Inversion beendet
Bond-Renditekurve normalisiert: Wie sollten sich Investoren jetzt positionieren?
Die Renditekurve bei Anleihen hat sich normalisiert und ist nicht mehr invertiert. Doch was genau bedeutet das für Bond-Anleger und wie sollten sie sich jetzt positionieren?
- Renditekurve normalisiert, stabilere Anlagestrategien nötig.
- Mittlere Laufzeiten bieten attraktive Renditen, weniger Risiko.
- Langfristige Anleihen riskant, wirtschaftliche Unsicherheiten.
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Nach etwa zwei Jahren der Inversion hat sich die Bond-Renditekurve endlich normalisiert. Dies ist eine bedeutende Entwicklung auf den Finanzmärkten und hat direkte Auswirkungen auf die Anlagestrategien von Investoren. Die Normalisierung der Kurve – bei der längerfristige Anleihen wieder höhere Renditen als kurzfristige Papiere bieten – bringt nicht nur Stabilität, sondern signalisiert auch eine klare Richtung für die nächsten Monate.
Für Bond-Investoren ist dies ein Wendepunkt, der über die nächsten Schritte bei der Portfolioausrichtung entscheiden kann. Denn in einem solchen Umfeld ergeben sich neue Chancen, aber auch Risiken. Experten empfehlen jetzt, verstärkt auf Anleihen mit mittleren Laufzeiten zu setzen, da diese attraktive Renditen bieten, während allzu lange Laufzeiten ein erhöhtes Volatilitätsrisiko mit sich bringen könnten.
Die Bedeutung der normalisierten Renditekurve
Die Renditekurve zeigt das Verhältnis der Renditen von Anleihen unterschiedlicher Laufzeiten an, wobei längere Laufzeiten in der Regel höhere Renditen bieten. Das Phänomen der Inversion – bei der kurzfristige Anleihen mehr abwerfen als langfristige – deutet häufig auf eine bevorstehende wirtschaftliche Abschwächung hin. Genau das war in den letzten zwei Jahren der Fall.
"Wir haben für eine signifikante Zeitspanne eine deutliche Inversion gesehen", erklärt Dominic Pappalardo, Chefstratege für Multi-Asset-Strategien bei Morningstar Investment Management. Diese Inversion führte dazu, dass viele Investoren vermehrt auf kurzfristige Anleihen setzten, da diese eine höhere Rendite bei geringem Risiko boten. Doch die Normalisierung der Kurve signalisiert jetzt eine Veränderung.
Was steckt hinter der Normalisierung?
Die Normalisierung ist vor allem auf die Anzeichen zurückzuführen, dass die Notenbanken die Leitzinsen bald senken werden. Kurzfristige Anleihen folgen in der Regel eng der Zinspolitik der Zentralbanken. Seit die Fed andeutete, dass sie in naher Zukunft die Zinsen senken könnte, sind die Renditen von Kurzläufern gesunken, was die Kurve wieder in eine aufsteigende Linie verwandelt hat.
"Die Normalisierung der Renditekurve bestätigt was wir bereits wissen: Die Fed ist bereit, mehr geldpolitische Lockerungen zu bieten, um die Wirtschaft auf einem besseren Kurs zu halten", erläutert Matthew Diczok, Leiter der Strategie für festverzinsliche Wertpapiere im Chief Investment Office von Merrill Lynch und Bank of America Private Bank. Damit spiegelt die Kurve wider, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stabilisieren – ein Zeichen, das Investoren nicht ignorieren sollten.
Wie sollten sich Investoren positionieren?
Da kurzfristige Anleihen nun weniger attraktiv sind, wird es für Investoren wichtig, sich neu zu positionieren. Ein wesentlicher Punkt ist, dass die ehemals "sicheren" Renditen von Geldmarktkonten und kurzfristigen Anleihen nun zunehmend unattraktiver werden. Dies könnte viele Anleger dazu veranlassen, nach Alternativen zu suchen, die nicht nur Stabilität, sondern auch Renditechancen bieten.
"Da die Kurve nicht mehr invertiert ist, werfen kurzfristige Anleihen nicht mehr höhere Renditen ab als längere Laufzeiten", sagt Patrick Klein, Portfoliomanager bei Franklin Templeton. Er empfiehlt daher, sich nach Anleihen mit mittleren Laufzeiten – also drei bis sieben Jahren – umzusehen, um von den stabileren Renditen zu profitieren, die solche Papiere bieten. Diese Anleihen bieten ein gutes Gleichgewicht zwischen Risiko und Ertrag, insbesondere in Zeiten eines sich abzeichnenden wirtschaftlichen Aufschwungs.
Vorsicht bei langfristigen Anleihen
Während Anleihen mit mittleren Laufzeiten derzeit als solide Wahl gelten, warnen Experten vor den Risiken sehr langfristiger Anleihen. Diese könnten durch wirtschaftliche Unsicherheiten oder Veränderungen in der Zinslandschaft stark an Wert verlieren.
Ein sogenanntes "bull steepening" der Kurve – bei dem die Renditen am kurzen Ende schneller fallen als am langen – könnte kurzfristige Chancen bieten. Langfristige Anleihen sind jedoch anfällig für Marktverwerfungen, insbesondere wenn die wirtschaftlichen Aussichten unklar bleiben. Ein "bear steepening", bei dem die längerfristigen Renditen schneller steigen als die kürzeren, könnte auf ein bevorstehendes Inflationsrisiko hinweisen.
Fazit für Bond-Investoren
Die Normalisierung der Renditekurve bedeutet, dass das Umfeld für Bond-Investoren stabiler und berechenbarer wird. Dennoch sollten Investoren jetzt mit Bedacht vorgehen. Cash-ähnliche Anlagen wie Geldmarktfonds oder ultrakurzfristige Anleihen, die in den letzten Monaten noch attraktive Renditen boten, verlieren an Reiz. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, sich auf Anleihen mit mittleren Laufzeiten zu konzentrieren, um ein stabiles und diversifiziertes Portfolio zu schaffen.
Diczok fasst es zusammen: "Wer keine sehr guten Gründe für eine andere Wahl hat, sollte sich bei einer durchschnittlichen Laufzeit von etwa sechs Jahren positionieren." Dies sei ein guter Ausgangspunkt für Investoren, die ihre Portfolios gegen makroökonomische Risiken absichern und gleichzeitig von stabilen Renditen profitieren wollen.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion