Powell warnt vor Stagflation
US-Notenbank ist in der Zwickmühle, Wall Street sackt ab
Die Federal Reserve wird die Zinsen vorerst nicht senken und warnt vor steigenden Preisen durch die Zollpolitik. Die Märkte reagieren enttäuscht.
- Fed senkt Zinsen nicht, warnt vor Inflation durch Zölle.
- Märkte enttäuscht: S&P 500 und Nasdaq fallen stark.
- Powell sieht Risiken von Stagflation und schwachem Wachstum.
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Die US-Notenbank steht vor einem seltenen Dilemma: US-Präsident Donald Trumps weitreichende Zollpolitik hat die wirtschaftlichen Fundamentaldaten so stark verschoben, dass die Federal Reserve zunehmend zwischen ihren beiden Mandatszielen — Preisstabilität und Vollbeschäftigung — hin- und hergerissen ist.
Fed-Chef Jerome Powell sprach am Mittwoch in einer viel beachteten Rede in Chicago von "grundlegenden politischen Veränderungen", die es in dieser Form in der modernen Wirtschaftsgeschichte noch nicht gegeben habe.
"Wir könnten uns in dem schwierigen Szenario wiederfinden, in dem unsere Mandatsziele in Spannung zueinander stehen", sagte Powell. Höhere Zölle bedeuten höhere Kosten für Unternehmen, die vielfach an Verbraucher weitergegeben werden – mit steigender Inflation als Folge. Gleichzeitig dürften Wachstum und Beschäftigung unter Druck geraten. Vor diesem Hintergrund stehen Zinssenkungen vorerst nicht auf der Agenda.
Die Märkte reagierten prompt: Der S&P 500 verlor am späten Mittwoch 2,2 Prozent, der Nasdaq sogar 3,5 Prozent. Die US-Staatsanleihen verzeichneten Turbulenzen, während die Inflationserwartungen der Konsumenten auf den höchsten Stand seit 1981 kletterten.









Für die Fed ist das ein riskanter Balanceakt. Während einige Notenbanker wie Chris Waller hoffen, dass die inflationären Effekte nur temporär sein könnten, mehren sich Stimmen, die vor dauerhaft steigenden Preisen warnen. Powell selbst hat sich inzwischen von der These, dass die Preissteigerungen "vorübergehend" sein könnten, distanziert. "Die inflationären Effekte könnten anhaltender sein", erklärte er.
Powell warnte eindringlich, dass die zuletzt eingeführten oder angekündigten Importzölle – darunter 145 Prozent auf chinesische Waren, 25 Prozent auf Autos sowie Basiszölle von 10 Prozent auf nahezu alle US-Importe – die Wirtschaft in Richtung Stagflation treiben könnten: ein seltenes und besonders unangenehmes Gleichgewicht aus schwachem Wachstum, steigender Arbeitslosigkeit und anhaltend hoher Inflation.
Obwohl Powell betonte, dass die Wirtschaft derzeit "noch solide" sei, seien erste Daten bereits rückläufig. "Wachstum und Beschäftigung werden sich vermutlich abschwächen", sagte Powell. "Und die Inflation? Die wird wohl steigen."
Auch Beth Hammack, Präsidentin der Cleveland Fed, warnte vor den Risiken, die von Trumps Zollpolitik ausgehen. "Wir befinden uns womöglich nicht mehr in Kansas", sagte sie und spielte damit auf die Unsicherheit in der wirtschaftlichen Lage an.
Die Federal Reserve sieht sich daher gezwungen, vorerst auf Sicht zu fahren. "Für den Moment sind wir gut aufgestellt, um auf mehr Klarheit zu warten, bevor wir etwaige Anpassungen unseres geldpolitischen Kurses in Erwägung ziehen", erklärte Powell. Zinssenkungen stehen somit aktuell nicht auf der Agenda – obwohl der Markt sie bereits einpreist. Der Leitzins liegt derzeit bei 4,25 Prozent bis 4,50 Prozent, eine Senkung auf unter 4 Prozent bis Jahresende wird inzwischen für wahrscheinlich gehalten.
Die Fed steht vor einem möglichen Wendepunkt – und dürfte mit Zinsschritten erst dann reagieren, wenn die wirtschaftliche Realität keine andere Wahl mehr lässt. Die kommenden Monate könnten zur größten Bewährungsprobe für die Notenbank seit Jahrzehnten werden.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion

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