Space Shuttle oder: die verlorenen Jahre der staatlichen Raumfahrt
Das Space Shuttle Programm der USA verschlang in den drei Jahrzehnten von 1981 bis 2011 fast 200 Milliarden Dollar, aber hat die Erwartungen nicht annähernd erfüllt.
- Space Shuttle kostete fast 200 Mrd. Dollar, enttäuschte.
- Designfehler und politische Motive prägten Programm.
- Unbemannt wäre sicherer und günstiger gewesen.
Eine neue Studie kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: „Das Shuttle war in jeder Hinsicht hinter den bescheidenen Hoffnungen zurückgeblieben, die mit ihm verbunden waren. Und das Shuttle flog nur deshalb weiter, weil alle Bemühungen, es durch ein besseres wiederverwendbares Raumschiff zu ersetzen, ebenfalls scheiterten.“
Die Ursache, so schreibt Matthew H. Herrsch, Professor of the History of Science an der Harvard University in seinem aktuellen Buch “Dark Star. A New History of the Space Shuttle“, waren weder technische Gründe noch Management-Fehler, sondern sie lägen im Design des Shuttles. Viele Beteiligte, in der NASA und in der Air Force, waren von dem Konzept eines “Alleskönner”-Raumfahrzeuges, das wie eine Rakete startete und wie ein Flugzeug landete, nicht überzeugt. Die ganze Idee, ein solches Raumschiff mit Flügeln zu bauen, obwohl diese für den größten Teil der Reise hinderlich waren und nur beim Landeanflug benötigt wurden, überzeugte von Anfang an viele nicht. Am Ende war es ein politischer Kompromiss, der viele, teilweise sich widersprechende Interessen und Anforderungen befriedigen sollte. Unter anderem sollte das Shuttle folgende Aufgaben erfüllen:
- Träger für wissenschaftliche Satelliten
- ein orbitales Labor
- ein Fahrzeug zur Wartung von Raumstationen und interplanetaren Schiffen
- ein Transportmittel für kommerzielle Nutzlasten
- ein Instrument der Diplomatie und der internationalen Zusammenarbeit
- ein militärisches Raumflugzeug
Für viele dieser Funktionen hätte es eines bemannten Raumschiffes nicht bedürft. Und wenn man bedenkt, dass bei den Unfällen der Challenger 1986 und der Columbia 2003 alle 14 Astronauten starben, dann stellt sich umso mehr die Frage, ob es angemessen war, Menschen des Risikos auszusetzen, wenn fast alle dieser Aufgaben billiger und risikoärmer von unbemannten Raumschiffen hätten erfüllt werden können.
Die Kosten waren sehr viel höher als erwartet. Sie lagen bei 500 Mio. Dollar plus Flug – ähnlich wie bei den Apollo-Flügen. Die Beförderung von einem Pfund Nutzlast war etwa zehn Mal teurer, als die optimistischen Vorhersagen prognostiziert hatten und jedenfalls nicht niedriger als bei den traditionellen, nicht wieder verwendbaren Raketen.
Oft spielten sachfremde Motive eine Rolle: So bekam Rockwell den Auftrag, das Raumschiff herzustellen, weil Präsident Nixon vor den Wahlen einem im Swing State Kalifornien ansässigen Unternehmen den Auftrag erteilen wollte: „Kompromiss und Sparsamkeit waren die Triebfedern für seine Ausgestaltung, und sein Hauptvorteil bestand darin, dass er in einem Wahljahr genehmigt wurde.“ Die Auftragsvergaben erfolgten oft primär unter politischen Gesichtspunkten, was heute auch nicht anders ist: „Unternehmen in Kongressbezirken im ganzen Land stellten die Flügel, die Steuerung und andere Teile des Orbiters her, um die Unterstützung des Shuttles durch eine Vielzahl von Gesetzgebern zu gewährleisten, und lieferten die Teile dann zur Endmontage in das Werk von Rockwelll in Palmdale, Kalifornien.“
Ein Beispiel: Die Entscheidung, das Unternehmen Thiokol mit der Herstellung der Space-Shuttle-Feststoffraketen (Solid Rocket Booster, Abkürzung SRB) zu betrauen,
„blieb durch Vorwürfe der Vetternwirtschaft bei Politikern und Beamten in Utah getrübt“. Ohne die Fehlentscheidung der Führung von Thiokol, den Start der Challenger im Januar 1986 freizugeben, wäre es nicht zu dem Unglück gekommen. Dies ist umso tragischer, als ein Mitarbeiter des Unternehmens eindringlich gewarnt hatte, dass wegen der ungewöhnlichen Kälte an diesem Tag die Dichtungs-O-Ringe die notwendige Elastizität einbüßen könnten, was dann auch tatsächlich geschah und zu dem Unglück führte.
Man hatte bei diesem Flug eine Lehrerin mitgenommen, die so wie die sechs Astronauten umkam – damit hatte sich das Thema privater Raumfahrttourismus mit dem Shuttle erst einmal erledigt. Objektiv war das Shuttle nicht riskanter als die Apollo-Raumschiffe (das mehr Menschen umkamen, lag einfach darin, dass statt drei sieben Astronauten an Bord waren), aber manche glaubten, der Flug sei so sicher sei wie mit einem Flugzeug. Die professionellen Astronauten wussten indes genau, dass das nicht stimmte.
Dass eine andere Aufgabe, nämlich private Satelliten in den Weltraum zu transportieren, nach dem Challenger-Unglück erst einmal nicht durchgeführt werden konnte (alle Starts wurden für mehr als zwei Jahre unterbrochen), erwies sich jedoch als positiv. Zu Recht kritisiert Herrsch: „Anstatt den Weltraum zu erforschen, würde die NASA den embryonalen freien Markt für Startdienste durch einen einzigen staatlichen Anbieter ersetzen, der teure, unzuverlässige Raketen von wichtigen Rüstungsunternehmen kauft, die von politisch Beauftragten ausgewählt werden, und dann die Preise für ihre Flüge unter den Kosten für die bevorzugten Nutzer festlegt, wodurch der Wettbewerbsdruck, der die Technologie hätte verbessern können, zunichte gemacht würde.“
Im August 1986 entschied Präsident Ronald Reagan, dass „die NASA nicht länger im Geschäft mit dem Start privater Satelliten sein wird“. Der Weg war damit frei für private Anbieter, zumal Reagan bereits eineinhalb Jahre zuvor in einer Rede verkündet hatte: „Unternehmen, die daran interessiert sind, Nutzlasten in den Weltraum zu bringen, sollten leichten Zugang zu Startdiensten des privaten Sektors haben...Wir werden also Amerikas größtes Kapital ins Spiel bringen - die Vitalität unseres freien Unternehmertums.“
Der Artikel ist zuerst im Washington Examiner erschienen.