From Boom to Doom?
US-Märkte sind out – Anlegerflucht könnte Jahre andauern, warnt Société Générale
Während Anleger weltweit US-Aktien den Rücken kehren, prophezeit ein Stratege das langsame Ende der amerikanischen Finanzdominanz – und warnt: Die Ära des "Buy America" ist vorbei. Doch nicht alle geben den US-Markt auf.
- US-Finanzdominanz schwindet, Anleger wenden sich ab.
- Bokobza warnt vor Überbewertungen und Unsicherheit.
- Nomura setzt auf US-Markt trotz geopolitischer Risiken.
- Report: Die USA haben fertig! 5 Aktien für den China-Boom

Alain Bokobza, Stratege bei der Société Générale, sieht schwarz für amerikanische Vermögenswerte – insbesondere, wenn Präsident Donald Trump seine handelspolitische Linie beibehält. Die finanzielle Vormachtstellung der USA sei längst nicht mehr unangefochten, erklärt Bokobza.
Bereits im September 2024 warnte er vor Überbewertungen am US-Markt und riet Anlegern, ihr Engagement in den US-Dollar und US-Aktien zu reduzieren. Eine Empfehlung, die sich bislang ausgezahlt hat: Seitdem ist der S&P 500 um über 10 Prozent gefallen, der Dollar-Index um mehr als 8 Prozent.
"Bereits im September haben wir unseren Kunden gesagt, dass die Bewertungen in den USA besorgniserregend sind und dass die US-Wahlen die Tür zu einem weniger rosigen Szenario öffnen könnten", so Bokobza. Die neue Regierung in Washington schaffe "ein sehr hohes Maß an allgemeiner Unsicherheit". Der Rückzug globaler Investoren aus amerikanischen Assets habe gerade erst begonnen – und könne sich über Jahre hinziehen.
Bokobza sieht mehrere Gründe für die wachsende Skepsis gegenüber US-Anlagen. Der US-Dollar verliere seine Rolle als sicherer Hafen, die Risikoprämie für amerikanische Vermögenswerte steige, und die US-Aktienmärkte hätten sich zu lange auf wachstumsstarke, aber inzwischen zollbelastete Tech-Unternehmen konzentriert.
"In risikoscheuen Phasen der letzten 20 bis 30 Jahre ist der US-Dollar gestiegen, weil er immer ein sicherer Hafen war. Das sehe ich hier nicht", sagte er. "Denn die Risikoprämie für alle US-Vermögenswerte steigt, und diese Ausnahmestellung geht zu Ende."
Doch es gibt auch Gegenstimmen: Der japanische Finanzriese Nomura setzt mit einem milliardenschweren Deal bewusst auf eine Wiederbelebung des US-Markts. Mit der Übernahme eines Vermögensverwaltungsbereichs von Macquarie im Wert von 1,8 Milliarden US-Dollar macht das Unternehmen deutlich, dass es trotz aller Unsicherheiten langfristiges Potenzial sieht. "Wir sagen unseren Kunden immer, dass sie trotz kurzfristiger Schwankungen investiert bleiben sollen", sagte Christopher Willcox, Vorsitzender des Investment Management bei Nomura. "Wenn wir uns selbst nicht so verhalten würden, wären wir nicht besonders glaubwürdig."
Auch Willcox räumt ein, dass politische Risiken bestehen, glaubt aber an die Stabilität der US-Märkte: "Ich bin nicht pessimistisch für die Märkte", sagte er. "Kurzfristig werden wir alle unter großer Unsicherheit leiden."
Die geopolitische Unsicherheit wird zusätzlich durch den Druck auf die US-Notenbank verstärkt. Bokobza erwartet vor Juni keine geldpolitische Reaktion der Fed – zu unklar seien die wirtschaftlichen Folgen der Zollpolitik. Präsident Trump drängt unterdessen öffentlich auf Zinssenkungen, Fed-Chef Jerome Powell zeigt sich bislang jedoch standhaft.
In diesem Umfeld sehen internationale Investoren sich wieder stärker nach Alternativen um – und finden sie in Europa, Japan oder China. Dort seien Bewertungen attraktiver und Potenziale unterschätzt. "Protektionismus hat keine Gewinner, und die US-Regierung hat Schwierigkeiten zu beweisen, dass ihre Politik gut für das Land ist", sagte Bokobza. Wenn europäische Aktien outperformen und der Euro trotz Zinssenkungen steigt, "dann bedeutet das, dass in Europa etwas vor sich geht".
Autorin: Gina Moesing, wallstreetONLINE Redaktion

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