Ralf Nöcker im Interview
ESPG: "Viele Investoren wollen weiter mit uns wachsen"
Die European Science Park Group (ESPG) will sich stärker in einem Zukunftsmarkt positionieren. Über die anstehenden Pläne des Betreibers von Wissenschaftsparks gibt Vorstand Ralf Nöcker im Interview Auskunft.
Nöcker spricht über die Erweiterung des Portfolios, über die internationale Expansion und über das Potenzial von Wissenschaftsparks. Zu den Mietern von ESPG gehören Siemens, ABB und Nokia. Aber auch „hidden champions“ setzen auf ESPG.
Ausführlich geht Nöcker im Gespräch auf eine Anleiheemission von ESPG im Volumen von 46,626 Millionen Euro ein. Das Papier hat eine jährliche Verzinsung von 9,5 Prozent und läuft bis 2026. Damit soll ein altes Papier refinanziert werden. Offeriert wird die neue Anleihe Investoren einer bis 2023 laufenden Anleihe. Diese können ihre Papiere bis zum Monatsende im Verhältnis 1:1 unter gewissen Umständen umtauschen.
ESPG oder European Science Park Group dürfte Investoren wenig sagen. Sie haben sich vor einiger Zeit umbenannt, der Firmennamen Diok Real Estate ist bei vielen wohl noch eher im Gedächtnis. Wieso ist es zur Umbenennung gekommen?
Nöcker: ESPG steht für European Science Park Group und markiert die strategische Neuausrichtung der Firma als eines der ersten deutschen Immobilien-Unternehmen mit einem klaren Fokus auf das Halten, Verwalten und den Erwerb von Wissenschaftsparks – ein spannender Zukunftsmarkt, der sich ausgesprochen dynamisch entwickelt. Schon heute kommen 78 Prozent unserer Mieteinnahmen aus der Forschung und Entwicklung. Diese strategische Positionierung soll auch im Firmennamen zum Ausdruck kommen.
Der Fokus von ESPG liegt also auf Wissenschaftsparks. Ihre Mieter kommen vor allem aus den Bereichen Biowissenschaften, grüne Technologie und digitale Transformation. Können Sie hier einige bekannte Mieternamen nennen?
Nöcker: Wir haben insgesamt knapp 60 Mieter, die einen guten Mix aus großen Technologienamen wie Siemens, Nokia und ABB und kleineren „Hidden Champions“ wie Krantz Air darstellen. Nicht alle Namen sind publik. Das aktuelle Portfolio umfasst rund 34 Prozent Mieter aus dem Life Science-Bereich, weitere 16 Prozent fokussieren sich auf grüne Technologien, und 31 Prozent beschäftigen sich mit der Digitalisierung.
Welches Potenzial gibt es in Deutschland für Wissenschaftsparks?
Nöcker: Das Segment entwickelt sich ausgesprochen dynamisch. Das verdeutlicht auch eine Studie, die wir jüngst mit Colliers durchgeführt haben. In den letzten fünf Jahren wurden jeweils rund 209.000 Quadratmeter auf dem deutschen Vermietungsmarkt für Life Science & Tech Real Estate umgesetzt – im letzten Jahr waren es bereits 302.000 Quadratmeter. Der Trend ist also stark ansteigend. Besonders bemerkenswert: bislang erfolgten nur etwa 43 Prozent der Mietvertragsabschlüsse im Bestand. Der Bedarf an neuen Flächen ist also gewaltig. Allerdings rechnen Experten damit, dass bis zum Jahr 2025 nur etwa 330.000 Quadratmeter fertiggestellt werden. Wir stehen also vor einer Angebotsknappheit – eine Entwicklung, von der Science Park Asset Manager wie wir profitieren werden.
Ihr Portfolio ist sehr stark auf West- und Süddeutschland ausgerichtet. Sind Berlin oder Hamburg für ESPG nicht interessant?
Nöcker: Berlin und Hamburg sind starke Wissenschaftsstandorte. Als Impact Investor folgen wir aber der polyzentrischen deutschen Wirtschafts-Landkarte. Damit bleiben wir unserem Ansatz treu, Immobilien in der Nähe von Wissenschaftsclustern zu erwerben. Dort finden sich hoch qualifizierte Nachwuchskräfte und exzellente Forschung.
Wollen Sie sich bei Ihrem Engagement auf Deutschland beschränken?
Nöcker: Der Name „European Science Park Group” zeugt bereits davon, dass wir den Anspruch verfolgen, ein international diversifiziertes Portfolio im Europäischen Wirtschaftsraum aufzubauen. Das bisherige Deutschland-Portfolio bietet eine exzellente Wachstumsbasis. Ob die nächsten Zukäufe in Deutschland oder im europäischen Ausland sein werden, hängt stark von den Opportunitäten ab.
Gilt bei Ihnen das Statement „Kaufen, um zu behalten“?
Nöcker: Ja, wir sind langfristig engagiert und wollen mit unseren Investitionen technologische Innovationen fördern und uns zu einem Marktführer für Science Parks entwickeln. Gleichwohl kann es natürlich zu Situationen kommen, in denen wir im Rahmen unserer Wachstumsstrategie ein Objekt veräußern, um eine andere Opportunität zu ergreifen.
Wie wird die ESPG 2025 im Vergleich zu heute aussehen?
Nöcker: Wir werden deutlich größer sein und unser Portfolio international diversifiziert haben. In Anbetracht der guten Marktperspektiven werden wir den Leerstand deutlich gesenkt, die durchschnittlichen Mieten gesteigert und die Verschuldungsquote weiter reduziert haben. Unser Anspruch ist es, ESPG gemeinsam mit unseren Investoren zu einem Marktführer für Science Parks in Europa zu entwickeln.
Sie haben momentan eine Leerstandsquote von mehr als 20 Prozent. Muss man sich Sorgen machen?
Nöcker: Der aktuelle Leerstand ist taktischer Natur und konzentriert sich auf drei unserer Parks. Diese richten wir gerade neu auf die Forschungsbranchen der Zukunft aus. Das bietet uns großes Wachstumspotenzial und die Mietvertragsabschlüsse in den letzten Monaten zeigen, dass wir in der Lage sind, dieses Potenzial zu nutzen. Wir befinden uns aktuell in Gesprächen mit Interessenten und sind in Anbetracht der hohen Nachfrage sehr zuversichtlich, den Leerstand bis zum Jahresende auf etwa 12 Prozent bis 15 Prozent zu senken.
2023 soll das Portfolio eventuell nicht erweitert werden. Warum?
Nöcker: Wir schauen uns laufend Akquisitionsziele an, aber die Gelegenheit muss in den Marktzyklus passen. Ob in diesem Jahr ein weiterer Zukauf erfolgen wird, hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Aktuell konzentrieren wir uns auf den Umtausch unserer Unternehmensanleihe und die Refinanzierung von besicherten Darlehen. Zu unserem Umtauschangebot erfahren wir eine gute Resonanz. Viele Investoren wollen weiter mit uns wachsen und an den Wachstumschancen für Science Parks in Deutschland partizipieren. Dabei spielen natürlich Zukäufe eine zentrale Rolle.
Dient das Geld aus der neuen Anleihe einzig der Refinanzierung des alten Papiers?
Nöcker: Da es sich um ein Umtauschangebot handelt, kommt kein frisches Geld in die ESPG, sondern die existierenden Anleihen werden 1:1 zu attraktiven Konditionen refinanziert.
Beim Umtauschangebot müssen Investoren Papiere im Volumen von mindestens 100.000 Euro einreichen. Das ist für Kleininvestoren nicht machbar. Gibt es hier eine alternative Lösung für diese Investorengruppe?
Nöcker: Wir suchen gemeinsam mit unseren Partnern nach Möglichkeiten, wie auch Kleinanleger ihre bestehenden Anleihen tauschen können. Interessierte Privatinvestoren können uns bitte unter info@espg.space kontaktieren.
Die neue Anleihe hat eine Laufzeit von „nur“ drei Jahren. Warum haben Sie sich für diesen doch eher kurzen Zeitraum entschieden?
Nöcker: Mit einem Kupon von 9,5 Prozent und einer kurzen Laufzeit von drei Jahren, bieten wir unseren Anlegern ein spannendes Paket, das auf eine gute Resonanz stößt. Als Impact Investoren für Science Parks sind wir in einem dynamischen Umfeld unterwegs. Das spiegelt sich auch in der Laufzeit wider.
Dieses Interview ist eine Kooperation von wallstreetONLINE mit der Redaktion von www.4investors.de.