Heftiger Wochenverlust
Türkische Lira nach Crash: Das sieht nicht gut aus!
Die türkische Lira erlebte diese Woche ihren stärksten Absturz seit fast zwei Jahren, trotz eines Notfall-Zinserhöhungsversuchs der Zentralbank. Das könnte die Inflation länger antreiben als erhofft.
- Lira fällt stark, Inflationserwartungen steigen rasant.
- Politische Spannungen durch Imamoglus Verhaftung wachsen.
- Zentralbank erhöht Zinsen, Stabilität bleibt fraglich.
- Report: Magnificent 7 - Die Spreu trennt sich vom Weizen

Die Verhaftung des führenden Oppositionspolitikers Ekrem Imamoglu hat die politischen Spannungen in der Türkei verschärft und Marktteilnehmer tief verunsichert, was zu einem massiven Einbruch an den türkischen Märkten führte. Die Inflationserwartungen steigen wieder und es besteht die Gefahr, dass ausländischen Investoren die Türkei nun zu riskant geworden ist. Das könnte den Abwärtstrend bei der Lira und am Aktienmarkt in Istanbul langfristig verschärfen.
Die türkische Lira fiel zum US-Dollar bis Freitag um 3,8 Prozent, wie aus Devisendaten von Bloomberg hervorgeht. Der türkische Leitindex ISE 100 verlor 7 Prozent, was einen Gesamtwertverlust von etwa 30 Milliarden US-Dollar bedeutet.
Die Zentralbank der Türkei reagierte mit einer unerwarteten Erhöhung des Übernacht-Zinssatzes um 200 Basispunkte auf 46 Prozent, in der Hoffnung, die Währung zu stabilisieren und die Inflation einzudämmen. Diese Maßnahme stabilisierte vorübergehend den Offshore-Lira-Markt, wo die Kosten für die Kreditaufnahme in türkischer Währung am Freitagmorgen bei 87 Prozent lagen, nachdem sie früher in der Woche bis auf 175 Prozent gestiegen waren.
Die Lira konnte sich auch am Freitag nicht erholen und notierte zuletzt (18:30 Uhr MEZ) zum US-Dollar bei 38,03 Lira 0,6 Prozent schwächer. Damit hat sich die Devise seit Jahresbeginn um 7,6 Prozent zum Greenback verbilligt. Zum Euro verbilligte sich die Lira am Freitag um 0,5 Prozent auf 41,32 Lira.









Trotz der Bemühungen der Zentralbank bleibt die Stimmung angespannt. Goldman Sachs und andere Analysehäuser sehen nun eine geringere Wahrscheinlichkeit weiterer Zinssenkungen bei der nächsten Sitzung der Zentralbank am 17. April.
Die Ereignisse haben zudem das Vertrauen in die türkische Wirtschaft stark erschüttert, da die Inhaftierung Imamoglus als Zeichen politischer Instabilität gilt, die potenziell die wirtschaftliche Steuerung des Landes überschatten könnte. Das dürfte auch einige ausländische Investoren abschrecken, in der Türkei zu investieren.
Die Inhaftierung hat nicht nur lokale, sondern auch internationale Reaktionen hervorgerufen. Investoren befürchten nun, dass die politischen Spannungen weiter eskalieren und die türkische Wirtschaftspolitik beeinträchtigen könnten. Diese Sorge ist nicht unbegründet, da Präsident Recep Tayyip Erdogan in der Vergangenheit wiederholt Marktstabilität für politische Ziele geopfert hat, was zu einer hohen Volatilität der Lira und zu Problemen in der Wirtschaft führte.
Die derzeitige Lage könnte sich als besonders herausfordernd erweisen, da die Türkei aufgrund früherer Entscheidungen bereits unter einer hohen Inflation und einer schwachen Währung leidet. JPMorgan hat seine Inflationserwartungen für die Türkei für das Ende des Jahres von 27,2 Prozent auf 29,5 Prozent angehoben und signalisiert, dass die Inflation länger anhalten könnte als ursprünglich angenommen.
Eine anhaltend hohe Inflation aber würde es der Zentralbank erschweren, die Zinsen wie eigentlich geplant weiter zu senken und die Wirtschaft dadurch anzukurbeln.
Für Investoren und Analysten bleibt die Lage unsicher. Während einige kurzfristige Chancen in der Volatilität sehen, sind die langfristigen Aussichten trübe. Die Frage bleibt, ob und wie die türkische Zentralbank in der Lage sein wird, die Währung zu stabilisieren und die Inflation zu kontrollieren, ohne dabei die Wirtschaft weiter zu belasten.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion

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