Interview der Woche
Klude: Darum geht es den DAX-Unternehmen besser als der deutschen Wirtschaft
Trotz schwacher Wirtschaft und politischen Turbulenzen kletterte der DAX auf neue Höchststände. Carsten Klude von MM Warburg erklärt im Interview mit wo TV, warum deutsche Unternehmen trotzdem erfolgreich sind.
- DAX erreicht Höchststände trotz schwacher Wirtschaft.
- Unternehmen profitieren von internationaler Diversifikation.
- Zinsänderungen der EZB könnten zweite Reihe unterstützen.
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wallstreetONLINE: Herr Klude, lassen sie uns doch mal mit dem DAX beginnen. Der DAX im Höhenflug, die Wirtschaft im Sinkflug. Wie erklären sie sich das und vor allen Dingen, wie
erklären sie das den Privatanlegern?
Carsten Klude: Ja, das muss man tatsächlich erklären, weil die meisten Leute schütteln ja angesichts der aktuellen Kursbewegung wirklich verwundert den Kopf. Sie haben es gesagt,
wir haben eigentlich ganz viele negative Nachrichten, sei es von der Wirtschaft, sei es von den Unternehmen. Die politische Lage ist kompliziert, wir haben jetzt gerade Landtagswahlen, auch nicht
mit Ergebnissen, die alle rundum glücklich machen und trotzdem ist der DAX da relativ unbeirrt.
Trotz alledem finden wir hier bei Warburg, dass diese Entwicklung durchaus plausibel und nachvollziehbar ist. Wenn man sich die DAX Unternehmen mal in der Gesamtheit anschaut, das sind ja 40 deutsche Unternehmen, dann muss man sagen, in der Gesamtheit geht es den Unternehmen, einigen vielleicht auch überraschenderweise, gar nicht schlecht, sondern vielleicht sogar ganz gut. Wir machen das vor allen Dingen an der Gewinn- und Umsatzentwicklung fest. Und da stellt man fest, wenn man sich die Zahlen mal anschaut, dass die DAX Gewinne in diesem Jahr wachsen werden, also sich besser entwickeln als im Jahr 2023.
Und für 2025 wird ähnliches erwartet. Wenn man sieht, wir haben Rekordgewinne, da passen auch Rekordkurse durchaus dazu. Zumal man ja sagen muss, gerade der deutsche Aktienmarkt, der DAX ist ja
nicht irgendwie ambitioniert und hoch bewertet. Das haben wir vielleicht eher in den USA bei einzelnen Aktien. Aber für den DAX in der Breite und in der Gesamtheit ein Kursgewinnverhältnis von
etwas mehr als 12, das ist keineswegs teuer. Und das zeigt auch, dass diese Kursentwicklung, diese Kursrallye durchaus auch noch weitergehen kann.
wallstreetONLINE: Diese Antwort stellt mich nicht ganz zufrieden, Herr Klude. Denn wie ist es denn zu erklären, ein schlechtes wirtschaftliches Umfeld, in dem diese Unternehmen
agieren und dann trotzdem Rekordgewinne. Wie geht es denn?
Carsten Klude: Das schlechte wirtschaftliche Umfeld, das bezieht sich natürlich vor allem auf die deutsche Wirtschaft. Wobei auch da muss man ja ehrlicherweise sagen, das was
häufig zu hören und zu lesen ist, wir befinden uns in einer Rezession. Als Volkswirt sagt man da: Eine Rezession ist es nicht. Es ist eine Stagnation, das ist auch nicht viel besser, aber die
deutsche Wirtschaft schrumpft nicht. Sie bleibt ungefähr da, wo sie auch letztes Jahr gewesen ist und vorletztes Jahr.
Aber gerade die DAX-Unternehmen sind ja international orientiert, die machen natürlich einen Großteil ihrer Umsätze nicht in Deutschland, sondern außerhalb Deutschlands, in der Eurozone, in Amerika, in China, in Asien, Lateinamerika. Und das ist der Schlüssel zum Erfolg, dass diese Unternehmen breit diversifiziert sind, in den Produkten, die sie anbieten und verkaufen, aber auch in ihren Absatzmärkten. Und insofern ist diese schlechte Entwicklung, die wir hier in Deutschland haben, nicht repräsentativ für die DAX-Unternehmen, sondern da muss man gucken, wie sich die Weltwirtschaft entwickelt. Die wächst auch nicht bombastisch.
Wir haben kein wirklich superstarkes wirtschaftliches Wachstum, aber wir haben wirtschaftliches Wachstum. Unternehmensgewinne sind ja auch immer eine nominale Größe. Da kommt dann die Inflationsentwicklung ja auch in einer positiven Lesart oben dazu. Und das führt dazu, dass die Gewinne in diesem Jahr eben um fünf oder sechs Prozent wachsen und im nächsten Jahr vielleicht nochmal um 10 Prozent. Das macht den Schlüssel zum Erfolg aus.
wallstreetONLINE: Also den DAX-Unternehmen geht es einfach deswegen gut, weil sie international tätig sind. Da kann das wirtschaftliche Umfeld so schlecht sein, wie es will. Die
Gewinne werden anderenorts gemacht.
Carsten Klude: Ganz genau so ist es. Und da muss man tatsächlich dann eher schauen, was macht die Weltwirtschaft, was machen die USA? Die USA sind unser größter
Außenhandelspartner, da gehen der Großteil unserer Exporte hin. Und das amerikanische Wirtschaftswachstum ist ja überraschend stabil geblieben. Da hatte man ja auch immer befürchtet, dass es dort
zu einer Rezession oder zu einer wirtschaftlichen Abschwächung kommen könnte. Die ist glücklicherweise bisher ausgeblieben und davon profitieren natürlich viele Unternehmen, auch.
wallstreetONLINE: Würde es den Unternehmen in der zweiten und dritten Reihe, in dem MDAX und dem SDAX denn helfen, wenn im September jetzt zum Beispiel die EZB die Zinsen weiter
senken würde, womit ja zu rechnen ist.
Carsten Klude: Genau, also das ist sehr, sehr wahrscheinlich, dass die EZB noch mal die Zinsen senken wird. Das Problem ist so ein bisschen, das sind ja sehr homöopathische
Zinssenkungen. 25 Basispunkte. Ja, das wird ein wenig helfen, weil gerade die Unternehmen aus der zweiten Reihe, die finanzieren sich ja doch stärker über Bankkredite, nicht so sehr über den
Kapitalmarkt. Und dann ist es für diese Unternehmen schon besser, wenn die Kreditzinsen…
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