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     1295  0 Kommentare September!

    Mittlerweile sind die Finanzzeitungen und Börsenkommentare voll von Warnungen vor dem saisonal schlechten September. Eher bullisch eingestellte Akteure sind froh darüber; sie argumentieren, wenn dies die Mehrheit erwartet, sollte das Gegenteil eintreten.

    Leider ist es nicht ganz so einfach. Erstens sind Erkenntnisse, die uns die Statistik liefert, immer nur Wahrscheinlichkeiten. Die Statistik deckt keine Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung auf, sondern stellt nur fest, dass bestimmte Merkmale häufiger oder seltener zusammen auftreten.

    Zweitens – was bedeutet „Mehrheit“? „Mehrheit“ wird in unserem Zusammenhang gewöhnlich so verstanden, dass ein Thema breit diskutiert wird und immer mehr Marktteilnehmer eine bestimmte Kurs-Richtung erwarten. Aber ist diese Mehrheit signifikant? Um welche Mehrheit geht es?

    Entscheidend für das, was an der Börse geschieht, ist gewöhnlich das, was die Mehrheit des Kapitals will. Was die meisten Akteure denken, muss nicht notwendigerweise dem entsprechen, was die Kapital-Mehrheit denkt und will. Mehr noch, das ist sogar eher seltener der Fall.

    Daher ist etwas dran an der Aussage, sich die Börse oft nicht in die Richtung entwickelt, die die Mehrheit (der Akteure) erwartet. Das ist die Überzeugung der Contrarians, aber es ist gefährlich, das als Automatismus zu praktizieren.

    Drittens: Selbst wenn die Kapital-Mehrheit nach oben will, weil die Mehrheit der Akteure pessimistisch ist, und es sich deshalb billig einkaufen lässt, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass auch bis zuletzt gelingt, was die Mehrheit des Kapitals will. Manchmal reicht nur ein kleiner, aber unvorhergesehener Anlass aus, um deren Pläne zu durchkreuzen.

    Für unser September-Thema bedeutet das: Die Mehrheit der Marktteilnehmer ist in Anbetracht der statistischen Erfahrungswerte pessimistisch, die Kapitalmehrheit erscheint bullisch. Also stiegen die Kurse schon im Vorgriff auf die sich verfestigende negative Meinung (wer macht denn eigentlich Meinungen?) – das ist seit Mitte August gut zu beobachten.

    So weit, so gut. Kommt jetzt der Punkt, an dem der Pessimismus in eine optimistischere Haltung übergeht, kommt die Aufwärtsbewegung in ihre zweite Phase und beschleunigt sich. Rückblickend fühlen sich dann die Marktteilnehmer, die konträr zur Mehrheitsmeinung gehandelt haben, (wieder einmal) darin bestätigt, gegen den Strom geschwommen zu sein.

    Stagniert die Entwicklung des Pessimismus aber, ebbt die Verkaufsneigung ab, die Aufwärtsbewegung kommt ins Stocken. Allmählich greifen Zweifel um sich, der implizite Konsens der Kapitalmehrheit wankt. Die Akteure, die früh „konträr“ zugegriffen haben, werden zunehmend nervös. Dann reicht auch schon ein vergleichsweise geringer Anlass aus, der erste will seine Gewinne sichern und stürzt zum Ausgang, andere folgen, die Tür ist zu eng, die Kurse purzeln besonders heftig. Hier lässt sich rückblickend in Bezug auf unser September-Thema dann sagen: „Self-fulfilling prophecy“.
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    Klaus Singer
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    Verfasst von Klaus Singer
    September! Mittlerweile sind die Finanzzeitungen und Börsenkommentare voll von Warnungen vor dem saisonal schlechten September. Eher bullisch eingestellte Akteure sind froh darüber; sie argumentieren, wenn dies die Mehrheit erwartet, sollte das Gegenteil …