Große Immobilienserie Teil 1
New Normal –Immobilienmarkt 2023 – Zins und Immobilienfinanzierung“
Gastbeitrag von Sebastian Eraghi, COO der Neho GmbH
Die Marktlage für den Verkauf von Immobilien gilt momentan als schwierig. Verkäufer streben weiterhin die hohen Verkaufswerte
der letzten Jahre an, während die neuen Zinsbedingungen die Finanzierungskraft der Käufer belasten. Dementsprechend ist eine erhöhte Diskrepanz zwischen den Preiserwartungen beider Seiten
entstanden. Dies spiegelt sich unter anderem darin wider, dass die Zahl der selbst verkauften Immobilien auf ein historisches Tief gesunken ist. Um diese Diskrepanz zu überwinden und ein für alle
Seiten zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen, bedarf es mehr denn je guter Beratung. Genaueste Kenntnisse über die Marktlage sind eine elementare Voraussetzung für erfolgreiches Agieren auf dem
Immobilienmarkt.
Die Ursache wird von den meisten Marktteilnehmern, ob Laie oder Profi, richtig benannt: Es ist die Zinswende. Weniger weitverbreitet ist das Wissen, dass durch steuerliche Vergünstigungen die
Auswirkungen der Zinsexplosion beinahe gänzlich aufgefangen werden können. Der erste Teil dieser Gastbeitragsreihe zum Immobilienmarkt wird sich daher auf einen entscheidenden Faktor bei der
Immobilienfinanzierung konzentrieren. Käufer, die eine Vermietung der erworbenen Immobilie planen, können aus den höheren Zinsen einen nicht zu unterschätzenden Vorteil ziehen. Infolgedessen
treffen die negativen Auswirkungen nicht alle Immobilieninteressierte in gleichem Maß. Denn für Vermieter gilt: Immobilienkreditzinsen können steuerlich als Werbungskosten geltend gemacht werden.
Hierfür muss dem Finanzamt lediglich die Zinszahlung klar zuordenbar mitgeteilt werden und schon kann man den Zins absetzen. Übersteigen die jährlichen Zinsen und Abschreibungen die Mieteinkünfte,
wird die Differenz direkt mit der Einkommensteuer verrechnet. Die logische Konsequenz stark steigender Zinsen sind also stark steigende Steuerersparnisse. Hierbei handelt es sich keineswegs um
einen unwichtigen Posten, der kaum im Verhältnis zur Zinserhöhung steht. Anhand eines einfachen Rechenbeispiels lässt sich die Relevanz der Werbungskosten für die Immobilienfinanzierung
verdeutlichen.
Als Basis wird ein typischer deutscher Immobilienkäufer genommen, welcher über ein solides Einkommen von 70.000 Euro im Jahr verfügt. Die Immobilie im Wert von 235.500 Euro wird vollfinanziert erworben, also ausschließlich über einen Kredit finanziert. Lediglich die Nebenkosten werden aus dem Eigenkapital bestritten. Bei einem 2-Prozent-Zinssatz und einer 2-Prozent-Tilgung würden im ersten Jahr 4.615 Euro Zinsen anfallen. Unter den veränderten Marktbedingungen ist ein 4-Prozent-Zins durchaus realistisch, in diesem Fall würden 9.231 Euro Zinskosten jährlich anfallen - die Tilgung hingegen sinkt in solchen Fällen üblicherweise - am Markt rechnet man mit rund einem Prozent. Wird der Zins als Werbungskosten geltend gemacht, kommt jedoch eine steuerliche Ersparnis in Höhe von 4.053 Euro zustande. Einen großen Teil der durch den erhöhten Zins entstandenen Mehrkosten kann man sich so über die Steuer zurückholen.
In Kombination mit einer niedrigeren Tilgung kann die Refinanzierung sogar mit dem gleichen jährlichen Kapitalaufwand erfolgen wie zu Zeiten des Niedrigzinses. Dementsprechend rentieren sich Immobilien momentan insbesondere als Investition für private Käufer mit einem guten Einkommen, die eine Immobilie vermieten wollen.
Der Haken an der Sache - das funktioniert nur für Kapitalanleger, also Käufer, die ihre Wohnung oder ihr Haus vermieten. Herkömmliche Eigennutzer müssen leider in Zeiten der Zinswende deutlich tiefer in die Tasche greifen. Aber auch für diese Gruppe gibt es Hoffnung, denn mit einigem Wissen rund um den energetischen Zustand von Gebäuden lassen sich durchaus attraktive Verkaufspreise heraushandeln. Wie das geht, erfahren Sie in Teil zwei unserer Immobilienmarktreihe.
Dieser Beitrag ist der erste einer Reihe von Markteinschätzungen, mit denen Immobilienexperte Sebastian Eraghi, den Immobilienmarkt in Deutschland einordnet.