Earnings Preview
Anleger wollen es jetzt wissen: Bei ASML, Netflix, Taiwan Semiconductor und Co.
Diese in den kommenden Tagen (KW42) anstehenden US-Quartalszahlen müssen Anleger kennen: Herausforderungen, Erwartungen und die aktuell eingepreisten Kursreaktionen – alles auf einen Blick!
Dienstag, 15. Oktober: UnitedHealth
Angesichts des Desasters bei Humana, einem der schärfsten Konkurrenten des größten privaten Krankenversicherers der Welt, dürften bei UnitedHealth zuletzt die Sektkorken geknallt haben, denn Humana hat für seinen größten und wichtigsten Versicherungsplan ein Downgrade durch die für Krankenversicherungen zuständige US-Behörde CMS erhalten. Das könnte viele Versicherte zu einem Wechsel bewegen.
In den vergangenen Wochen profitierte UnitedHealth, das seine Quartalszahlen am Dienstagmittag vorlegen wird, außerdem davon, dass die Zinsen angesichts der über den Erwartungen ausgefallenen US-Inflationsdaten über längere Zeit hoch bleiben könnten. Der zuletzt am Bond-Markt zu verzeichnende Renditenanstieg wird jedenfalls für stärkere Zinserträge sorgen, als in den vergangenen Monaten noch abzusehen war.
Für das abgelaufene Quartal rechnen Analysten mit Erlösen in Höhe von 99,28 Milliarden US-Dollar, während sich der bereinigte Gewinn (Non-GAAP) auf 7,03 US-Dollar je Anteilsschein belaufen soll. Im selben Quartal des vergangenen Jahres hatte das Unternehmen einen Umsatz von 92,36 Milliarden US-Dollar und einen Ertrag von 6,56 US-Dollar pro Aktie erzielt. Gerechnet wird also mit Anstieg von jeweils rund 7 Prozent.
Händler am Optionsmarkt sind skeptisch, ob selbst ein über den Erwartungen liegendes Ergebnis zu höheren Kursen führen wird. Derzeit liegen 53,2 Prozent der am Freitag auslaufenden Kontrakte auf der Put-Seite und 46,8 Prozent auf der Call-Seite, während eine Kursbewegung von 4,8 Prozent eingepreist ist, was einen überdurchschnittlich hohen Wert darstellt. Möglicherweise hängt das damit zusammen, dass die Aktie mit einem KGVe (2024) von 21,6 rund 5 Prozent über ihrem historischen Bewertungsmittel liegt.
Donnerstag, 17. Oktober: Taiwan Semiconductor
Die bereits in der vergangenen Woche präsentierten konsolidierten Monatsumsätze deuten darauf hin, dass der weltgrößte Auftragsfertiger für Halbleiterprodukte, darunter auch für die KI-Beschleuniger von Nvidia und das System-on-Chip von Apples iPhone, auf bestem Wege ist, die Erwartungen der Analysten zu schlagen und damit zu demonstrieren, dass der KI-Boom weiter mit unverminderter Dynamik voranschreitet.
Hatte Taiwan Semiconductor in seinem zuletzt veröffentlichten Quartalsbericht einen Umsatz von 22,4 bis 23,2 Milliarden US-Dollar in Aussicht gestellt, deuten die vorab veröffentlichten Zahlen mit 23,6 Milliarden US-Dollar auf ein Ergebnis über der oberen Spanne hin. Analysten rechnen derzeit noch mit 23,3 Milliarden US-Dollar und einem Gewinn von 1,79 US-Dollar pro Anteilsschein.
Zwar hat der KI-Boom dazu geführt, dass Anleger bereit sind, deutlich höhere Vielfache für Halbleiter-Aktien als in den Jahren zuvor hinzunehmen. Inzwischen ist die Bewertung der Taiwaner aber so weit fortgeschritten, dass es neben starken Zahlen auch einen besonders starken Ausblick braucht, um wenigstens das Forward-PE in einen noch angemessenen Bereich zu rücken. Für 2024 ist die Aktie mit rund dem 29-Fachen der erwarteten Gewinne bewertet, was 30 Prozent über dem langjährigen Durchschnitt liegt. Bei anderen Kennzahlen sieht es ähnlich aus.
Das dürfte wie auch bei UnitedHealth ein Grund für die Zurückhaltung am Optionsmarkt sein. Mit einem Put-Anteil von 53,8 Prozent sind Wetten auf einen fallenden Kurs leicht in der Mehrzahl – was allerdings auch damit erklärt werden kann, dass Put-Optionen am Geld derzeit günstiger sind als Call-Optionen; üblicherweise sind Put-Optionen als Absicherung gegen fallende Kurse teurer, der Optionsmarkt sieht also ein Risiko nach oben. Eingepreist ist eine Kursbewegung von 5,7 Prozent.
Donnerstag, 17. Oktober: Netflix
Mit dem niederländischen Anlagenbauer ASML und Taiwan Semiconductor legen zwar bereits vor Netflix zwei Schwergewichte der Tech-Branche ihre Zahlen vor, der Geschäftsbericht des Streaming-Dienstleisters gilt jedoch als der Auftakt für US-Werte aus dem Technologiesegment.
Die Erwartungen der Anleger haben ihren Ausdruck dabei längst gefunden, denn die Aktie ist zuletzt für Kurse oberhalb von 700 US-Dollar auf neue Allzeithochs ausgebrochen und konnte dabei die bisherigen Rekordnotierungen aus dem Jahr 2021 übertreffen. Dadurch liegt allerdings auch hier eine inzwischen sportliche Bewertung vor.
Für ein mutmaßlich zweistelliges Umsatzwachstum von 14,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal legen Investoren derzeit das 38-Fache der für das laufende Geschäftsjahr erwarteten Gewinne in Höhe von 19,17 US-Dollar pro Aktie auf den Tisch. Das abgelaufene Quartal soll hierzu 5,11 US-Dollar beitragen, nachdem vor 12 Monaten 3,73 US-Dollar je Anteilsschein erwirtschaftet wurden.
Mit Blick auf das antizipierte Gewinnwachstum von 27,0 Prozent rechnen Anleger also damit, dass sich die Monetarisierungsbemühungen des Konzerns vor allem im Bereich werbefinanzierter Abonnements und Product-Placement in Serien und Filmen ausgezahlt haben und der Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrent Walt Disney gewahrt werden konnte.
Auch bei Netflix zeigten sich Optionshändler vor den Earnings zurückhaltend. Hier liegt die Put-Quote sogar bei 56,1 Prozent, wobei viele Kontrakte zuletzt deutlich aus dem Geld gehandelt wurden, was die Erwartung einer größeren Bewegung zur Unterseite ausdrückt. Mit 7,9 Prozent liegt die implizierte Kursbewegung allerdings unter der Erwartung der vergangenen Quartale.
Freitag, 18. Oktober: American Express
Für den Finanzdienstleister herrscht aktuell die beste aller Welten: Die US-Wirtschaft ist stark, die Verbraucherinnen und Verbraucher zeigen zwar Schwäche, konsumieren aber (auch auf Pump) weiter, ohne dass es bereits zu signifikanten Kreditausfällen gekommen ist. Gleichzeitig könnten die Leitzinsen nach dem Wiederaufflammen der US-Inflation im September nun doch für längere Zeit auf einem hohen Niveau verharren, was unverändert starke Zinserträge bringt, wie bereits am Freitag die Ergebnisse der US-Großbanken JPMorgan und Wells Fargo gezeigt haben.
Am Kursanstieg von 47,4 Prozent seit dem Jahreswechsel dürfte auch Investorenlegende Warren Buffett seine große Freude haben, denn American Express ist die derzeit zweitgrößte Position im Portfolio seiner Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway. Über 40 Milliarden US-Dollar ist das Paket wert. Die Daumen für ein starkes Ergebnis dürften daher auch in Omaha gedrückt werden.
Ein solches ist mit Blick auf die Bewertung, die je nach Kennziffer zwischen 10 und 20 Prozent über dem Durchschnitt der vergangenen 5 Jahre liegt, allerdings auch nötig, zumal die letzten Quartale ein in den einstelligen Prozentbereich verlangsamtes Umsatzwachstum gezeigt haben. Auch dieses Mal wird mit Erlösen in Höhe von 16,7 Milliarden US-Dollar mit einem Anstieg von 8,3 Prozent gerechnet, was der geringste Anstieg seit 5 Jahren wäre. Der Gewinn pro Aktie soll sich auf 3,29 US-Dollar belaufen.
Der Umstand aus überdurchschnittlich hoher Bewertung und verlangsamten Wachstum führt am Optionsmarkt zu Nervosität. Mit 4,7 Prozent ist gegenüber den vergangenen Quartalen ein erhöhter Erwartungswert für die Kursbewegung eingepreist. Gleichzeitig sind 64 Prozent aller am Freitag verfallenden Optionen auf der Put-Seite zu finden, nur 36 Prozent der Anleger trauen sich derzeit, auf steigende Kurse zu wetten.
Freitag, 18. Oktober: Procter & Gamble
Neben American Express werden in der kommenden Woche auch Johnson & Johnson (bereits am Dienstag) sowie Procter & Gamble Einblick in die Verfassung der US-Verbraucherinnen und -Verbraucher geben. Beide Konsumgüterkonzerne stellen Markenprodukte am oberen Ende der Preisspanne her, haben nach der Hochinflationsphase der vergangenen Jahre also am ehesten damit zu kämpfen, dass preisbewusste Konsumenten verstärkt zu Eigen- und Handelsmarken greifen.
Diese Entwicklung hat sich bereits in den vergangenen Quartalsberichten niedergeschlagen, denn die Erlöse stagnierten. Im zuletzt veröffentlichten Geschäftsbericht stand sogar ein Umsatzrückgang von -0,1 Prozent zu Buche. Davon haben sich Anleger jedoch nicht aufhalten lassen – die Aktie notiert gegenüber dem Jahreswechsel mit einem Aufschlag von knapp 17 Prozent.
Für das abgelaufene Vierteljahr erwarten Analysten ein Umsatzwachstum von etwa einem Prozent. Der Ertrag soll aufgrund gesunkener Input-Kosten und Effizienzsteigerungen überproportional von 1,83 US-Dollar auf 1,90 US-Dollar klettern, was einen Anstieg um 3,8 Prozent und einen neuen Quartalsrekord bedeuten würde.
Mit einem Call-Anteil von 54,1 Prozent ist eine kleine Mehrheit der Optionshändler bereit, auf eine ansprechende Kursreaktion zu wetten – das ist vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich Procter & Gamble in 5 der vergangenen 6 Quartale steigern konnte, verständlich. Trotzdem deutet die mit 3,1 Prozent über dem durchschnittlichen Erwartungswert der letzten Geschäftsberichte eingepreiste Kursreaktion auf etwas Nervosität hin.
Weitere nenneswerte US-Quartalszahlen:
Wert | Datum | Zeit | erw. EPS * | erw. Umsatz | erw. Kursbew. | Börsenwert |
Charles Schwab | Mo., 14.10. | Vorbörse | 0,75 $ | 4,78 Mrd. $ | ± 6,2 % | 123,7 Mrd. $ |
Johnson & J. | Di., 15.10. | Vorbörse | 2,21 $ | 22,17 Mrd. $ | ± 2,7 % | 388,8 Mrd. $ |
Bank of America | Di., 15.10. | Vorbörse | 0,76 $ | 25,23 Mrd. $ | ± 3,9 % | 325,5 Mrd. $ |
Goldman Sachs | Di., 15.10. | Vorbörse | 7,31 $ | 11,79 Mrd. $ | ± 3,6 % | 163,0 Mrd. $ |
Citigroup | Di., 15.10. | Vorbörse | 1,32 $ | 19,82 Mrd. $ | ± 3,9 % | 125,4 Mrd. $ |
Rio Tinto | Di., 15.10. | Vorbörse | 3,81 $ | - | ± 3,6 % | 109,1 Mrd. $ |
PNC Financial | Di., 15.10. | Vorbörse | 3,29 $ | 5,39 Mrd. $ | ± 4,4 % | 74,6 Mrd. $ |
State Street | Di., 15.10. | Vorbörse | 2,12 $ | 3,20 Mrd. $ | ± 5,2 % | 26,8 Mrd. $ |
United Airlines | Di., 15.10. | Nachbörse | 3,14 $ | 14,73 Mrd. $ | ± 6,8 % | 20,3 Mrd. $ |
Walgreens | Di., 15.10. | Vorbörse | 0,36 $ | 35,55 Mrd. $ | ± 14,5 % | 7,9 Mrd. $ |
ASML | Mi., 16.10. | Vorbörse | 5,33 $ | 7,84 Mrd. $ | ± 6,4 % | 330,6 Mrd. $ |
Abbott Labs. | Mi., 16.10. | Vorbörse | 1,20 $ | 10,55 Mrd. $ | ± 3,9 % | 202,0 Mrd. $ |
Morgan Stanley | Mi., 16.10. | Vorbörse | 1,59 $ | 14,30 Mrd. $ | ± 3,9 % | 178,8 Mrd. $ |
Prologis | Mi., 16.10. | Vorbörse | 1,38 $ ** | 1,91 Mrd. $ | ± 3,6 % | 111,3 Mrd. $ |
U.S. Bancorp | Mi., 16.10. | Vorbörse | 0,99 $ | 6,91 Mrd. $ | ± 5,1 % | 72,2 Mrd. $ |
CSX | Mi., 16.10. | Nachbörse | 0,48 $ | 3,68 Mrd. $ | ± 3,4 % | 68,3 Mrd. $ |
Kinder Morgan | Mi., 16.10. | Nachbörse | 0,26 $ | 4,03 Mrd. $ | ± 3,0 % | 54,8 Mrd. $ |
Crown Castle | Mi., 16.10. | Nachbörse | 1,70 $ ** | 1,63 Mrd. $ | ± 3,9 % | 48,1 Mrd. $ |
Alcoa | Mi., 16.10. | Nachbörse | 0,39 $ | 2,95 Mrd. $ | ± 7,9 % | 10,6 Mrd. $ |
Intuitive Surgical | Do., 17.10. | Nachbörse | 1,64 $ | 2,01 Mrd. $ | ± 5,7 % | 172,3 Mrd. $ |
Blackstone | Do., 17.10. | Vorbörse | 0,97 $ | 2,67 Mrd. $ | ± 4,4 % | 117,6 Mrd. $ |
Elevance Health | Do., 17.10. | Vorbörse | 9,66 $ | 41,14 Mrd. $ | ± 4,7 % | 116,4 Mrd. $ |
Truist Financial | Do., 17.10. | Vorbörse | 0,90 $ | 5,11 Mrd. $ | ± 4,0 % | 57,9 Mrd. $ |
Travelers | Do., 17.10. | Vorbörse | 3,72 $ | 10,57 Mrd. $ | ± 4,2 % | 53,9 Mrd. $ |
Snap-On | Do., 17.10. | Vorbörse | 4,59 $ | 1,16 Mrd. $ | ± 5,6 % | 15,4 Mrd. $ |
WD-40 | Do., 17.10. | Nachbörse | 1,31 $ | 149,2 Mio. $ | ± 7,9 % | 3,5 Mrd. $ |
Schlumberger | Fr., 18.10. | Vorbörse | 0,89 $ | 9,32 Mrd. $ | ± 4,1 % | 63,6 Mrd. $ |
Fifth Third Bancorp | Fr., 18.10. | Vorbörse | 0,82 $ | 2,16 Mrd. $ | ± 3,5 % | 29,6 Mrd. $ |
* Earnings per Share / Gewinn pro Aktie (Non-GAAP, bereinigt)
** Immobilienunternehmen (REIT), daher Funds from Operation (FFO) statt EPS
Stand: Samstag, 12. Oktober, 10:00 Uhr (MESZ)
Autor: Max Gross, wallstreetONLINE Redaktion
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