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     405  0 Kommentare Finanzkrise 2.0?

    Die letzten Ereignisse im weltweiten Bankensektor beunruhigen die Finanzwelt und werfen weitgehende Fragen auf.

    Dieses Mal ist für die Krise nicht der Immobiliensektor ausschlaggebend, sondern die Zinsentwicklung und bankenspezifische Gründe wie bei der Credit Suisse.

    Die kalifornische Bank Silicon Valley Bank ist zugrunde gegangen, weil sie Vermögenswerte veräußern musste, um liquide zu bleiben: diese Vermögenswerte (im Wesentlichen Anleihen) haben wegen der steigenden Zinsen stark an Wert verloren; Kunden wollten wegen der Krisenentwicklung ihre Einlagen herausnehmen und nötigten die Bank, die Vermögenswerte zu veräußern. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, warum ein vorübergehender Liquidationsengpass nicht über eine Notenbank-Geldspritze (gesichert durch diese Wertpapiere) bewerkstelligt werden konnte. Offenbar hat der Anlegerdruck (intensiviert durch die Kommunikation über Social Media) eine solche Lösung erschwert. Hier wird einiges aufzuarbeiten sein, denn heute können Gerüchte die Banken schneller in Gefahr bringen als früher.

    Andere amerikanische Banken wie die Signature Bank und die First Republic hatten ebenfalls mit Liquiditätsengpässen zu kämpfen. Signature hatte viele Kunden aus dem Kryptobereich. Signatures Kunden waren überwiegend Unternehmen mit Einlagen, die deutlich über 250.000 Dollar lagen, die nicht mehr durch die Einlagensicherung gedeckt sind.  Auch bei der gescheiterten Silicon Valley Bank (SVB) war der Anteil von unversicherten Einlagen mit gut 93 Prozent überdurchschnittlich hoch (Quelle Handelsblatt vom 20.3.23).  Am 12. März 2023 wurde sie von der Federal Deposit Insurance Corporation übernommen und geschlossen. Die große Regionalbank First Republic (unversicherte Einlagen in Höhe von 30 Mrd. Dollar!) verlor massiv das Anlegervertrauen und wurde von einigen US-Großbanken danach durch Geldspritzen unterstützt, die Rettungsaussichten sind ungewiss. Andere US-Regionalbanken haben ebenfalls große Anteile von nicht versicherten Einlagen und sind durch den Abzug dieser Einlagen in Liquiditätsnöte geraten.

    Die Schweizer Credit Suisse dagegen ist seit Jahren in den Schlagzeilen und erlitt in letzter Zeit horrende Mittelabflüsse. Die Bank war involviert in den Greensill-Skandal, den Archegos-Skandal, sie hatte Sicherheitsprobleme und war in verschiedene Geldwäscheskandale verwickelt. Die Sanierung der Bank ist offenbar nicht gelungen. An dieser Stelle stellen sich einige Fragen bezüglich der Rolle der Aufsicht.

    Das grundsätzliche Problem der Bankenregulierung ist recht einfach zu beschreiben, obgleich die Regelungen von Basel 3 und 4 sehr komplex erscheinen: die Eigenkapitalquoten der Banken sind zu gering (mit 10 bis 15 % im Schnitt der letzten Jahre). Wie der Bankenexperte Prof. Hellwig in der SZ vom 20. März 23 betont, sollte die Eigenkapitalquote über 20 bis sogar 30 % liegen.

    Die Banken haben sich erfolgreich gegen weitere Eigenkapitalanforderungen gewehrt.  Die Eigenkapitalanforderungen an die Banken sind das A und O der Regulierung, denn nur so können die Risiken bei den Banken bezogen auf die Hebelwirkungen ihrer Finanzierungsstrategien eingeschränkt werden.

    Die nach der Finanzkrise eingeführten Nachranganleihen (ATP-1) sollten die Finanzierungspielräume der Banken erweitern. Die Kritik daran, dass diese Anleihen nach der Fast-Pleite der Credit Suisse jetzt wertlos sind, muss relativiert werden, denn die Bank war schon seit Jahren in einer Schieflage.

    Grundsätzlich hätten die Banken davon ausgehen können, dass die Zinswende infolge der Inflation nach der Pandemie und der Kriegsentwicklung im letzten Jahr zu bestimmten Verwerfungen in den Finanzmärkten führen würde. Wenn jedoch Bankmanager das Risikomanagement nicht ernst genug nehmen und zudem das ureigenste Geschäft der Bank (die Risiko- und Fristentransformation) nicht ausgefeilt beherrschen, dann sind Krisen wie die der amerikanischen Regionalbanken unausweichlich.

    Managerversagen, zu hohe Eigenmittelausschüttungen über Aktienrückkäufe und Dividenden und eine unzureichende Risikovorsorge haben zu der aktuellen Finanzkrise beigetragen. Offenbar ist die Lernkurve seit der Finanzkrise von 2007/2008 ziemlich flach verlaufen.





    Dr. Harald Meisner
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    Dr. Harald Meisner ist ehemaliger Professor und heutiger Lehrbeauftragter für Finanzwirtschaft an der Rheinischen Fachhochschule in Köln. Sein Forschungs- und Interessenschwerpunkt liegt seit 2004 im Themengebiet „Finanzwirtschaft in der Internetökonomie“*; so lautet auch das zuletzt von ihm im Springer-Verlag erschienene Buch*. Prof. Meisner betreibt den Blog blog.meisnerconsult.de, auf dem er sich zu Finanzinnovationen, Crowdinvesting , FinTechs und der Blockchain-Technologie im einzelwirtschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Kontext äußert.

    Prof. Meisner berät auch kleine und mittlere Unternehmen bezüglich alternativer Finanzierungsmöglichkeiten mit Hilfe seiner Firma MeisCon Hürth (meisnerconsult.de).

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