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    Elon Musk & Co wollen das All erobern – aber es gibt auch skeptische Stimmen

    Elon Musk & Co wollen das All erobern – aber es gibt auch zunehmend skeptische Stimmen. Was gestern noch wie ein Märchen klang, kann übermorgen schon Wirklichkeit sein.

    Für Sie zusammengefasst
    • Skepsis gegenüber Weltraumkolonisierung wächst.
    • Bedenken über Sicherheit und Entwicklung von Menschen.
    • Fortschritt erfordert Handeln, nicht endloses Warten.

    Konstantin Tsiolkovsky, einer der Begründer der modernen Kosmonautik, schrieb schon 1911: „Die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber man kann nicht ewig in der Wiege leben“.

    In dem Moment, wo die Pläne, Menschen auf den Mars zu bringen und dann dauerhaft Siedlungen auf dem Mond und dem Mars zu errichten, realistischer werden, regt sich aber auch zunehmend Widerstand.

    Kelly und Zach Weinersmith haben jetzt ein Buch mit dem Titel “A City on Mars. Can we settle space, should we settle space, and have we really thought this through?” (Penguin Books) vorgelegt. Bei ihnen überwiegen die Bedenken. Sie argumentieren, man könne in der fernen Zukunft vielleicht darüber nachdenken, aber jetzt sei man noch nicht so weit.

    Manche der Bedenken, die sie vortragen, sind erwägenswert: Können sich Menschen unter den Bedingungen von geringerer Schwerkraft sicher fortpflanzen und können sich Babys normal entwickeln, ist eine der ungelösten Fragen. Aber sie schreiben, die Chinesen planen schon Experimente, wonach sich Affen in ihrer Raumstation paaren sollen – vielleicht bekommen wir dann erste Antworten.

    Viele Fragen in dem Buch wirken jedoch an den Haaren herbeigezogen und man merkt, dass es das typische Herangehen von intellektuellen Bedenkenträgern ist, die erst einen sicheren und fertigen Plan haben wollen, der auf alle denkbaren Fragen eine Antwort gibt, ehe man beginnt zu handeln. Genau das Gegenteil vom Unternehmer, der anfängt zu handeln und laufend neue Probleme löst.

    Manche Bedenken sind abwegig, so etwa die Befürchtung, dass sich konkurrierende Staaten gegenseitig mit Asteroiden bombardieren könnten. Manches ist widersprüchlich, so etwa, wenn sie einerseits schreiben, die Kolonisierung des Weltraums sei ohne erkennbaren wirtschaftlichen Nutzen und andererseits die Gefahr an die Wand malen, dass Atommächte einen Krieg um die Filetstücke auf dem Mond oder dem Mars beginnen könnten.

    Das Buch ist voller Bedenken, was einerseits gar nicht so schlecht ist, denn ein Advocatus diaboli kann bei diesem wie auch bei anderen Themen durchaus eine sinnvolle Rolle spielen und die Anhänger einer Kolonisierung des Alls zwingen, ihre Argumente zu schärfen. Mit manchem haben sie auch Recht: Wir müssen nicht nach einem Ersatzplaneten suchen, weil die Klimakatastrophe unseren Planeten demnächst vernichten wird – und selbst wenn, dann wäre es zu spät. Nein, die Besiedlung anderer Himmelskörper wird weder Kriege auf der Erde beseitigen noch zur Verwirklichung irgendwelcher Utopien der perfekten Gesellschaft führen. (Weiter auf Seite 2)

    Aber viele Bedenken sind so, dass man den Eindruck hat, die Autoren wollten um jeden Preis alle möglichen Gründe sammeln, warum wir jetzt nicht in den Weltraum aufbrechen sollten.

    Sie fragen beispielsweise, wie man unter den Bedingungen von Schwerelosigkeit sicher Operationen durchführen könne; ob sich Paare in der Schwerkraft während des Geschlechtsaktes aneinander festbinden müssten; wie auf dem Mars eine psychiatrische Betreuung von Personen gewährleistet werden könne, die psychisch erkranken; ob sich der dauerhafte Aufenthalt auf dem Mars negativ auf die Psyche auswirken werde, ob die Medikamente gegen psychische Störungen durch die kosmische Strahlung negativ verändert würden oder wie die Gewinne aus Asteroid mining „gerecht“ verteilt werden könnten.

    Die Autoren bekennen sich als Anhänger des sogenannten „Moon Agreements“ (UN Agreement Governing the Activities of States on the Moon and Other Celestial Bodies) von 1979. Dieses internationale Abkommen, das erfreulicherweise nur von 18 Ländern unterzeichnet wurde (aber von keiner Raumfahrt-Nation) erklärt das

    Sonnensystem als eine besonders Form der res communis, die im Völkerrecht als „common heritage of mankind“ (CHM) bezeichnet wird. Die Autoren erklären, was das bedeutet: „Wenn der Mond unter einem CHM-Rahmen stünde und man das Wasser auf dem Mond nutzen wollte, müsste man die gesamte Menschheit auf irgendeine Weise entschädigen.“ Man könnte auch vom Space-Sozialismus sprechen. Welche Firmen würden unter diesen Voraussetzungen Raumfahrt-Missionen finanzieren oder sich mit Themen wie Asteroid-Mining befassen? Sozialismus hat auf der Erde noch nicht funktioniert und wir auch im All nicht funktionieren.

    Gegen das Argument, „Weltraumforschung ist ein natürlicher Trieb“ führen die Weinersmiths ins Feld: „Die meisten von uns sind in Wirklichkeit keine berühmten Entdecker. Die meisten von uns ziehen es vor, an Orten Urlaub zu machen, wo es Gebäck und Klimaanlagen gibt, nicht den Mount Everest oder das Amazonas-Becken... Wenn der Entdeckertrieb ein natürlicher menschlicher Drang ist, der befriedigt werden muss, warum sind viele Menschen glücklich damit, einfach auf ihren Sofas zu sitzen...?“ 

    Hiergegen würde ich einwenden: Der Fortschritt der Menschen wurde niemals gemacht von denen, die am liebsten auf ihrer Couch liegen, sondern von denen, die keine Durchschnittsexistenz akzeptieren, die anders sind als die Mehrheit, die neugieriger sind und vielleicht auch Abenteuerlustiger.

    Unternehmer, die bevor sie ein Unternehmen gründen, all die Hundert Bedenken durchspielen würden, die die Weinersmiths gegen die Eroberung des Weltraums ins Feld führen, würden so agieren, wie es die Autoren empfehlen: "Wir sind der Meinung, dass die Besiedlung des Weltraums wahrscheinlich ein Projekt von Jahrhunderten und nicht von Jahrzehnten ist und sein sollte..... Warten wir auf große Entwicklungen in Wissenschaft, Technologie und internationalem Recht, und dann lassen wir Siedler im großen Stil siedeln.“ Sie würden ewig zögern und warten – und niemals handeln. Ich kann mir vorstellen: Wenn die Weinersmiths dabei gewesen wären, als die ersten Menschen lernten, künstlich Feuer zu machen, hätten sie gesagt: „Wartet mal! Wir brauchen erst eine perfekt funktionierende Feuerwehr und genaue Pläne, was wir machen, wenn ein Feuer außer Kontrolle gerät. Bis wir die haben, solltet ihr nicht weitermachen.“

    Rainer Zitelmann ist Autor des Buches: Weltreise eines Kapitalisten


    Rainer Zitelmann
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    Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker, Politikwissenschaftler und Soziologe - und zugleich ein erfolgreicher Investor. Er hat zahlreiche Bücher auch zu den Themen Wirtschaft und Finanzen* geschrieben und herausgegeben, viele davon sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. * Werbelink
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    Verfasst von Rainer Zitelmann
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