Ruhe vor dem Sturm

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    Europa sollte sich nicht in trügerischer Sicherheit wiegen

    US-Präsident Donald Trump ist kein Freund von Europa, wie er immer wieder klar gemacht hat. Wenn er wieder auf Konfrontationskurs mit Europa einschwenkt, könnte die Region empfindlich getroffen werden.

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    Ruhe vor dem Sturm - Europa sollte sich nicht in trügerischer Sicherheit wiegen

    Wer glaubt, Donald Trump habe im Handelsstreit den Rückwärtsgang eingelegt, könnte bald eines Besseren belehrt werden. Nach temporären Entspannungen mit Großbritannien und China wird sich die Aufmerksamkeit des US-Präsidenten früher oder später wieder seinem Lieblingsfeindbild zuwenden: Europa. Die Europäische Union sei "gemeiner als China", erklärte Trump jüngst – und legte damit die rhetorische Axt an ein transatlantisches Verhältnis, das ökonomisch ein Volumen von 1,6 Billionen Euro hat.

    Für die Finanzmärkte kommt diese Fokussierung nicht völlig überraschend. Die EU war für Trump nie mehr als ein Subventionsklub mit Handelsüberschüssen, der sich auf US-Sicherheitsschirm und Exportmodell ausruht. Neu ist jedoch die strategische Kaltstellung Europas im globalen Verteilungskampf: Während die USA mit allen möglichen Ländern Handelsvereinbarungen treffen, scheint Europa politisch am Ende der Warteschlange zu stehen.

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    Die jüngsten Äußerungen von US-Finanzminister Scott Bessent, der Europas interne Zerstrittenheit für den stockenden Fortgang der Handelsgespräche verantwortlich macht, wirken wie ein Brandbeschleuniger. Und Trump selbst scheint entschlossen, alte Rechnungen zu begleichen – nicht zuletzt wegen der unzureichenden Verteidigungsanstrengungen der Europäer. Während sich der amerikanische Fokus auf den Nahen Osten, China und den Indo-Pazifik verlagert, bleibt Europa zunehmend zurück.

    Für die EU ist das Risiko real, erneut zur Zielscheibe zu werden – insbesondere wenn sie als wirtschaftlich erfolgreicher, aber sicherheitspolitisch abhängig wahrgenommen wird. Sollte es zu keiner Einigung kommen, wäre es durchaus möglich, dass neue Zölle hinzukommen, beziehungsweise die bereits bestehenden deutlich erhöht werden. Im Fokus dürften neben den Automobilkonzernen auch Agrarprodukte, Maschinen oder Konsumgüter wie Wein oder Luxusartikel sein.

    Daneben stehen Trump aber auch nichttarifäre Handelshemmnisse zur Verfügung. Dazu zählen etwa verschärfte Zulassungsverfahren, administrative Verzögerungen bei der Zollabfertigung oder neue regulatorische Standards, etwa im Bereich Produktsicherheit oder andere Auflagen. Solche Maßnahmen könnten Exporteure empfindlich treffen, ohne formell gegen bestehende Handelsabkommen zu verstoßen.

    Ein weiteres Instrumentarium bieten US-Gesetze wie Section 232 des "Trade Expansion Act" oder Section 301 des "Trade Act of 1974". Während ersteres Zölle mit der Begründung nationaler Sicherheit erlaubt – etwa auf Stahl oder Aluminium –, eröffnet letzteres den Weg für Strafmaßnahmen bei vermeintlich unfairen Handelspraktiken. Trump hat beide Paragrafen bereits offensiv gegenüber China und der EU genutzt.

    Darüber hinaus könnte Trump politischen Druck aufbauen, indem er die EU öffentlich für ihre Exportüberschüsse oder niedrigen Verteidigungsausgaben kritisiert – eine Strategie, die er bereits in der Vergangenheit anwandte. 

    Auch die Drohung mit dem Ausstieg aus multilateralen Abkommen oder die gezielte Bevorzugung bilateraler Deals mit einzelnen EU-Staaten könnte als Hebel dienen, um Brüssel unter Zugzwang zu setzen. Dabei stünde weniger die ökonomische Logik im Vordergrund als vielmehr die politische Wirkung.

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    Die protektionistische Wende unter Trump – ob mit Strafzöllen, America-First-Rhetorik oder militärischem Rückzug – ist keine Phase, sondern Strategie. Und mit Blick auf die Zwischenwahlen im Herbst 2026 dürfte sich daran wenig ändern. Europa täte gut daran, sich für den Fall der Fälle zu wappnen. Nicht erst, wenn die nächste Zollliste auf Brüssels Schreibtisch landet.

    Denn das eigentliche Risiko liegt nicht im Status quo, sondern in der Illusion der Stabilität. In der Annahme, man könne sich weiter auf amerikanische Garantien verlassen, während man politisch zaudert und wirtschaftlich stagniert. Wer die Äußerungen des US-Präsidenten der vergangenen Jahre aufmerksam verfolgt hat, weiß: Wenn Trump Europa "gemeiner als China" nennt, ist das keine bloße Provokation. Es ist die Vorwarnung auf den nächsten Schlag. Und diesmal könnte er sitzen.

    Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion


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    Verfasst vonRedakteurIngo Kolf

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