Technische Analyse
Türkei-Urlaub bald teurer? Lira vor Aufwertung!
Reisen in die Türkei sind beliebt, auch weil sie aufgrund der in den vergangenen Jahren schwachen Lira günstig waren. Das könnte sich mittelfristig ändern.
- Reisen in die Türkei günstig durch schwache Lira.
- Erdogan beeinflusst Lira mit unberechenbaren Äußerungen.
- Mögliche Aufwertung der Lira, Touristen betroffen.
- Report: Nach der Korrektur – 3 Kupferproduzenten für das Comeback
Gegenüber dem Euro hat die Türkische Lira in den vergangenen zehn Jahren rund 95 Prozent ihres Wertes verloren. Ursache für den Absturz der türkischen Währung sind vor allem die hohen Inflationsraten gewesen – mitverursacht durch die zum Teil erratischen Äußerungen von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan.
Mal attackierte dieser verbal die Unabhängigkeit der türkischen Zentralbank, mal forderte er diese zu Zinssenkungen auf, weil das ein geeignetes Mittel zur Inflationsbekämpfung sei. Ein anderes Mal zeichnete er ausländische Mächte für den Verfall der Lira verantwortlich und bekräftigte, dass nur göttlicher Beistand zu einer Stärkung der heimischen Währung führen könne.
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Erdogan, Inflation und Wachstumsschwäche
Dass solche Aussetzer nicht zu einer Stabilisierung des Wechselkurses führten, liegt auf der Hand. Trotz der engen wirtschaftlichen Verflechtung zwischen der Euro-Zone und der Türkei wendeten sich viele Investoren entnervt vom Währungspaar EUR/TRY ab.
Immerhin für drei Personengruppen erwies sich der anhaltende Verfall der Türkischen Lira aber als Segen. Erstens für Touristen, die das bei Urlaubern beliebte Reiseland für wenig Geld besuchen konnten. Zweitens für im Ausland lebende Türkinnen und Türken, für die Heimatbesuche günstig geworden sind und die ihren Familien finanziell umso stärker unter die Arme greifen konnten.
Auch profitierten Exporteure – das Land nimmt eine zunehmend wichtige Position im verarbeitenden Gewerbe, wie der Textil- und Automobilindustrie ein – von der schwachen Lira, da türkische Waren im Ausland preisgünstig abgesetzt werden konnten.
Ist ein Ende der Abwertung in Sicht?
Grundsätzlich dürfte diese Lage noch viele Jahre anhalten, denn eine dramatische Aufwertung der Türkischen Lira ist aufgrund der Wachstumsschwäche am Bosporus nicht in Sicht. Der Chart des Währungspaares spricht inzwischen aber für eine moderate Aufwertung der Lira – das Land könnte für ausländische Touristen künftig wieder teurer werden.
Bullishe Divergenzen kündigen Trendwende an
Gegenüber dem Euro hat die Türkische Lira zwar auch in diesem Jahr an Boden verloren, die europäische Gemeinschaftswährung befindet sich gegenüber der türkischen Währung weiter in einem Aufwärtstrend. Die Abwertung hat aber, wie der Blick in die technische Indikation zeigt, an Dynamik verloren.
Sowohl der Relative-Stärke-Index (RSI) als auch der Trendstärkeindikator MACD haben gegen den Aufwärtstrend des Euros niedrigere Hochs ausgebildet. Damit wird die Abwertung der Lira technisch nicht länger unterstützt. Insbesondere im RSI liegt schon seit zweieinhalb Jahren eine wachsende bullishe Divergenz vor. Das deutet auf eine mögliche Trendwende in der Zukunft hin.
Eine erste dynamischere Aufwertung der Lira könnte erfolgen, wenn das Währungspaar unter die 50-Tage-Linie fällt, in deren unmittelbarer Nähe auch die Unterkante des aktuellen Aufwärtstrendkanals verläuft. In diesem Fall wäre ein Kurs von 35 Lira pro Euro zu erwarten.
Kurzfristige Top-Bildung, nachlassende Abwertungsdynamik
Ein ähnliches Bild ergibt sich auch beim Blick in den 52-Wochen-Chart. Hier ist im Bereich von 37,50 bis 38,50 Lira je Euro eine Top-Bildung zu erkennen, die von einem Abpraller an der Aufwärtstrendoberkante ausgeht. Die für einen ersten Impuls zu beobachtende Unterstützung liegt bei etwa 37 Lira.
Auch im Tageschart zeigen sich die im Wochenchart zu beobachtenden Divergenzen. Die letzten Verlaufshochs des Euros gegenüber der Lira sind technisch nicht mehr bestätigt worden, vor allem der RSI zeigt eine Reihe niedrigerer Hochs. Zwar liegen auf Tagesebene noch keine klaren bullishen Divergenzen vor, in RSI und MACD ist aber eine klare Bodenbildung zu erkennen.
Hoffnung für eine anhaltende Aufwertung der Lira macht außerdem. dass der MACD unter seine Signallinie gefallen ist und damit eine nachlassende Aufwärtsdynamik anzeigt. Das Unterschreiten der (roten) Signallinie führt im Kurs häufig entweder zu einer anhaltenden Seitwärtskonsolidierung oder aber zu einer Abwärtsbewegung.
Fazit: Ein erster Aufwertungsimpuls könnte unmittelbar bevorstehen
Noch wertet die Lira gegenüber dem Euro ab. Der Blick in die technische Indikation des Währungspaares verrät jedoch, dass diese an Dynamik verliert und die Lira mittelfristig vor einer Aufwertungsbewegung stehen könnte, insbesondere wenn das Währungspaar den aktuellen Trendkanal verlässt. Für Inländer wäre das ein Segen, da Importgüter so wieder erschwinglicher werden würden. Touristen und im Ausland lebende Türkinnen und Türken hätten hingegen das Nachsehen.
Zunichte würde eine mittelfristige Aufwertung der Türkischen Lira machen, wenn das Währungspaar aus dem Aufwärtstrendkanal nach oben ausbricht. Das wäre aktuell für einen Kurs von etwa 39 Lira je Euro der Fall.
Dieser ist derzeit jedoch nicht zu erwarten, denn die türkische Inflation befindet sich mittlerweile auf dem Rückzug – im August betrug der Verbraucherpreisanstieg gegenüber dem Vorjahr "nur" noch 52 Prozent. Im Juli hatte er noch bei 62 Prozent gelegen, im Juni sogar 71,6 Prozent. Solange die Teuerung nicht wieder anzieht, stehen die Zeichen auf eine Aufwertung der Lira.
Autor: Max Gross, wallstreetONLINE Redaktion
*ab 500 Euro Ordervolumen, zzgl. marktüblicher Spreads und Zuwendungen