"Game Changer"
Bund-Renditen könnten Höchststand seit Finanzkrise erreichen
Deutschlands Großausgaben treiben die Renditen der Bundesanleihen in die Höhe. Experten gehen davon aus, dass die Rendite der zehnjährigen Bunds auf 4 Prozent klettern wird.
- Renditen der Bundesanleihen steigen auf 4 Prozent.
- Hohe Staatsausgaben führen zu Unsicherheit bei Investoren.
- EZB könnte Zinsen 2024 erhöhen, Anleiherenditen steigen.
- Report: Magnificent 7 - Die Spreu trennt sich vom Weizen

Die Renditen deutscher Bundesanleihen sind in den letzten Wochen auf den höchsten Stand seit 14 Jahren hochgeschnellt. Hintergrund ist die Erwartung, dass die neue Bundesregierung die Ausgabe der Staatspapiere deutlich hochfahren muss, um ihre umfangreichen Ausgabenpakete zu finanzieren. Experten rechnen damit, dass die Märkte erst den Anfang dieser Aufwärtsbewegung eingepreist haben und die Renditen weiter deutlich zulegen werden.
Vor dem Hintergrund der anstehenden umfangreichen Staatsverschuldung zur Finanzierung dieser Verteidigungs- und Infrastrukturprojekte sehen sich Bond-Investoren in Deutschland mit einer beispiellosen Dynamik konfrontiert.
Der Analyst Sam Lynton-Brown von BNP Paribas prognostiziert, dass die Renditen für zehnjährige Bundesanleihen bis 2028 auf bis zu 4 Prozent steigen könnten – ein Niveau, das zuletzt im September 2008, während der globalen Finanzkrise, erreicht wurde. Die Ausgabenpakete seien ein "Game Changer", erklärte der weltweite Leiter der Makro-Strategie bei BNP, bei einem Briefing am Dienstag.
Am Mittwochnachmittag pendelt die Rendite der Zehnjährigen um die Marke von 2,8 Prozent, wie aus Anleihedaten von Bloomberg hervorgeht. In der vergangenen Woche hatte sie 2,94 Prozent erreicht und nähert sich damit mit großen Schritten der Marke von 3 Prozent an, die zuletzt 2023 erreicht wurde.
Der von BNP prognostizierte deutliche Anstieg folgt auf einen entscheidenden politischen Umschwung, der die Ausgabenzurückhaltung Deutschlands beendet. Die Ankündigung des designierten Bundeskanzlers Friedrich Merz, Hunderte Milliarden Euro für Verteidigungs- und Infrastrukturmaßnahmen freizugeben, wurde als Wendepunkt für die Finanzpolitik der größten Volkswirtschaft Europas und für die Märkte insgesamt gewertet. Am Markt wird damit gerechnet, dass die Pläne am Freitag den Bundesrat passieren werden.
Diese geplante Ausgabenwelle könnte die Europäische Zentralbank (EZB) dazu veranlassen, die Zinsen in der zweiten Jahreshälfte des nächsten Jahres zu erhöhen, was die Anleiherenditen in die Höhe treiben würde, argumentiert Lynton-Brown.
Nach Jahren der fiskalischen Zurückhaltung legten die Bund-Renditen diesen Monat deutlich zu. Die anfängliche Reaktion auf die Ankündigung des Pakets führte zu einem Ausverkauf deutscher Staatsanleihen, der sich auf andere Euro-Länder ausweitete, wobei die Renditen für langfristige Schuldtitel in Ländern wie Frankreich auf den höchsten Stand seit 2011 kletterten.
Die bevorstehende Erhöhung der Staatsschulden wurde auch bei der heutigen Auktion von 30-jährigen Bundesanleihen sichtbar, bei der trotz höherer Durchschnittsrenditen eine geringere Nachfrage festgestellt wurde. Bei der Auktion von zehnjährigen Bunds in der vergangenen Woche musste bereits eine Durchschnittsrendite von 2,92 Prozent angeboten werden, die höchste seit 14 Jahren. Auch dabei war die Nachfrage schwach, was die vorsichtige Haltung der Investoren angesichts der bevorstehenden Emissions-Schwemme zeigt.
Die Ausgabenpläne könnten langfristig zu einer Belebung der deutschen Wirtschaft führen, doch warnen einige Marktbeobachter vor kurzfristigen Risiken. Sachin Gupta von der Allianz-Tochter Pimco und andere Fondsmanager haben ihre Positionen in deutschen Anleihen reduziert, da sie eine Zunahme des Angebots und begrenzte Spielräume für weitere Zinssenkungen erwarten.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion

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