ROUNDUP/Gutachten

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    Reformtempo in der Migrationspolitik ist zu hoch

    Für Sie zusammengefasst
    • SVR rät zu langsamerer Reform der Migrationsgesetze.
    • Einbürgerung bleibt langwierig trotz Gesetzesänderungen.
    • Fachkräftezuwanderung erfordert organisatorische Verbesserungen.

    BERLIN (dpa-AFX) - Die neue Bundesregierung sollte aus Sicht des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) bei der Reform der Gesetzgebung zu Migration, Staatsangehörigkeit und Asyl nicht zu viel Tempo vorlegen. Häufige Gesetzesänderungen stellten hohe Anforderungen an die Verwaltung, "die bei der Schulung des Personals mit den Veränderungen kaum Schritt halten kann", heißt es im aktuellen SVR-Jahresgutachten.

    Dies erhöhe die Gefahr, dass Gesetze am Ende nur schleppend und ineffizient umgesetzt würden. Zudem erschwere ein zu hohes Tempo in der Gesetzgebung die Beurteilung der Wirksamkeit von Reformen.

    Verständnis für Politikerinnen und Politiker

    Der Rat erkenne an, dass die Politik besonders in Zeiten eines dynamischen Migrationsgeschehens Handlungsfähigkeit beweisen müsse. "Er weist aber zugleich darauf hin, dass Bürgerinnen und Bürger die Reaktionsfähigkeit von Politik nicht allein daran bemessen, ob der Bund Gesetze erlässt", ist im Gutachten nachzulesen.

    Neue Praxis an der Grenze

    CDU, CSU und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, keine neuen freiwilligen Bundesaufnahmeprogramme für besonders Schutzbedürftige aufzulegen. Mindestens zwei Jahre lang soll es keinen Familiennachzug für Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus geben.

    In Abstimmung mit den europäischen Nachbarn sollen an den deutschen Landgrenzen auch Asylsuchende zurückgewiesen werden. Eine entsprechende Aufforderung an die Bundespolizei kam am vergangenen Mittwoch von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU).

    Die von der Union als "Turbo-Einbürgerung" genannte Einbürgerung von besonders gut integrierten Ausländern bereits nach drei Jahren soll es demnächst nicht mehr geben.

    Lange Wartezeiten auf Weg zum deutschen Pass

    Verbesserungen in der Verwaltung sind aus Sicht der Sachverständigen etwa notwendig, um die Ziele der von der Ampel-Koalition beschlossenen Reform des Staatsangehörigkeitsrechts zu erreichen. Die Wartefrist für eine Einbürgerung war von acht Jahren auf fünf Jahre verkürzt und der Doppelpass für Nicht-EU-Bürger generell erlaubt worden. Allerdings sind die Wartezeiten auf dem Weg zum deutschen Pass weiterhin sehr lang, da die Einbürgerungsbehörden schon vor der Reform vielerorts überlastet waren.

    Um Unsicherheiten bei der Anwendung des neuen Rechts zu reduzieren und eine möglichst einheitliche Umsetzung sicherzustellen, sollte der Bund eine seit 2001 geltende Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht überarbeiten, rät der SVR.

    Die Zahl der Menschen, die durch Einbürgerung Deutsche wurden, war 2023 mit rund 194.000 Einbürgerungen so hoch wie noch nie. Dass dieser Trend 2024 nach Informationen der Landesbehörden noch zugenommen hat, hat nicht nur mit der Reform zu tun, sondern liegt auch daran, dass viele syrische Flüchtlinge, die 2015 und 2016 nach Deutschland kamen, inzwischen die Voraussetzungen für die Einbürgerung erfüllen.

    Aufwand und Hürden für ausländische Fachkräfte zu hoch

    Damit künftig mehr Fachkräfte nach Deutschland einwandern, bedarf es aus Sicht des SVR nicht in erster Linie neuer Gesetze. Vielmehr sollten organisatorische Veränderungen vorgenommen werden, um die langen, umständlichen Verfahren abzukürzen. Vor allem sollte das Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten hier mehrere Aufgaben zusätzlich übernehmen und dadurch die Ausländerämter entlasten.

    Um Flüchtlinge schneller in Arbeit zu bringen, empfiehlt der Rat, Geflüchtete systematisch von einer temporär angelegten Assistenztätigkeit über berufsbegleitende Nachqualifizierungen an eine qualifizierte Tätigkeit heranzuführen. Integrationskurse sollten mit verlässlicher Kinderbetreuung sowie in Teilzeit angeboten werden, um den Teilnehmenden zu ermöglichen, parallel zu arbeiten. Aus Sicht des SVR könnte dies vor allem bei Geflüchteten aus der Ukraine zu einem höheren Anteil von Erwerbstätigen führen.

    Nutzung des Ausländerzentralregisters

    Ein Dauerproblem ist aus Sicht der Expertinnen und Experten die Art und Weise, wie Behörden von Bund und Ländern das Ausländerzentralregister (AZR) nutzen beziehungsweise nicht nutzen. So würden Daten, die etwa bei den Ausländerbehörden vor Ort erhoben werden, nicht immer automatisch ins AZR eingespeist, was mehr Arbeit für die Verwaltungsmitarbeiter bedeute, die dies dann manuell tun müssten.

    Zudem müssten die Ausländerbehörden einen Abruf von Daten aus dem AZR jeweils dokumentieren und begründen - "dies macht die Arbeit mit dem AZR zusätzlich unattraktiv", schlussfolgern die Autoren des Gutachtens./abc/DP/mis






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