Fällt die Spitzenbonität?
USA droht Herabstufung – das Ende des "exorbitanten Privilegs"?
Die Kreditwürdigkeit der USA steht auf dem Prüfstand. Ein Verlust der Spitzenbonität könnte einen Teufelskreis auslösen.
- USA droht Verlust der AAA-Bonität durch Schuldenlast.
- Zinskosten steigen, Haushalt wird stark belastet.
- Vertrauen in US-Zahlungsfähigkeit könnte schwinden.
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Die USA stehen kurz davor, ihre letzte Top-Bonitätsbewertung zu verlieren – und die Folgen könnten dramatisch sein. Moody’s, die letzte der drei großen Ratingagenturen, die der US-Staatsverschuldung noch die Höchstnote AAA gibt, hat erneut gewarnt: Ein Downgrade rückt näher. Bereits im November 2023 hatte Moody’s den Ausblick auf "negativ" gesenkt – ein Warnsignal, das ernst genommen werden sollte. Denn die Folge wären immens.
Grund für die wachsende Nervosität: Die Schuldenlast der Vereinigten Staaten explodiert, und die Fähigkeit, diese zu finanzieren, nimmt rapide ab. Laut Moody’s wird die Staatsverschuldung von knapp 100 Prozent des BIP im Jahr 2025 auf rund 130 Prozent bis 2035 steigen. Und die Verschuldung könnte noch deutlich stärker steigen, sollte der Kongress die geplanten Steuersenkungen von US-Präsident Donald Trump und den Republikanern verabschieden.
Rechnet man deren mögliche Auswirkungen hinzu, könnte die US-Staatsverschuldung langfristig sogar auf über 250 Prozent des BIP anwachsen, warnt das Congressional Budget Office (CBO), das dafür verantwortlich ist, die Ausgaben in einem Haushaltsjahr zu prüfen und zu veranschlagen. Zum Vergleich: In Deutschland sank die Schuldenquote 2024 laut Bundesbank auf 62,5 Prozent. Sie sank!
Doch nicht nur die Schulden selbst sind das Problem – es sind die Zinskosten, die zum Haushaltskiller werden. Bereits 2024 übersteigen die jährlichen Zinszahlungen mit 1,1 Billionen US-Dollar die Ausgaben fast aller anderen Haushaltsbereiche. Laut Prognosen wird der Staat bis 2035 rund 30 Prozent seiner Einnahmen nur für Schuldzinsen aufwenden müssen – ein Vielfaches dessen, was andere AAA-Staaten aufbringen müssen.
Während Präsident Trump ein wirtschaftliches "goldenes Zeitalter" verspricht und auf massive Zölle sowie Deregulierung setzt, sehen Analysten wie Moody’s darin eher Risiken als Lösungen. Besonders kritisch: Die USA genießen derzeit noch das "exorbitante Privileg", dass der US-Dollar weltweit als Leitwährung dient und US-Staatsanleihen als sicherster Hafen gelten, erklärt Bruce Kasman, der Chef-Volkswirt von JPMorgan, gegenüber Fortune. Doch Moody’s macht deutlich: Dieses Privileg kann verloren gehen, wenn das Vertrauen in Amerikas Zahlungsfähigkeit schwindet.
Schon jetzt zeigen sich erste Auswirkungen. Die Renditen auf US-Staatsanleihen sind in den letzten Monaten gestiegen – nicht wegen Inflation, sondern wegen wachsender Zweifel an der Schuldentragfähigkeit. Eine Herabstufung durch Moody’s könnte diese Entwicklung beschleunigen: Investoren würden höhere Risikoaufschläge verlangen, und der Schuldendienst würde noch teurer. Laut Kasman könnte dies die US-Finanzierungskosten dauerhaft um 50 bis 100 Basispunkte erhöhen – mit Milliardenfolgen für den Haushalt.
Auch die Allianz-Investmenttochter PIMCO, einer der weltweit größten Anleiheinvestoren, zeigt sich besorgt. Man sei mittlerweile "leicht untergewichtet" im US-Dollar und sehe wachsendes Risiko durch Defizite und politische Unsicherheiten, sagte CIO Daniel Ivascyn im Interview mit Reuters. Die "Dollar-Exzeptionalität" stehe auf dem Spiel. Eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA könnte noch in diesem Jahr erfolgen, erklärte Ivascyn.
Fitch und S&P haben die USA bereits früher abgestuft – 2023 und 2011 –, jeweils wegen wachsender politischer Instabilität und struktureller Haushaltsprobleme. Doch Moody’s war bisher der letzte Fels in der Brandung – ein Symbol für Amerikas Kreditwürdigkeit.
Ein Verlust des AAA-Ratings wäre mehr als ein symbolischer Akt. Es könnte die großen US-Schuldner in aller Welt – allen voran Japan, China und Großbritannien – skeptisch werden lassen, ob sie sich wirklich darauf verlassen können, dass die USA immer pünktlich zahlen. Und eine solche Vertrauenskrise könnte den Teufelskreis noch enger ziehen.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion

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