US-Dollar
Weltleitwährung droht Abverkaufswelle über 2,5 Billionen US-Dollar
Ein Strategiewechsel asiatischer Investoren könnte dem US-Dollar schwer zusetzen. Experten warnen vor einem möglichen Kapitalabzug in Billionenhöhe – ausgelöst durch die neue US-Handelspolitik.
- Strategiewechsel asiatischer Investoren droht US-Dollar.
- Kapitalabzug von bis zu 2,5 Billionen US-Dollar möglich.
- Politische Spannungen und Zinsänderungen belasten Dollar.
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Dem US-Dollar droht ein gefährlicher Gegenwind vor allem aus Asien. Laut einer neuen Analyse des Währungsstrategen Stephen Jen von Eurizon SLJ Capital könnten asiatische Exporteure und institutionelle Investoren dem Greenback bald massenhaft den Rücken kehren – mit potenziell dramatischen Folgen für die globale Finanzarchitektur. Das Volumen der zur Disposition stehenden US-Dollar-Bestände beziffern Jen und seine Co-Autorin Joana Freire auf bis zu 2,5 Billionen US-Dollar.
In den vergangenen Jahren haben asiatische Volkswirtschaften – allen voran China, Taiwan, Malaysia und Vietnam – im Zuge wachsender Handelsüberschüsse gewaltige US-Dollar-Reserven aufgebaut. Diese Kapitalberge, vielfach in kurzfristige Geldmarktinstrumente geparkt, könnten nun ins Wanken geraten. Hintergrund ist die wachsende Unsicherheit über den Kurs der Vereinigten Staaten unter Präsident Donald Trump, der mit neuen Zöllen und protektionistischen Maßnahmen das globale Handelssystem unter Druck setzt.
"Die Risiken für eine abrupte, nichtlineare Abwertung des US-Dollars nehmen zu", schreiben Jen und Freire. Besonders auffällig war zuletzt der massive Anstieg des Taiwan-Dollars, der innerhalb von zwei Tagen um mehr als neun Prozent gegenüber dem US-Dollar zulegte – der größte Sprung seit dem Jahr 1988. Auch andere asiatische Währungen wie der südkoreanische Won zeigten deutliche Stärke. Der US-Dollar-Index (DXY), der die Entwicklung des Greenbacks gegenüber den wichtigsten Weltwährungen abbildet, hat seit Jahresbeginn bereits mehr als 8 Prozent eingebüßt.
Der Hintergrund dieser Bewegungen ist nicht nur technischer Natur. Vielmehr sehen die Autoren strukturelle Verschiebungen: Wenn sich das geopolitische Klima weiter verschlechtert, die Federal Reserve die Zinsen senkt und gleichzeitig Peking seine Währungspolitik lockert, könnte das Vertrauen in den US-Dollar massiv erodieren. Die People’s Bank of China hat den Yuan in diesem Jahr bislang eng an den Greenback gebunden – ein politisch motiviertes Gleichgewicht, das jedoch bei wachsendem Druck kippen könnte.







Ein zusätzlicher Auslöser für einen US-Dollar-Ausverkauf könnten politische Spannungen sein. Präsident Trump verhängte zum Teil deutliche Einfuhrzölle auf Importe. Gleichzeitig arbeitet seine Regierung an neuen bilateralen Handelsabkommen – auch mit asiatischen Staaten, die bislang große Teile ihres Außenhandels in US-Dollar abwickeln.
Noch gibt es widersprüchliche Signale: Während Analysten von Barclays die Bewegungen im Taiwan-Dollar für übertrieben halten und keine systemischen Risiken sehen, weisen Ökonomen von Deutsche Bank auf erste Verkäufe von US-Anleihen durch taiwanesische Investoren hin. Die US-Notenbank hat vorerst keine Zinssenkung beschlossen, doch die Markterwartungen gehen von insgesamt 75 Basispunkten Lockerung bis Ende 2025 aus – was den US-Dollar zusätzlich schwächen könnte.
Stephen Jen, bekannt für seine "Dollar-Smile"-Theorie, sieht in der aktuellen Entwicklung ein Ungleichgewicht: Der US-Dollar profitiert der Theorie zufolge traditionell sowohl von wirtschaftlicher Stärke als auch von Schwäche der US-Wirtschaft. Derzeit jedoch verliert er in einem Umfeld, das beides nicht mehr klar bietet – weder US-Dominanz noch Sicherheit.
Wenn sich immer mehr Länder schrittweise aus dem Greenback zurückziehen, weil sie ihn nicht mehr als sicher wahrnehmen oder ihre Abhängigkeit von US-Anlagen reduzieren wollen, könnte die globale Finanzordnung nachhaltig hinterfragt werden und der Status des US-Dollars als die größte Reservewährung der Welt ins Wanken geraten.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion

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