Kursziel gesenkt
Hauptversammlung der Angst: Aktionäre rechnen mit Bayer-Chef ab!
Bayer-Chef Bill Anderson steht unter Druck. Aktionäre drohen mit Konsequenzen. Die Hauptversammlung am Freitag könnte zur Zerreißprobe für den Konzern werden.
- Druck auf Bayer-Chef Anderson wächst vor Hauptversammlung.
- Aktionäre fordern klare Lösungen und Wertschöpfung.
- Kritische Kommunikation und hohe Schulden belasten Vertrauen.
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Vor der Hauptversammlung am Freitag wächst der Druck auf Bayer-Chef Bill Anderson. Zwei Jahre nach seinem Amtsantritt ist von der erhofften Wende beim angeschlagenen Agrar- und Pharmakonzern wenig zu spüren – und die Kritik wird lauter. "Die Bilanz Ihrer Amtszeit sieht verheerend aus", urteilt Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment, in seiner vorab veröffentlichten Rede. Bayer sei "nur noch ein Schatten seiner selbst". Eine klare Lösung für die durch die Glyphosat-Klagewelle in den USA ausgelöste Krise habe Anderson bislang nicht vorgelegt.
Trotz der scharfen Worte wollen sowohl Deka als auch Union Investment dem Vorstand die Entlastung erteilen – allerdings unter Auflagen. "Wir verbinden mit der Entlastung die Forderung, dass Sie, Herr Anderson, in Ihrem dritten Jahr endlich Wert für die Aktionäre generieren. Wenn Sie weiterhin auf der Stelle treten, werden wir bei der nächsten Hauptversammlung grundsätzlichere Fragen stellen müssen", so Speich. Auch die einflussreichen Stimmrechtsberater ISS und Glass Lewis empfehlen die Entlastung – ebenso wie die Zustimmung zur geplanten Kapitalerhöhung.
Kritisch gesehen wird dabei vor allem die Kommunikation. Speich erinnert: "In einem Interview im letzten Sommer haben Sie eine Kapitalerhöhung klar ausgeschlossen, jetzt hören wir plötzlich das Gegenteil. Da fragen wir uns, inwieweit Ihre Aussagen überhaupt Bestand haben." Angesichts der hohen Schulden, des schwachen Cashflows und der allgemeinen Unsicherheit bliebe den Aktionären jedoch kaum eine andere Wahl, als der Kapitalmaßnahme zuzustimmen.
Für Janne Werning von Union Investment steckt Bayer in einem Teufelskreis. Vertrauen lasse sich nicht virtuell wiederherstellen. "Nur echter Dialog in Präsenz kann Vertrauen schaffen, virtuelles Wegducken nicht", sagt er. Die Fondsgesellschaft wird daher – wie Deka und ISS – gegen die weitere Ermächtigung zur Abhaltung virtueller Hauptversammlungen stimmen. Speich kritisiert deutlich: "Sie muten Ihren Aktionärinnen und Aktionären eindeutig zu viel zu und ziehen sich in den bequemen Elfenbeinturm zurück – gerade wenn es kritisch wird."
Finanzanalysten zeigen sich skeptisch. AlphaValue/Baader Europe hat das Kursziel für Bayer deutlich gesenkt – von 37,10 auf 29,80 Euro. Die Analysten zweifeln daran, dass das Management am Freitag einen "soliden" Plan zur Lösung der Rechtsstreitigkeiten präsentieren wird. Vielmehr bestehe die Sorge, dass "der gesamte Erlös aus der potenziellen Kapitalerhöhung zur Finanzierung der Vergleichszahlungen benötigt werden könnte". Bayer habe noch keinen Weg gefunden, neue Klagen zu verhindern oder bestehende vollständig zu klären. Deshalb seien alle Bewertungsmodelle mit einem Abschlag von 40 Prozent versehen worden.
Trotz dieser Einschätzung bleibt die Bewertung auf "Kaufen". Doch die Zeit drängt – die kommenden Jahre könnten über Bayers Zukunft entscheiden.
Autorin: Gina Moesing, wallstreetONLINE Redaktion

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