"Der Schaden ist angerichtet"
US-Tourismus könnte um 90 Milliarden US-Dollar einbrechen
Die USA erleben einen drastischen Einbruch bei internationalen Besucherzahlen – und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem das Land mehr denn je auf Einnahmen aus Dienstleistungen angewiesen ist.
- USA verzeichnen drastischen Rückgang bei Touristen.
- Einreisebedingungen und Rhetorik schaden dem Tourismus.
- Branche könnte bis zu 90 Mrd. USD Verlust erleiden.
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Schuld an den massenhaften Stornierungen sind nach Einschätzung von Ökonomen und Branchenvertretern vor allem die Abschottungspolitik von US-Präsident Donald Trump, verschärfte Einreisebedingungen und aggressive Rhetorik gegenüber langjährigen Verbündeten.
Im März 2025 brachen laut US-Handelsministerium die Besucherzahlen aus Westeuropa um 17 Prozent ein, aus Kanada sogar um über 70 Prozent – ein Rückgang, den Experten als "touristischen Boykott" interpretieren. Dabei entfallen 20 bis 30 Prozent der Reisen in die USA auf Kanadier.
Laut Goldman Sachs könnte der Rückgang internationaler Besucherzahlen und die sinkende Nachfrage nach US-Produkten die weltgrößte Volkswirtschaft im schlimmsten Fall bis zu 90 Milliarden US-Dollar kosten.
Dabei trifft der Einbruch ausgerechnet eine Branche, die als Rückgrat der amerikanischen Exportwirtschaft gilt: Reise- und Tourismusdienstleistungen machten 2023 rund 22 Prozent aller US-Dienstleistungsexporte aus und trugen laut International Trade Association 2,3 Billionen US-Dollar zur Wirtschaftsleistung bei.
Direkt im Tourismus- und Gastgewerbesektor sind in den USA im Jahr 2025 rund 15 Millionen Menschen beschäftigt. Diese Zahl umfasst Beschäftigte in Bereichen wie Hotels, Restaurants, Freizeitparks, Reiseveranstaltern und Transportdiensten. Die Branche trägt etwa 2,5 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Vereinigten Staaten bei und generiert jährlich rund 180 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen.
Airlines, Hotelketten und Freizeitunternehmen spüren die Folgen. ETFs, die den Reisesektor abbilden, haben seit Jahresbeginn zweistellig verloren. Delta Airlines musste die Umsatzprognose für das erste Quartal deutlich senken. Und Accor warnte, dass die Buchungen europäischer Gäste für Reisen in die USA im Sommer um 25 Prozent zurückgegangen seien. CEO Sébastien Bazin vermutet als Ursache den "bad buzz" rund um die verschärften Grenzkontrollen und Berichte über ausländische Gäste in US-Gewahrsam.
Zusätzliche Belastung kommt von der harten Gangart an den US-Grenzen. Fälle wie die wochenlange Inhaftierung einer kanadischen Schauspielerin oder die nächtliche Abschiebung zweier deutscher Studentinnen gehen um die Welt. Deutsche, britische und kanadische Behörden haben ihre Reisehinweise inzwischen verschärft – auch für Touristen mit gültigem Visum.
"Viele empfinden die aktuelle US-Politik als feindlich gegenüber traditionellen Partnern. Das trifft nicht nur Produkte, sondern auch Reisen", erklärte Professor Stefan Gössling von der Linnaeus Universität gegenüber Euronews. Seine Prognose: Das Reiseziel USA könnte dauerhaft an Attraktivität verlieren – auch mit Blick auf Großereignisse wie die Fußball-WM 2026 oder die Olympischen Spiele in Los Angeles 2028.
Analysten warnen: Sollte sich auch die Tourismus-Nachfrage aus dem Inland abschwächen, etwa bei einer Rezession oder durch steigende Preise für Lebensmittel und Güter allgemein, steht die Branche vor noch viel größeren Herausforderungen.
Trump selbst scheint die Entwicklung nicht zu beunruhigen. Doch wie Adam Sacks von Tourism Economics sagt: "Der Schaden ist angerichtet – und lässt sich selbst mit einem Kurswechsel nicht schnell beheben." Der "America First"-Kurs droht dem eigenen Land auf ungewohnte Weise zum Bumerang zu werden.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion

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