamburg (ots) - Deutschland hat in der Corona-Pandemie Impfstoffe im Wert von
13,1 Milliarden Euro bestellt. Das bestätigte das Bundesgesundheitsministerium
(BMG) gegenüber NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung.
Der größte Teil der nun bekannt gewordenen Summe an Impfstoff-Bestellungen geht
auf die Amtszeit von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zurück. Nach bisher
geheim gehaltenen Unterlagen bestellte der Bund in der Amtszeit von Spahn
bereits 556 Millionen Corona-Impfdosen im Gesamtwert von 10,05 Milliarden Euro.
13,1 Milliarden Euro bestellt. Das bestätigte das Bundesgesundheitsministerium
(BMG) gegenüber NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung.
Der größte Teil der nun bekannt gewordenen Summe an Impfstoff-Bestellungen geht
auf die Amtszeit von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zurück. Nach bisher
geheim gehaltenen Unterlagen bestellte der Bund in der Amtszeit von Spahn
bereits 556 Millionen Corona-Impfdosen im Gesamtwert von 10,05 Milliarden Euro.
Die Verträge, die die EU-Kommission mit den Impfstoffherstellern für alle
Mitgliedsstaaten geschlossen hat, unterliegen strenger Vertraulichkeit. Bisher
waren nur bruchstückhaft Preise der Impfstoffe bekannt geworden. NDR, WDR und
Süddeutscher Zeitung liegt nun erstmals eine detaillierte Bestellübersicht der
Bundesregierung für die einzelnen Impfstoffe vor, aus der die genauen Preise,
Mengen und Bestelldaten hervorgehen.
Auffällig sind die Preissteigerungen der Firmen Biontech/Pfizer und Moderna
mitten in der Pandemie. So hat Deutschland im Dezember 2020 knapp 39 Millionen
Impfdosen bei Biontech/Pfizer zum Preis von rund 15,50 Euro pro Dosis bestellt.
Neun Monate später, als die Regierung weitere 168 Millionen Impfdosen bestellt
hat, kostete die Einzeldosis im Schnitt bereits rund 23,20 Euro - ein Anstieg um
rund 50 Prozent. Moderna erhöhte bereits nach drei Monaten den Preis von 19,50
Euro um mehr als 50 Prozent auf 29,70 Euro. Die Firma Moderna beantwortete
Fragen zur Preissteigerung nicht. Biontech/Pfizer teilte auf Anfrage mit:
"Verlassen Sie sich nicht auf Informationen, die nicht nachgeprüft werden können
(die Preisangaben können wir nicht nachvollziehen)". Aus der Pharmabranche heißt
es dazu, das Mainzer Unternehmen habe jahrelang mehr Geld ausgegeben als
eingenommen, um neue Medikamente zu erforschen. Das sei nun der Lohn dafür. Und
diesen Lohn wolle Firmenchef Ugur Sahin in der Erforschung neuer Medikamente
stecken. Sahin gehe es nicht um persönliche Profite. Und die Preissteigerungen
lägen auch daran, dass Deutschland und die EU in den Verträgen teure Auflagen
hineingeschrieben hätten. Das habe man sich einfach über einen höheren Preis
absichern müssen.
Der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, Prof. Dr.
Wolf-Dieter Ludwig, hält Preise, die Moderna oder Biontech/Pfizer für ihre
Impfstoffe verlangt hätten, nicht grundsätzlich für anstößig, weil sie durchaus
vergleichbar seien etwa mit Influenza-Impfstoffen. Was Ludwig aber stört, sind
die Preissteigerungen mitten in der Pandemie. "Ich halte das eigentlich für
unseriös, weil angesichts der wirtschaftlichen Umsätze hätte man bei dem alten
Preis bleiben können." Es sei allerdings so, dass "wir die Impfstoffe brauchten"
und "die Pharmakonzerne diese Preise eben durchsetzen konnten".
Aus dem Bundestag kommt dagegen deutliche Kritik an den Preissteigerungen. Der
Arzt und Abgeordnete Stephan Pilsinger (CSU) sagt: "Wenn das so stimmt, dann bin
ich der Meinung, dass das völlig ungerechtfertigt ist. Die Bundesregierung hätte
sich auf solche Deals nicht einlassen sollen."
Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestags, der CDU-Politiker und
ehemalige Chef des Kanzleramts Helge Braun, räumt ein, dass ihm "weder die
individuellen Dosis-Preise der verschiedenen Impfstoffe bekannt sind noch die
weiteren Vertragsklauseln." Die genauen Preise für die Impfstoffe liegen
inzwischen in der so genannten Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestags.
Wie das Ministerium auf Nachfrage mitteilt, hat Deutschland seit Beginn der
Pandemie 672 Millionen Corona-Impfstoff-Dosen bestellt. Umgerechnet bedeutet
das, dass für jeden Einwohner in Deutschland vom Säugling bis zum Greis gut acht
Impfstoff-Dosen bestellt wurden.
Braun geht davon aus, dass Deutschland noch für das laufende Jahr 2023
Abnahmeverpflichtungen bei Corona-Impfstoffen im Wert von zwei Milliarden Euro
habe. "Das ist absehbar viel zu viel, so dass mit der Vernichtung eines
Großteils der Lieferung gerechnet werden müsste", sagt Braun.
Der heutige Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bemüht sich nach eigenen
Angaben wie auch andere EU-Gesundheitsminister seit einigen Wochen darum, die
Bestellungen bei den Herstellern deutlich zu reduzieren.
Pressekontakt:
Norddeutscher Rundfunk
Unternehmenskommunikation
Presse und Kommunikation
Iris Bents
Mail: mailto:presse@ndr.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/6561/5426578
OTS: NDR Norddeutscher Rundfunk
Mitgliedsstaaten geschlossen hat, unterliegen strenger Vertraulichkeit. Bisher
waren nur bruchstückhaft Preise der Impfstoffe bekannt geworden. NDR, WDR und
Süddeutscher Zeitung liegt nun erstmals eine detaillierte Bestellübersicht der
Bundesregierung für die einzelnen Impfstoffe vor, aus der die genauen Preise,
Mengen und Bestelldaten hervorgehen.
Auffällig sind die Preissteigerungen der Firmen Biontech/Pfizer und Moderna
mitten in der Pandemie. So hat Deutschland im Dezember 2020 knapp 39 Millionen
Impfdosen bei Biontech/Pfizer zum Preis von rund 15,50 Euro pro Dosis bestellt.
Neun Monate später, als die Regierung weitere 168 Millionen Impfdosen bestellt
hat, kostete die Einzeldosis im Schnitt bereits rund 23,20 Euro - ein Anstieg um
rund 50 Prozent. Moderna erhöhte bereits nach drei Monaten den Preis von 19,50
Euro um mehr als 50 Prozent auf 29,70 Euro. Die Firma Moderna beantwortete
Fragen zur Preissteigerung nicht. Biontech/Pfizer teilte auf Anfrage mit:
"Verlassen Sie sich nicht auf Informationen, die nicht nachgeprüft werden können
(die Preisangaben können wir nicht nachvollziehen)". Aus der Pharmabranche heißt
es dazu, das Mainzer Unternehmen habe jahrelang mehr Geld ausgegeben als
eingenommen, um neue Medikamente zu erforschen. Das sei nun der Lohn dafür. Und
diesen Lohn wolle Firmenchef Ugur Sahin in der Erforschung neuer Medikamente
stecken. Sahin gehe es nicht um persönliche Profite. Und die Preissteigerungen
lägen auch daran, dass Deutschland und die EU in den Verträgen teure Auflagen
hineingeschrieben hätten. Das habe man sich einfach über einen höheren Preis
absichern müssen.
Der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, Prof. Dr.
Wolf-Dieter Ludwig, hält Preise, die Moderna oder Biontech/Pfizer für ihre
Impfstoffe verlangt hätten, nicht grundsätzlich für anstößig, weil sie durchaus
vergleichbar seien etwa mit Influenza-Impfstoffen. Was Ludwig aber stört, sind
die Preissteigerungen mitten in der Pandemie. "Ich halte das eigentlich für
unseriös, weil angesichts der wirtschaftlichen Umsätze hätte man bei dem alten
Preis bleiben können." Es sei allerdings so, dass "wir die Impfstoffe brauchten"
und "die Pharmakonzerne diese Preise eben durchsetzen konnten".
Aus dem Bundestag kommt dagegen deutliche Kritik an den Preissteigerungen. Der
Arzt und Abgeordnete Stephan Pilsinger (CSU) sagt: "Wenn das so stimmt, dann bin
ich der Meinung, dass das völlig ungerechtfertigt ist. Die Bundesregierung hätte
sich auf solche Deals nicht einlassen sollen."
Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestags, der CDU-Politiker und
ehemalige Chef des Kanzleramts Helge Braun, räumt ein, dass ihm "weder die
individuellen Dosis-Preise der verschiedenen Impfstoffe bekannt sind noch die
weiteren Vertragsklauseln." Die genauen Preise für die Impfstoffe liegen
inzwischen in der so genannten Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestags.
Wie das Ministerium auf Nachfrage mitteilt, hat Deutschland seit Beginn der
Pandemie 672 Millionen Corona-Impfstoff-Dosen bestellt. Umgerechnet bedeutet
das, dass für jeden Einwohner in Deutschland vom Säugling bis zum Greis gut acht
Impfstoff-Dosen bestellt wurden.
Braun geht davon aus, dass Deutschland noch für das laufende Jahr 2023
Abnahmeverpflichtungen bei Corona-Impfstoffen im Wert von zwei Milliarden Euro
habe. "Das ist absehbar viel zu viel, so dass mit der Vernichtung eines
Großteils der Lieferung gerechnet werden müsste", sagt Braun.
Der heutige Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bemüht sich nach eigenen
Angaben wie auch andere EU-Gesundheitsminister seit einigen Wochen darum, die
Bestellungen bei den Herstellern deutlich zu reduzieren.
Pressekontakt:
Norddeutscher Rundfunk
Unternehmenskommunikation
Presse und Kommunikation
Iris Bents
Mail: mailto:presse@ndr.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/6561/5426578
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