Euro-Höchststand seit 2021
US-Dollar steht im Begriff, seinen Status als Weltleitwährung zu verlieren
Der US-Dollar steht im Begriff, seinen Status als Weltleitwährung zu verlieren. Fed-Kritik, Zölle und Vertrauensverlust setzen die US-Währung von allen Seiten unter Druck.
- US-Dollar bleibt schwach, Comeback nicht in Sicht.
- Fed-Kritik und Zölle belasten Vertrauen in Währung.
- Kapitalabflüsse und sinkende Devisenreserven drohen.
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Der US-Dollar bleibt unter Druck – und ein baldiges Comeback ist vorerst nicht in Sicht. Nachdem der Greenback zuletzt gegenüber Yen, Euro und Franken auf neue Mehrjahrestiefs gefallen ist, sehen Analysten tiefere strukturelle Ursachen für die anhaltende Schwäche der einstigen Weltleitwährung. Im Fokus stehen die zunehmenden Zweifel an der Unabhängigkeit der Federal Reserve, die Eskalation im globalen Handelskonflikt unter US-Präsident Donald Trump – und die daraus resultierende Erosion des internationalen Vertrauens in US-Institutionen.
Der Euro hat gegenüber dem Greenback den höchsten Stand seit November 2021 erreicht. Am Montag überschritt er die Marke von 1,15 und erreichte kurzfristig 1,1573 US-Dollar, bevor er wieder etwas zurückfiel. Gegenüber dem japanischen Yen wertete die US-Devise bis auf 140,40 ab und auch zum Franken, dem britischen Pfund und dem australischen Dollar verlor die US-Währung weiter an Boden. Der US-Dollar-Index sank zeitweise auf 97,92 Punkte – ein Niveau, das zuletzt im März 2022 gesehen wurde.
Ein zentraler Belastungsfaktor: Trumps öffentliche Angriffe auf Fed-Chef Jerome Powell, den er zuletzt als "major loser" bezeichnete und dessen Entlassung "nicht schnell genug" erfolgen könne. Aussagen dieser Art nähren Sorgen um die Unabhängigkeit der Notenbank – eine Grundvoraussetzung für das Vertrauen in jede Reservewährung. "Das Worst-Case-Szenario für den US-Dollar wäre, dass Powell einknickt und eine Notzinssenkung liefert", warnte ING-Stratege Francesco Pesole.
Die Unsicherheit trifft auf ein ohnehin fragiles wirtschaftliches Umfeld. Die von Trump verhängten flächendeckenden 10-Prozent-Zölle auf nahezu alle US-Importe – mit Ausnahmen für China, das mit 145 Prozent Sonderzöllen belegt wurde – belasten Konsum und Unternehmensgewinne. Goldman Sachs erwartet, dass diese Maßnahmen die Attraktivität von US-Assets weiter schmälern. "Die einstige US-Exzeptionalität als Treiber der US-Dollar-Stärke beginnt zu bröckeln", heißt es in einer aktuellen Studie der Investmentbank.









Die Folge: Kapitalabflüsse und ein wachsender Wunsch internationaler Investoren, das US-Dollar-Gewicht in Portfolios zu reduzieren. Bereits heute liegt der Anteil der US-Währung an den globalen Devisenreserven auf dem niedrigsten Stand seit Einführung des Euro.
Und obwohl der US-Dollar noch immer vom größten und liquidesten Anleihemarkt der Welt profitiert, wächst der Druck. "Sollte die US-Regierung es nicht schaffen, Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, droht eine dauerhafte Rotation weg vom US-Dollar", mahnt Andreas Steno Larsen von Steno Research.
Kurzfristig könnte es dennoch zu einem technischen Rebound kommen. Die spekulativen Wetten gegen den US-Dollar haben zuletzt ein Rekordniveau erreicht. Laut Daten der CFTC summieren sich die Netto-Short-Positionen auf über 40 Milliarden US-Dollar – ein Niveau, das in der Vergangenheit oft eine Gegenbewegung auslöste. Auch der Relative-Stärke-Index des Bloomberg US-Dollar Spot Index deutet auf eine überverkaufte Lage hin.
Doch strukturell sprechen die meisten Faktoren derzeit für einen weiter schwächelnden Greenback. Goldman Sachs prognostiziert für die kommenden zwölf Monate einen Rückgang des US-Dollar um 10 Prozent gegenüber dem Euro und 9 Prozent gegenüber Yen und Pfund.
Ein zunehmender Teil der Zölle dürfte dabei direkt in Form höherer Preise auf US-Konsumenten durchschlagen, was die US-Terms-of-Trade verschlechtert – und somit ebenfalls den US-Dollar belastet. Höhere Importpreise verschlechtern die Terms of Trade der USA, weil sie mehr für ausländische Waren zahlen müssen, ohne selbst höhere Einnahmen durch Exporte zu erzielen. Diese Entwicklung belastet den US-Dollar, weil sie die wirtschaftliche Attraktivität der USA aus globaler Sicht schmälert – sowohl realwirtschaftlich als auch finanziell.
Zwar bleibt der US-Dollar mangels ernstzunehmender Alternativen die globale Reservewährung – doch das Vertrauen in seine Stabilität scheint angeschlagen. Ohne eine politische Kehrtwende in Washington dürfte es der Greenback schwer haben, seine frühere Stärke wiederzuerlangen.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion

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