Vorsorgedepot

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    Gesetzliches Rentensystem mit Finanzierungsproblem

    Andere Länder machen es vor: Aktienrenten haben das Potenzial, die Rentenlücke zu verkleinern oder sogar zu schließen. Was sich hinter dem Begriff verbirgt, erfahren Sie hier.

    Vorsorgedepot - Gesetzliches Rentensystem mit Finanzierungsproblem

    Das gesetzliche Rentensystem steht in Deutschland vor einem Finanzierungsproblem: Es gibt immer mehr Rentner (die auch noch viel älter werden) und immer weniger Menschen, die in die Rentenversicherung einzahlen.

    Für das Rentensystem ist dies deshalb ein Problem, weil es durch Umlagen finanziert wird: Die erwerbstätigen Menschen erwirtschaften die Rente für die nicht mehr erwerbstätigen. Bei einer alternden Bevölkerung heißt das, dass es immer weniger Menschen werden, die eine immer größere Bevölkerungsgruppe mitfinanzieren müssen. Die Folgen: finanzielle Mehrbelastung der arbeitenden Bevölkerung, Rentenkürzungen, größerer Bedarf an staatlichen Subventionen.

    Im Klartext bedeutet das: Die Altersvorsorge in Deutschland ist in ihrer aktuellen Form nicht finanzierbar und muss zwingend reformiert werden. Da es unwahrscheinlich ist, dass eine adäquate und langfristig tragbare Lösung für die gesetzliche Rente gefunden wird, muss die Rentenlücke über staatlich geförderte private Altersvorsorgen geschlossen werden.

    In Deutschland wurden zu diesem Zweck die Rürup-Rente und die Riester-Rente eingeführt – Programme, die als gescheitert bezeichnet werden können. Nun plant das Bundesfinanzministerium (BMF), neben dem Generationenkapital (auch Aktienrente genannt) die Einführung eines „Altersvorsorgedepots“.

    Staatlich geförderte private Altersvorsorge

    2002 und 2005 wurden in Deutschland zunächst die Riester- und dann die Rürup-Rente eingeführt – private Rentenversicherungen, die durch den Staat gefördert werden. Ihr Ziel, die Rentenlücke zu schließen, haben die beiden Projekte verfehlt; gleichzeitig kosten sie den Staat pro Jahr drei Milliarden Euro.  

    So ist es nicht verwunderlich, dass Riester- und Rürup-Rente bei der Bevölkerung stark in der Kritik stehen. Die Riester-Rente bietet beispielsweise eine Garantie auf eingezahlte Beträge. In der Theorie klingt dies erst mal gut, allerdings sorgen die staatlichen Garantievorschriften dafür, dass in Negativ- und Niedrigzinsphasen keine Renditen erwirtschaftet werden können. Teilweise geht es sogar so weit, dass das Geld nach dieser Zeit aufgrund der Garantievorgaben bis zur Rente keine Renditen mehr erwirtschaften kann.

    Rürup- und Riesterrente werden beide staatlich gefördert und bieten Steuervergünstigungen für die Versicherten. Die Investition der Beiträge erfolgt zwingend in Versicherungen oder versicherungsähnliche Lösungen. In der Theorie können dies auch Investmentfonds, Index-Fonds oder ETFs sein – tatsächlich waren aber bisher die meisten Verträge klassische Lebensversicherungen ohne Wertpapieranteil – außerordentlich teuer und somit von Vorteil für Vertriebsmenschen, aber eben nicht für die künftigen Rentnerinnen und Rentner. Auch eine Investition in Index-Policen ist möglich. Hier warnt aber selbst Stiftung Warentest: Finger weg!

    Zusätzlich zu den bereits erwähnten Problemen teilen sich Rüster- und Rürup-Rente – zum Leidwesen der Versicherten und Interessenten – die Komplexität sowie die hohen Verwaltungskosten und Abschlussprovisionen: So ist die Berechnung und Beantragung der staatlichen Zulagen bei der Riester-Rente kompliziert und verbürokratisiert, während bei der Rürup-Rente insbesondere die genauen steuerlichen Auswirkungen sehr komplex sind und von individuellen Faktoren wie dem Einkommen und dem Steuersatz abhängen. Bei den Kostenstrukturen stehen beide Rentenformen in der Kritik: Die hohen Kosten führen zu starker Beeinträchtigung der Rendite – und die Strukturen sind häufig intransparent.

    Third time’s a charm: Das Altersvorsorgedepot

    Beim dritten Mal wird’s endlich gut – das ist zumindest die Hoffnung, die das BMF und die Erwerbstätigen in Bezug auf das kommende Gesetz teilen. Ein Blick auf die Lösungsansätze anderer Länder zeigt, dass eine erfolgreiche Umsetzung möglich ist.

    Der größte Unterschied zur umlagefinanzierten gesetzlichen Altersversicherung ist, dass das Altersvorsorgedepot – wie auch die Rürup- und die Riester-Rente – kapitalgedeckt ist. Es werden also nicht die laufenden Erträge der Erwerbstätigen direkt zur Finanzierung der Renten der aktuellen Rentner verwendet. Stattdessen werden die Beiträge der Anlegerinnen und Anleger regelmäßig in ein separates Depot eingezahlt und in Kapitalmarktprodukte investiert.

    Verschiedene Modelle der Vorsorgedepots

    Der Grundgedanke ist bei allen Modellen der der staatlich geförderten Aktieninvestments der gleiche: durch langfristige Investitionen am Kapitalmarkt am weltweiten Wirtschaftswachstum partizipieren, um im Alter die Erträge als Rente ausgezahlt zu bekommen – und dabei vor allem vom Zinseszinseffekt zu profitieren, der bei langen Laufzeiten stark ins Gewicht fällt.

    Rechenbeispiel Zinseszins: Aus 48.000 Euro werden knapp 250.000 Euro

    Ein Anleger investiert über zwei verschiedene Sparpläne monatlich 100 Euro mit vorschüssiger Einzahlung. Bei dem einen Sparplan lässt er sich jährlich die Rendite auszahlen, bei dem anderen lässt er sie reinvestieren (thesaurieren). Für das Beispiel nehmen wir eine Rendite von 7,0 Prozent pro Jahr an – angelehnt an die durchschnittliche jährliche Rendite des MSCI World.  

    Während bei dem ersten Sparplan jeweils nur der Anlagebetrag verzinst wird, werden bei dem zweiten Sparplan auch die Renditen mitverzinst. Es kommt zum Zinseszinseffekt. Nach einem Jahr zeigt ist das Kapital in beiden ersten Fällen gleich stark gewachsen – je länger das Investment aber läuft, desto gravierender der Unterschied. Mit dem monatlichen Sparbeitrag lassen sich die Gewinne noch weiter vervielfältigen.  

     

      Sparplan mit einfachem Zins (Erträge werden ausgezahlt) Sparplan mit Zinseszins (Erträge werden thesauriert, also reinvestiert) Eingezahltes Kapital 
    Kapital nach 1 Jahr 1.245,50 Euro  1.245,50 Euro  1.200 Euro
    Kapital nach 2 Jahren 2.575,00 Euro  2.587,19 Euro  2.400 Euro
    Kapital nach 10 Jahren 16235,00 Euro  17.208,39 Euro  12.000 Euro
    Kapital nach 20 Jahren 40.870,00 Euro  51.059,89 Euro  24.000 Euro
    Kapital nach 40 Jahren 115,340,00 Euro  248.645,53 Euro  48.000 Euro

     

    Mit Zinseszinseffekt ist das Endkapital in unserem Beispiel also nach 40 Jahren mehr als doppelt so hoch wie ohne Zinseszins – und gut 200.000 Euro mehr als das angelegte Kapital. Bei Kapitalmarktprodukten ohne festen Zinscoupon variiert die Rendite natürlich von Jahr zu Jahr – der Zinseszinseffekt greift aber trotzdem. 

     

    Welche Anlageprodukte bei den Vorsorgedepots im Mittelpunkt stehen, inwieweit der Staat Anreize schafft und ob sie Teil des gesetzlichen Rentensystems ist oder diese nur als private Altersversicherung ergänzt, unterscheidet sich von Land zu Land.

    In Schweden und Norwegen beispielsweise ist die Aktienrente Teil der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Herangehensweisen sind aber unterschiedlich: So wird der norwegische Rententopf aus den Erträgen des Staatsfonds „Government Pension Fund Global“ gespeist, der sich wiederum aus staatlichen Öleinnahmen finanziert. In Schweden fließt ein Teil der Beiträge aus der gesetzlichen Rentenversicherung in staatlich verwaltete Pensionsfonds, ein kleinerer Teil wird in von den Erwerbstätigen individuell ausgesuchte Fonds investiert. Ähnlich dem norwegischen Staatsfonds hat übrigens auch das BMF die sogenannte „Stiftung Generationenkapital“ auf den Weg gebracht: Ein von Darlehen aus dem Bundeshaushalt und Eigenmitteln gespeister Fonds soll zukünftig durch seine Erträge die Rentenkasse polstern.

    Australien und auch die USA verfügen über staatlich geförderte Vorsorgedepot-Modelle. Hier können die Anlegerinnen und Anleger selbstständig Beiträge leisten und diese in eine Vielzahl an Investmentfonds (einschließlich Aktienfonds, Anleihenfonds und ETFs) investieren. Eine gewisse staatliche Regulierung erfolgt auch hier: Die Anlageprodukte müssen in der Regel gewisse Auflagen erfüllen, um für die staatliche Förderung in Frage zu kommen. Das vom BMF geplante deutsche Aktersvorsorgedepot fällt in diese Kategorie: Geplant ist, dass Anlegerinnen und Anleger über ein separates Depot in Aktien, Fonds und ETFs, möglicherweise auch Anleihen und Derivate investieren. Die Erträge aus den Investitionen bleiben bis zu einem festgelegten Anlagebetrag steuerfrei, solange sie im Depot verbleiben.

    Vorteile des Vorsorgedepots

    Verglichen mit der gesetzlichen Altersvorsorge sind die Menschen nicht darauf angewiesen, dass bei Renteneintritt genügend Erwerbstätige vorhanden sind, die die Rente finanzieren können, da die Menschen im Rahmen des Vorsorgedepots für sich selbst vorsorgen. Sie stellt also eine kapitalgedeckte Ergänzung zur umlagefinanzierten Rentenversicherung dar.

    Ebenfalls von Vorteil ist die – insbesondere im Gegensatz zu Rürup- und Riester-Rente – einfache Struktur. Dies sorgt für mehr Transparenz und Verständlichkeit. Auch die Kosten sind einfacher zu verstehen – und fallen höchstwahrscheinlich im Vergleich mit den beiden R-Renten deutlich geringer aus, je nach Bank bzw. Broker sogar verschwindend gering. Damit würde ein erheblich größerer Anteil der eingezahlten Beiträge auch tatsächlich in die Altersvorsorge fließen – im Gegensatz zu Riester- und Rürup-Rente hat sie also das Potenzial, maßgeblich zur Schließung der Rentenlücke beizutragen.

    Auch das Renditepotenzial ist bei dem Vorsorgedepot deutlich höher. Zwar gehen mit der größeren Rendite-Chance auch höhere Risiken einher, ein Blick in die Vergangenheit zeigt aber, dass die Märkte weltweit langfristig stetig mit hohen Rendten wachsen – trotz zwischenzeitlicher Rückschläge.

    Wer aber dennoch lieber auf konservative Kapitalanlagen setzt, kann auch dies tun – dafür sorgt das hohe Maß an Individualisierbarkeit. Da die Depots von den Anlegenden selbst gemanagt werden, können diese es frei nach ihren Wünschen und dem bevorzugten Risiko-Rendite-Profil gestalten. Von Anleihen über breit gestreute Fonds und ETFs hin zu Einzelaktien soll alles dabei sein.

    Fazit: Stattlich geförderte Vorsorgedepots bieten großes Potenzial

    Dass das deutsche Rentensystem eine Reform benötigt, ist nicht von der Hand zu weisen. Mit dem Vorsorgedepot wird allen, die ihre Rente aufpolstern wollen, eine transparente und einfach zu verstehende Lösung mit großem Renditepotenzial an die Hand gegeben. Das Interesse dürfte gegeben sein: In den vergangenen Jahren ist die Zahl der ETF-Sparer in Deutschland dramatisch gestiegen: Zwischen 2014 und 2023 hat sich die Anzahl der ETF-Sparpläne von 0,2 Millionen auf 7,1 Millionen erhöht – und das ohne spezielle Förderung durch den Staat.

    Das Vorsorgedepot hat nicht nur das Potenzial, die Rentenlücke zu schließen – sie könnte sogar dazu beitragen, die Anlegerkultur in Deutschland zu verändern. In der Vergangenheit hat sich bewahrheitet, dass eine regelmäßige Nachfrage nach Kapitalmarktprodukten die Finanzmärkte stabilisiert. Zudem kann eine breite Kapitalbildung durch Vorsorgedepots das Wirtschaftswachstum fördern, indem sie Investitionen in Unternehmen unterstützt und zur Kapitalverfügbarkeit beiträgt.  Das bedeutet also: Je mehr Menschen das Angebot des Vorsorgedepots annehmen, desto besser. Eine hohe Beteiligung hat zudem das Potenzial, die soziale Akzeptanz des Systems erhöhen und es für politische Entscheidungsträger attraktiver machen, das System zu unterstützen oder auszubauen. Dies könnte auch zu verbesserten regulatorischen Rahmenbedingungen und zusätzlichen staatlichen Anreizen führen. Und nicht nur das: Es dürfte auch zu einer hohen Akzeptanz von ETFs und Aktien führen und so dafür sorgen, dass die Menschen auch außerhalb des Vorsorgedepots in Wertpapiere investieren und damit ein Vermögen aufbauen können. Andere Länder – wie beispielsweise die USA – haben dies mit Bravour vorgemacht.

    Autorin: Kerstin Krüsemann


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    In einer Zeit zunehmender Unsicherheit in den gesetzlichen Rentensystemen gewinnt die private Altersvorsorge immer mehr an Bedeutung. Das geplante Vorsorgedepot bietet eine attraktive Möglichkeit, um systematisch ein finanzielles Polster für den Ruhestand aufzubauen. Folgt uns, wir halten Euch über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden.

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