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    Die USA und ihr chronisches Leistungsbilanzdefizit

    Ein Thema, das besonders wichtig, aber komplex ist, ist der Zusammenhang zwischen Währungsungleichgewichten und internationalem Handel.

    Für Sie zusammengefasst
    • Währungsungleichgewichte beeinflussen den Handel global.
    • USA haben seit Jahrzehnten ein Leistungsbilanzdefizit.
    • Defizit zeigt strukturelle Probleme im Finanzsystem.
    Die USA und ihr chronisches Leistungsbilanzdefizit

    In den letzten Monaten konnte man beobachten, wie sich dieses Thema auf die Finanzmärkte auswirkte. Es ist ein Bereich, der die Menschen nicht direkt berührt und auch nicht sehr unterhaltsam ist – aber er bewegt die Welt und die Wirtschaft.

    Die Vereinigten Staaten haben seit Jahrzehnten ein Leistungsbilanzdefizit. Das bedeutet: Die USA führen mehr Güter, Dienstleistungen und Kapital ins Land ein, als sie selbst ins Ausland liefern. Dieses Defizit ist kein zufälliger oder vorübergehender Zustand, sondern Ausdruck struktureller wirtschaftlicher und währungspolitischer Entwicklungen, die das globale Finanzsystem ebenso prägen wie es zunehmend unter Spannung setzen.

    🇺🇸 Industrie im Rückzug, Konsum in der Offensive

    Ein zentraler Treiber dieses Ungleichgewichts liegt in der wirtschaftlichen Struktur selbst. Während viele Länder – insbesondere in Asien – ihre industrielle Wettbewerbsfähigkeit massiv gesteigert haben, haben die USA seit den 1980er-Jahren eine schleichende Deindustrialisierung erlebt. Ganze Wertschöpfungsketten wurden ausgelagert, vor allem nach China und Mexiko. Heute werden große Teile der Konsum- und Investitionsgüter importiert – Smartphones, Maschinen, Elektronik, Medikamente.

    Parallel dazu blieb die US-Wirtschaft konsumgetrieben: Haushalte, Unternehmen und der Staat geben mehr aus, als sie sparen oder produzieren. Der hohe Konsum trifft auf eine strukturell schwache Exportbasis – das führt zu einem dauerhaften Handelsbilanzdefizit, das einen zentralen Teil des Leistungsbilanzsaldos ausmacht.

    Während die globale Industrieproduktion seit 1980 kontinuierlich zunimmt, verharrt die US-Industrie nahezu auf dem Niveau von vor 40 Jahren – ein deutlicher Hinweis auf den Verlust an industrieller Substanz.

    Der Dollar als Leitwährung – Segen und strukturelle Falle

    Ein zweiter entscheidender Faktor ist die Rolle des US-Dollars als globale Leitwährung. Der Dollar ist nicht nur Zahlungsmittel, sondern Rückgrat des internationalen Finanzsystems: Rohstoffpreise werden in Dollar festgesetzt, Staatsanleihen weltweit in Dollar gehalten, internationale Verträge in Dollar denominiert. Dieses „exorbitante Privileg“, wie es der französische Finanzminister Giscard d’Estaing einst nannte, erlaubt es den USA, sich permanent über Kapitalimporte zu finanzieren.


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    Dr. Harald Meisner
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    Dr. Harald Meisner ist ehemaliger Professor und heutiger Lehrbeauftragter für Finanzwirtschaft an der Rheinischen Fachhochschule in Köln. Sein Forschungs- und Interessenschwerpunkt liegt seit 2004 im Themengebiet „Finanzwirtschaft in der Internetökonomie“*; so lautet auch das zuletzt von ihm im Springer-Verlag erschienene Buch*. Prof. Meisner betreibt den Blog blog.meisnerconsult.de, auf dem er sich zu Finanzinnovationen, Crowdinvesting , FinTechs und der Blockchain-Technologie im einzelwirtschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Kontext äußert.

    Prof. Meisner berät auch kleine und mittlere Unternehmen bezüglich alternativer Finanzierungsmöglichkeiten mit Hilfe seiner Firma MeisCon Hürth (meisnerconsult.de).

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    Verfasst von Dr. Harald Meisner
    Die USA und ihr chronisches Leistungsbilanzdefizit Ein Thema, das besonders wichtig, aber komplex ist, ist der Zusammenhang zwischen Währungsungleichgewichten und internationalem Handel.