Interview der Woche
Andreas Beck: So bringt man das Portfolio gut durch die Krise!
Bisher schien der DAX 2024 unerschütterlich, doch nun weht ein Hauch von Panik durch den Markt. Am Tag des Marktbebens am Montag sprach wallstreetONLINE mit dem Mathematiker und Portfolio-Experten Andreas Beck.
- DAX unter Druck: Panik und hohe Volatilität steigen.
- Deutsche Wirtschaft leidet: Produktion ins Ausland verlagert.
- Bürokratie und Energiekosten belasten deutsche Firmen stark.
- Report: Drei potenzielle Vervielfacher aus Osteuropa
wallstreetONLINE: Herr Beck, Crash und Panik gehören ja nicht zu ihrem Vokabular, aber wenn sie nüchtern mathematisch sich den DAX anschauen, wie lautet da eigentlich ihre
Analyse?
Andreas Beck: Ja, der DAX hat jetzt ordentlich verloren. Jetzt hätte man gerne eine klare Aussage dazu, warum das gerade jetzt passiert ist. Aber wenn man sich in den Handelsräumen
umhört, dann bekommt man Argumente wie Goldman Sachs hat die Rezessionsgefahr in den USA von 15 Prozent auf 25 Prozent erhöht. Das sind so Aussagen, die in anderen Marktphasen auch gar nichts
bewegen.
Insofern sind es oft eigene Marktdynamiken, die dazu führen, dass die Kurse so einbrechen oder dann auch sich selbst wieder fangen. Aber was auf jeden Fall zum Beispiel am DAX heute eigenartig ist,
dass auf der einen Seite die Werte mit wahnsinnig viel Fantasie eines Zalando zum Beispiel zu den größten Verlierern gehören. Das würde man erwarten, wenn so ein bisschen die Euphorie aus dem Markt
rausgeht. Aber auch Unternehmen wie Vonovia, die sehr stark profitieren würden, wenn die Zinsen stark fallen, was damit einhergeht mit der Rezessionsgefahr, die Erwartung, dass die Zinsen dann
schneller gesenkt werden, dass die auch zu den top Verlierern gehören. Und so sieht man, da wird im Moment nicht viel unterschieden. Wer zu viele Aktien hat, der muss die jetzt halt abbauen.
wallstreetONLINE: Das ist sozusagen eine Korrektur oder ein Crash auf Raten in breiter Front?
Andreas Beck: Das weiß man erst hinterher, aber man muss sich überlegen, wie so Wertpapiere bewertet werden. Was ist der faire Wert einer Aktie? Da sind die Standardsysteme so,
dass sie die Kursschwankungen des Wertpapiers anschauen, und wenn die sehr gering sind, die Kursschwankungen, dann wird eine geringe Risikoprämie gefordert, um den fairen Wert zu ermitteln.
Wir hatten jetzt lange eine Phase mit geringer Volatilität und damit konnten die Aktien sehr teuer sein und in den Systemen sahen sie immer noch fair bewertet aus. Jetzt brechen die Werte ein. Sie sind jetzt doch zwei, drei Tage sehr stark unter Druck geraten und die Volatilität ist sehr, sehr hoch geworden. Und das bemerkenswerte ist jetzt, dass diese Werte eingebrochen sind, aber in diesen Standard Bewertungssystemen schauen sie trotzdem teurer aus als vorher. weil jetzt auf einmal sind sie ja sehr risikoreich, weil so starke Schwankungen in den historischen Kursen drinstecken. Und dafür müssten höhere Risikoprämien drinstecken, als sie im Moment bieten.
Das erklärt dann auch immer diese Dynamiken, die entstehen, dass die Stimmung ist besser. Je besser die Stimmung, umso besser wird sie, weil die Volatilität immer geringer wird, also die
Schwankungen. Dann kann man ja eh gar nichts mehr falsch machen. Und Microsoft gewinnt ja sowieso immer. Dann bricht sie halt doch mal ein. Dann merken die ersten, dass sie da ihre Risikobudgets
falsch allokiert haben, dass vielleicht die Risikopositionen zu hoch sind in ihrem Portfolio. Dann müssen sie raus. Wenn da viele raus müssen, dann bricht der Markt noch mal ein, weil halt viel
Verkaufsdruck ist. Dadurch wird es natürlich noch riskanter in den Kennzahlen, dann müssen noch mehr raus. Und dann kommen so ganz absurde, scharfe Ein, Einbrüche, die man auch nicht wirklich
erklären kann.
wallstreetONLINE: Das ist ja vor allen Dingen auch eine technische Erklärung oder eine Sentiment-Erklärung. Aber auf der anderen Seite sehen wir die deutsche Wirtschaft, die das
zweite Quartal in Folge schrumpft. Da haben sich ja auch die Aussichten verdüstert.
Andreas Beck: Um die deutsche Wirtschaft steht es sehr schlecht. Die deutsche Industrie und Handelskammer hat eine Umfrage gemacht bei 3300 Unternehmen. Und ich glaube, 37 Prozent
war die Zahl der Unternehmen, die angegeben haben, dass sie Produktion ins Ausland verlagern oder im Ausland aufbauen.
Ein größeres Alarmsignal für die deutsche Wirtschaft kann man gar nicht sehen. Und für mich noch ein Alarmsignal ist, dass das Hauptproblem die Bürokratie ist, die so im Wechselspiel mit der EU immer neue Dimensionen erreicht. Jetzt gerade in den Nachhaltigkeitsthemen sieht man das. Da ist den Unternehmen einfach klar, dass die ganzen Versprechen der Politik, dass die Bürokratie weniger wird, die können gar nicht wahr werden.
Denn wenn man sich anschaut, wir haben Menschen, die für die EU in den Institutionen arbeiten. Menschen, gut ausgebildet, hochbezahlt, arbeiten jeden Tag daran, sich neue Richtlinien auszudenken, die unser Leben besser machen sollen. Insofern, es ist überhaupt keine Perspektive, dass das mit der Bürokratie in den Griff bekommt.
Und diesen spezifischen Nachteil, den haben halt andere Wirtschaftsräume nicht. Dazu kommen noch die hohen Energiekosten, hier die schlechte Infrastruktur und andere Themen. Also für die deutsche
Wirtschaft sieht es insgesamt schlecht aus, aber alles, was ich jetzt sage, das hätte man vor einem Monat oder vor zwei Monaten oder vor drei Monaten auch schon sagen können und trotzdem ist der
DAX gestiegen. Deswegen muss man immer vorsichtig sein, dass man sich nicht nachher verplausibilisiert.
wallstreetONLINE: Okay, eine überbordende Bürokratie auf der einen Seite, hohe Energiekosten, das haben ja die USA nicht, sie hatten sie vorhin schon angesprochen, aber auch die
jüngsten Konjunkturen, vor allem die Arbeitsmarktdaten aus den USA scheinen ja auch den Schluss nahezulegen, dass die Wirtschaft dort auch nicht so wirklich rund läuft und dass von dort aus auch
wirklich Gegenwind kommt.
Andreas Beck: Gut, die USA Aktienmärkte sind halt getrieben von wenigen IT Unternehmen und Internetunternehmen, die den ganzen Markt hochgezogen haben. Also das sind vielleicht 10
Unternehmen, die den Markt getrieben haben. Wenn ich den S&P 500 ohne diese 10 Werte genommen habe, dann war er dieses Jahr nicht einmal...
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