Earnings Preview – Teil 1
Super Micro am Abgrund, hohe Erwartungen gegenüber Palantir: Kann das gut gehen?
Diese in den kommenden Tagen (KW45) anstehenden US-Quartalszahlen müssen Anleger kennen: Herausforderungen, Erwartungen und die aktuell eingepreisten Kursreaktionen – alles auf einen Blick!
Mit den Quartalszahlen von fünf der sieben Magnificent-Seven-Werte liegt die erste der beiden Highlight-Wochen bereits hinter den Anlegern. Doch auch die kommenden Tage haben es in sich.
Nicht nur aufgrund der am Dienstag anstehen US-Wahlen sowie dem Fed-Leitzinsentscheid am Donnerstagabend, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass über 1.200 US-Unternehmen ihre Geschäftsberichte präsentieren werden – so viele wie in keiner anderen Woche der Berichtssaison.
Damit Sie in den kommenden Tagen nicht den Überblick verlieren, ist das Earnings Preview von wallstreetONLINE wieder zweigeteilt. Teil 1 mit den Tagen Montag und Dienstag lesen Sie an dieser Stelle, Teil 2 mit den zwischen Mittwoch und Freitag anstehenden Quartalszahlen finden Sie unter folgendem Link: Earnings Preview Teil 2.
Montag, 04. November: BioNTech
Lange haben Anleger in diesem Jahr gebraucht, sich für die Aktie des Mainzer Biotechnologie-Unternehmens BioNTech zu erwärmen. Während die Erlöse aus dem Vertrieb von COVID-19-Impfstoffen weiter sinken, ist bislang kein neuer Zulassungserfolg geglückt, sodass es an Perspektiven für künftige Devisenbringer fehlt.
Nach einem Forschungserfolg des Mitbewerbers Summit Therapeutics sowie eigenen Fortschritten erhielt die Onkologie-Pipeline von BioNTech wieder erhöhte Aufmerksamkeit, was auch der Aktie neuen Schwung verlieh, sodass diese gegenüber dem Jahreswechsel wenigstens das Vorzeichen wechseln konnte.
Hoffnung für die am Montag anstehenden Zahlen macht außerdem, dass die Nachfrage nach Corona-Impfstoffen zuletzt höher war als gedacht – das zumindest zeigten die am Dienstag vorgelegten Zahlen von US-Pharmariese Pfizer. Möglicherweise ist daher auch für BioNTech eine Überraschung drin! Erwartet werden Erlöse in Höhe von 611,4 Millionen US-Dollar, nach 959,6 Millionen US-Dollar im Jahr zuvor. Der Fehlbetrag soll mit -1,56 US-Dollar pro Aktie rund doppelt so hoch ausfallen wie noch vor 12 Monaten.
An der Optionsbörse haben sich Händler mit einer Call-Quote von 61,4 Prozent mehrheitlich auf nach den Zahlen steigende Kurse eingestellt, nur 38,6 Prozent aller am kommenden Freitag verfallenden Kontrakte liegen derzeit auf der Short-Seite. Mit 9,1 Prozent ist jedoch die zweithöchste Kursbewegung der vergangenen zwei Jahre eingepreist – das lässt auf Unsicherheit schließen.
Montag, 04. November: Constellation Energy
Nach dem Aufsehen erregenden Deal zwischen Microsoft und Constellation Energy zur Wiederinbetriebnahme eines Jahrelang heruntergefahrenen Atomreaktors setzte in den vergangenen Wochen ein Hype um Nuklear-Aktien ein. Vor allem die Hersteller von kleinen modularen Reaktoren, NuScale und Oklo, verzeichneten in kürzester Zeit gewaltige Kursgewinne.
Aber auch für Constellation Energy ist das Jahr bislang hervorragend gelaufen. Mit einem Plus von über 120 Prozent gehört die Aktie zu den derzeit besten Werten im US-Gesamtmarktindex S&P 500. Das Unternehmen profitiert davon, dass KI-Rechenzentren den Energiebedarf in den kommenden Jahren explodieren lassen werden.
Als einer der weltweit größten privaten Betreiber von Kernkraftwerken, das Unternehmen verfügt mit seinen Reaktoren über fast 20 Gigawatt nuklearer Leistung, sehen Anleger Constellation Energy hervorragend dafür aufgestellt, vom zu erwartenden Nachfrageboom zu profitieren.
Mit einem für 2025 geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 29 ist die Aktie für einen Titel aus der Versorger-Branche allerdings bereits sehr sportlich bewertet, der Branchendurchschnitt liegt bei etwa 18. Um die hohen Kursgewinne zu verteidigen, muss das Unternehmen am Montag also Blockbuster-Zahlen oder wenigstens einen sehr optimistischen Ausblick in der Tasche haben.
Gerechnet wird mit einem Umsatz in Höhe von 4,6 Milliarden US-Dollar, der Gewinn pro Aktie soll sich auf 2,68 US-Dollar belaufen. Das würde gegenüber dem Vorjahresquartal Umsatzeinbußen in Höhe von rund 25 Prozent bedeuten, dem aber ein Gewinnanstieg von etwa 30 Prozent gegenüberstehen würde.
Eine überwältigende Mehrheit der Händler am Optionsmarkt rechnet mit fallenden Kursen, der Put-Anteil liegt bei 77 Prozent, nur 23 Prozent der offenen Kontrakte liegen aktuell auf der Call-Seite. Die Unsicherheit darüber, ob die Aktie nicht möglicherweise über ihr Ziel hinausgeschossen ist, verdeutlicht auch die implizierte Kursbewegung in Höhe von 10,4 Prozent.
Montag, 04. November: Palantir
Um bereits 144 Prozent seit dem Jahreswechsel haben sich die Anteile von KI-Hoffnungsträger Palantir verteuert, sogar das Übertreffen des im Januar 2021 bei 45,00 US-Dollar markierten Allzeithochs gelang der Aktie. Das war für zahlreiche Insider, allen voran Peter Thiel und CEO Alexander Karp, Grund genug, mit millionenschweren Verkäufen regelrecht aus den Anteilen zu fliehen.
Der Blick auf die Bewertung zeigt, warum. Denn selbst für das kommende Geschäftsjahr ist Palantir bereits mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 97 bewertet. Selbst wenn wachstumsspezifische Kennziffern wie das Kurs-Gewinnwachstums-Verhältnis (4,8) betrachtet werden, ist Palantir horrend teuer, wenngleich die Erlöse in den vergangenen Quartalen auf eine Wachstumsbeschleunigung hindeuteten.
Wenn die Aktie nach den Zahlen eine Chance darauf haben soll, die in diesem Jahr sehr großzügigen Aufschläge zu verteidigen, muss Palantir diesen Trend bestätigen. Am Markt wird mit einem Umsatz in Höhe von knapp 704 Millionen US-Dollar gerechnet. Das würde gegenüber dem Vorjahr einem Anstieg um 26 Prozent entsprechen. Beim bereinigten Gewinn pro Aktie sind derzeit 0,09 US-Dollar eingeplant, was eine Verbesserung um 2 Cent bedeuten würde.
Am Optionsmarkt sind Händler überwiegend von einer positiven Kursreaktion überzeugt, der Anteil von Call-Optionen beträgt derzeit 55,6 Prozent, denen ein Put-Anteil von 44,4 Prozent gegenübersteht. Die jüngere Earnings-Historie gibt den Optimisten recht, denn in 4 der letzten 6 Fälle konnte Palantir nach seinen Zahlen zulegen. Für dieses Mal ist eine Kursreaktion von 13,3 Prozent eingepreist.
Dienstag, 05. November: GlobalFoundries
Nach einer für Halbleiteraktien bislang wechselhaften Quartalssaison wird Auftragsfertiger GlobalFoundries, der aus der Abspaltung von AMD hervorgegangen ist, für das nächste Ausrufezeichen innerhalb der Branche sorgen.
Schon jetzt ist aber klar, dass die hervorragenden Zahlen von Branchenprimus Taiwan Semiconductor kein geeignetes Vorbild sein werden – hierfür ist der technologische Rückstand viel zu groß. GlobalFoundries stellt Chips vor allem in sogenannten "mature nodes", also in technisch ausgereiften Fertigungsgrößen her. Hier war die Entwicklung in den vergangenen Quartalen aufgrund der mauen Industriekonjunktur und schleppender Absätze in der Fahrzeugindustrie schwach.
Wie niedrig die Erwartungen sind, verdeutlicht der Aktienkurs, der sich seit dem Jahreswechsel um fast 40 Prozent verbilligt hat und der erst in der vergangenen Woche auf den niedrigsten Stand seit dem IPO gefallen ist.
Gegenüber dem Vorjahresquartal wird mit einem Umsatzrückgang in Höhe von 7,0 Prozent auf 1,72 Milliarden US-Dollar gerechnet, was das siebte Quartal mit rückläufigen Erlösen in Folge bedeuten würde. Auch beim Gewinn muss mit erheblichen Einbußen gerechnet werden. Der wird nach 0,55 US-Dollar im Vorjahresquartal auf nur 0,33 US-Dollar geschätzt.
Angesichts dieser tristen Aussichten auf den am Dienstagmittag zu erwartenden Quartalsbericht ist es nicht überraschend, dass die meisten Optionshändler auf fallende Kurse wetten und die Put-Quote bei hohen 64,8 Prozent zu liegt. Auch die mit 12,6 Prozent große, implizierte Kursbewegung zeigt die hohe Unsicherheit gegenüber dem Geschäftsbericht an.
Dienstag, 05. November: Super Micro Computer
"Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht", lautet ein ebenso misanthropes wie häufig zitiertes Sprichwort. Warum man Lügnern tatsächlich wenigstens manchmal schon nach dem ersten Mal nicht mehr trauen sollte, demonstriert aktuell Super Micro Computer.
Nachdem das Unternehmen 2018 schon einmal wegen Bilanzbetruges von der US-Technologiebörse Nasdaq geflogen ist, bahnt sich gerade ein zweiter Skandal um gefälschte Bücher an. Bereits vor einigen Wochen machte Shortseller Hindenburg auf Ungereimtheiten in der Bilanz aufmerksam, nun schmiss in der vergangenen Woche ein Wirtschaftsprüfer hin und verschärfte so die Krise des Unternehmens, das noch immer in der Pflicht steht, einen Bilanzbericht für das abgelaufene Geschäftsjahr vorzulegen.
Angesichts dieser Glaubwürdigkeitskrise dürften die am Dienstagabend zu erwartenden Zahlen kaum eine Rolle spielen – denn wer weiß schon, ob diese am Ende überhaupt ein realistisches Bild der Geschäftsentwicklung nachzeichnen. Geht es nach den Analysten, wird gegenüber dem Vorjahresquartal eine Verdreifachung der Erlöse auf 6,45 Milliarden US-Dollar erwartet. Daraus soll mit 0,73 US-Dollar pro Aktie ein mehr als doppelt so hoher Gewinn wie im Vorjahr hervorgehen. Wichtiger als die Zahlen selbst dürften jedoch Aussagen dazu werden, wie das Management um den dubios agierenden CEO Charles Liang die mangelhafte Glaubwürdigkeit wiederherzustellen gedenkt.
Von den jüngsten Ungereimtheiten zeigen sich am Optionsmarkt aktive Händler überraschenderweise kaum beeindruckt. 55,9 Prozent aller am Freitag verfallenden Kontrakte liegen auf der Call-Seite – vor allem das Interesse von unbelehrbaren Privatanlegern dürfte derzeit groß sein. Angesichts des gewaltigen Handelsvolumens ist inzwischen eine Kursbewegung um sagenhafte 27,2 Prozent eingepreist.
Weitere nennenswerte US-Quartalszahlen:
Wert | Datum | Zeit | erw. EPS * | erw. Umsatz. | erw. Kursbew. | Börsenwert |
Vertex | Mo., 04.11. | Nachbörse | 4,13 $ | 2,69 Mrd. $ | ± 5,7 % | 121,7 Mrd. $ |
Zoetis | Mo., 04.11. | Vorbörse | 1,46 $ | 2,29 Mrd. $ | ± 7,3 % | 82,4 Mrd. $ |
Marriott | Mo., 04.11. | Vorbörse | 2,31 $ | 6,26 Mrd. $ | ± 4,5 % | 73,4 Mrd. $ |
NXP Semi. | Mo., 04.11. | Nachbörse | 3,43 $ | 3,25 Mrd. $ | ± 7,2 % | 60,8 Mrd. $ |
Diamondback | Mo., 04.11. | Nachbörse | 3,92 $ | 2,41 Mrd. $ | ± 5,4 % | 51,5 Mrd. $ |
Realty Income | Mo., 04.11. | Nachbörse | 1,06 $ ** | 1,26 Mrd. $ | ± 3,7 % | 51,3 Mrd. $ |
Fidelity | Mo., 04.11. | Vorbörse | 1,29 $ | 2,56 Mrd. $ | ± 5,5 % | 48,6 Mrd. $ |
Illumina | Mo., 04.11. | Nachbörse | 0,88 $ | 1,08 Mrd. $ | ± 8,5 % | 23,9 Mrd. $ |
Brookfield | Mo., 04.11. | Vorbörse | 0,35 $ | 1,19 Mrd. $ | ± 5,1 % | 20,8 Mrd. $ |
Fox | Mo., 04.11. | Vorbörse | 1,15 $ | 3,37 Mrd. $ | ± 6,6 % | 19,2 Mrd. $ |
Yum China | Mo., 04.11. | Vorbörse | 0,65 $ | 3,03 Mrd. $ | ± 9,4 % | 17,1 Mrd. $ |
Astera Labs | Mo., 04.11. | Nachbörse | 0,17 $ | 97,4 Mio. $ | ± 18,5 % | 11,4 Mrd. $ |
BWX Technologies | Mo., 04.11. | Nachbörse | 0,77 $ | 658,6 Mio. $ | ± 8,9 % | 11,2 Mrd. $ |
Wynn Resorts | Mo., 04.11. | Nachbörse | 1,10 $ | 1,73 Mrd. $ | ± 6,2 % | 10,6 Mrd. $ |
New York Times | Mo., 04.11. | Vorbörse | 0,41 $ | 641,0 Mio. $ | ± 6,6 % | 9,3 Mrd. $ |
Vornado | Mo., 04.11. | Nachbörse | 0,51 $ ** | 445,9 Mio. $ | ± 7,4 % | 7,9 Mrd. $ |
Cleveland-Cliffs | Mo., 04.11. | Nachbörse | -0,28 $ | 4,73 Mrd. $ | ± 11,9 % | 6,2 Mrd. $ |
Hims & Hers Health | Mo., 04.11. | Nachbörse | 0,15 $ | 382,7 Mio. $ | ± 18,5% | 4,4 Mrd. $ |
Ferrari | Di., 05.11. | Vorbörse | 2,16 $ | 1,78 Mrd. $ | ± 6,3 % | 85,5 Mrd. $ |
Apollo Global Mgmt. | Di., 05.11. | Vorbörse | 1,72 $ | 899,9 Mio. $ | ± 6,6 % | 80,2 Mrd. $ |
Thomson Reuters | Di., 05.11. | Vorbörse | 0,77 $ | 1,71 Mrd. $ | ± 3,6 % | 74,1 Mrd. $ |
Emerson Electric | Di., 05.11. | Vorbörse | 1,47 $ | 4,56 Mrd. $ | ± 7,2 % | 62,0 Mrd. $ |
Marathon Petroleum | Di., 05.11. | Vorbörse | 1,09 $ | 33,3 Mrd. $ | ± 5,6 % | 47,9 Mrd. $ |
Coupang | Di., 05.11. | Nachbörse | 0,01 $ | 7,73 Mrd. $ | ± 8,7 % | 45,6 Mrd. $ |
Microchip Technology | Di., 05.11. | Nachbörse | 0,43 $ | 1,15 Mrd. $ | ± 9,1 % | 40,2 Mrd. $ |
Yum! Brands | Di., 05.11. | Vorbörse | 1,41 $ | 1,90 Mrd. $ | ± 4,7 % | 37,2 Mrd. $ |
Archer-Daniels Midland | Di., 05.11. | Vorbörse | 1,25 $ | 21,53 Mrd. $ | ± 4,3 % | 26,1 Mrd. $ |
Pembina Pipeline | Di., 05.11. | Nachbörse | 0,52 $ | 1,46 Mrd. $ | ± 4,1 % | 24,1 Mrd. $ |
Kinross Gold | Di., 05.11. | Nachbörse | 0,19 $ | 1,32 Mrd. $ | ± 6,5 % | 12,3 Mrd. $ |
Henry Schein | Di., 05.11. | Vorbörse | 1,18 $ | 3,24 Mrd. $ | ± 7,7 % | 9,0 Mrd. $ |
Pan American Silver | Di., 05.11. | Nachbörse | 0,20 $ | 710,3 Mio. $ | ± 7,0 % | 8,3 Mrd. $ |
Lumen Tech. | Di., 05.11. | Nachbörse | -0,08 $ | 3,21 Mrd. $ | ± 17,7 % | 7,1 Mrd. $ |
National Health Investors | Di., 05.11. | Nachbörse | 1,09 $ ** | 78,9 Mio. $ | ± 3,9 % | 3,3 Mrd. $ |
AMC Entertainment | Di., 05.11. | Nachbörse | -0,07 $ | 1,33 Mrd. $ | ± 10,2 % | 1,6 Mrd. $ |
Endeavour Silver | Di., 05.11. | Vorbörse | -0,00 $ | 50,7 Mio. $ | ± 13,0 % | 1,2 Mrd. $ |
SNDL | Di., 05.11. | Vorbörse | -0,04 $ | 168,1 Mio. $ | ± 14,3 % | 559,3 Mio. $ |
Ballard Power | Di., 05.11. | Vorbörse | -0,13 $ | 24,5 Mio. $ | ± 7,2 % | 485,0 Mio. $ |
BigBear.Ai | Di., 05.11. | Nachbörse | -0,07 $ | 45,0 Mio. $ | ± 21,7 % | 395,1 Mio. $ |
iRobot | Di., 05.11. | Nachbörse | -0,06 $ | 218,4 Mio. $ | ± 15,7 % | 274,6 Mio. $ |
* Earnings per Share / Gewinn pro Aktie (Non-GAAP, bereinigt)
** Immobilienunternehmen (REIT), daher Funds from Operation (FFO) statt EPS
Stand: Samstag, 02. November, 10:00 Uhr (MESZ)
Autor: Max Gross, wallstreetONLINE Redaktion
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