Milei überrascht
Reformen lassen Peso einbrechen, doch alle sind begeistert
Argentiniens Präsident Milei hat eine umfangreiche Liberalisierung der Währungs- und Kapitalmärkte angekündigt und dadurch eine Talfahrt bei der Landeswährung ausgelöst. Wohin geht die Reise?
- Milei kündigt Währungs- und Kapitalmarktreformen an.
- Peso verliert 11% gegen US-Dollar, IWF-Kredit hilft.
- Reformen könnten langfristige Stabilität fördern.
- Report: Magnificent 7 - Die Spreu trennt sich vom Weizen
Der argentinische Peso steht an einem Wendepunkt. Nachdem Präsident Javier Milei und sein Wirtschaftsminister Luis Caputo am vergangenen Wochenende überraschend weitreichende Währungs- und Kapitalmarktliberalisierungen verkündet hatten, verlor der Peso am Montag rund 11 Prozent gegenüber dem US-Dollar.
Der neue offizielle Kurs pendelte sich bei etwa 1.195 Pesos je US-Dollar ein – und nähert sich damit dem zuvor deutlich höheren inoffiziellen Parallelkurs von rund 1.350 Pesos an. Der Abstand zwischen den beiden Kursen verringerte sich von 28 Prozent Ende letzter Woche auf nun noch 5 Prozent, wobei der offizielle Wechselkurs nachgab und die Parallelkurse zulegten.
Auslöser der Maßnahmen war die Einigung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über ein neues Kreditprogramm im Umfang von 20 Milliarden US-Dollar. Davon sollen bereits am heutigen Dienstag 12 Milliarden US-Dollar nach Argentinien fließen – ein kräftiger Schub für die Währungsreserven der Zentralbank.
Trotz der markanten Verluste zeigten sich Marktteilnehmer erleichtert. Devisenhändler hatten im Vorfeld mit einer Talfahrt um 20 Prozent auf einen Kurs zwischen 1.250 und 1.350 Pesos gerechnet, wie aus einer Umfrage von Reuters am Wochenende hervorgeht. Die Reaktion der Märkte fiel insgesamt positiv aus: Staatsanleihen legten kräftig zu, auch die Börse in Buenos Aires verzeichnete starke Zugewinne. Der S&P Merval Index schnellte 5,2 Prozent hoch, wobei Banco Macro und Banco BBVA Argentina Kursgewinne von etwa 15 Prozent verzeichneten.









Die Kapitalzuflüsse durch den IWF sollen das Vertrauen in den Peso stärken und Investitionen erleichtern. Gleichzeitig hob die Regierung viele Devisenrestriktionen auf: Unternehmen dürfen wieder freier importieren und Gewinne ins Ausland transferieren, die monatliche Obergrenze für US-Dollar-Käufe für Privatpersonen entfällt.
Ökonomen und Marktbeobachter loben die Geschwindigkeit und Tiefe der Reformschritte. "Das ist ein großer Schritt in Richtung eines nachhaltigen Währungsregimes", erklärte Graham Stock von RBC Bluebay. Auch bei UBS Global Wealth Management zeigt man sich zuversichtlich, dass der Peso mittelfristig nicht dauerhaft an der Obergrenze der neu definierten Wechselkurs-Bandbreite von 1.000 bis 1.400 Pesos je US-Dollar kratzen wird. Entscheidend sei jedoch, ob die Regierung ihren Sparkurs durchhalte und weitere Fortschritte bei den Devisenreserven mache.
Die ersten Marktreaktionen deuten auf Vertrauen hin: Die Renditen argentinischer Staatsanleihen fielen deutlich, zum Teil unter 11,5 Prozent. Internationale ETFs auf argentinische Aktien sowie US-gelistete Titel wie der staatliche Ölkonzern YPF legten kräftig zu. Doch das Vertrauen bleibt fragil. Viele Analysten warnen, dass die Peso-Freigabe kurzfristig die ohnehin hohe Inflation weiter anheizen könnte.
Diese lag als Milei an die Macht kam deutlich im dreistelligen Bereich – im Dezember 2023 betrug sie 211 Prozent – und stellt ein chronisches Problem der argentinischen Wirtschaft dar. Allerdings ist es dem Präsidenten gelungen, sie mit Hilfe einer drastischen Sparpolitik bis März 2025 auf 55,9 Prozent zu drücken.
Ein zentraler Risikofaktor bleibt die innenpolitische Stabilität. Mileis radikaler Sparkurs stößt in der Bevölkerung auf Widerstand, und im zweiten Halbjahr stehen richtungsweisende Zwischenwahlen an. "Die Inflation wird nicht so schnell steigen, dass sie Mileis Wahlchancen gefährdet – aber sie bleibt ein Risiko", erwartet Jared Lou, der bei William Blair für Schwellenland-Bonds zuständig ist.
Sollte es dem Präsidenten gelingen, seine Reformagenda politisch abzusichern, könnte sich der Peso weiter stabilisieren – und das Land langfristig wieder Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten erlangen. Das wäre – vor allem auch in so kurzer Zeit – ein gewaltiger Gewinn für Argentinien und stellt eine wichtige Weichenstellung für die Zukunft des Landes dar.
Fazit
Kapitalmarktstrategen wie bei Morgan Stanley und J.P. Morgan rechnen damit, dass die Differenz zwischen offiziellem und inoffiziellem Wechselkurs – lange ein Indikator für das Misstrauen der Märkte – weiter schrumpfen wird.
Der Peso bleibt vorerst schwach, aber die Richtung ist viel versprechend. Sollte es der Regierung gelingen, Inflation und Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen, könnten sich die aktuellen Reformen als Fundament für eine längerfristige Währungsstabilisierung erweisen. Eine Rückkehr zur alten Instabilität ist allerdings nicht ausgeschlossen – insbesondere dann, wenn politische Rückschläge oder globale Schocks das Vertrauen erneut erschüttern.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion

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