"Sendet Schockwellen"

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    Chinas schleichender Ausstieg aus US-Staatsanleihen

    Chinas Abbau seiner US-Staatsanleihen erreicht ein neues Level – mit potenziell weitreichenden Folgen für die Finanzierung der US-Schulden. Die hohe Verschuldung macht die USA angreifbar, auch von anderen Ländern.

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    "Sendet Schockwellen" - Chinas schleichender Ausstieg aus US-Staatsanleihen

    China zieht sich in aller Stille, aber konsequent aus einer der wichtigsten Rollen im globalen Finanzsystem zurück: der des größten Halters von US-Staatsanleihen. Von seinem Höchststand im Jahr 2013 mit über 1,3 Billionen US-Dollar hat China seinen Bestand inzwischen nahezu halbiert. Der schleichende Rückzug unterstreicht, wie verwundbar die USA durch ihre stetig steigende Verschuldung geworden sind.

    Jüngsten Zahlen des US-Finanzministeriums zufolge sank der chinesische Bestand im März auf 765 Milliarden US-Dollar – ein Rückgang um fast 20 Milliarden US-Dollar gegenüber dem Vormonat. Damit ist das Land zum ersten Mal seit über zwei Jahrzehnten auf Platz drei abgerutscht, hinter Japan und dem Vereinigten Königreich. Bereits im Juni 2019 war Japan auf Platz 1 aufgestiegen und hatte China auf die Nummer 2 verwiesen.

    Alicia García-Herrero von Natixis sieht in dem Rückzug Chinas eine langfristige strategische Neuausrichtung: "China verkauft langsam, aber stetig – das ist ein Warnsignal an die USA", sagte sie gegenüber der Financial Times.

    Während Tokio seine Bestände im März aufgestockt hat und in London vor allem global tätige Finanzhäuser als Käufer auftreten, setzt Peking den Abbau fort. Doch auch Japan hält aktuell deutlich weniger der US-Wertpapiere als noch vor vier Jahren.

    Tatsächlich ist die Herabstufung der USA durch Moody's – nach Fitch und S&P – nur das jüngste Indiz für wachsende Zweifel an der fiskalischen Solidität der Vereinigten Staaten. Und Chinas Verhalten verstärkt diese Sorge. Laut Brad Setser vom Council on Foreign Relations zeigt sich zudem eine qualitative Verschiebung: China verkürze systematisch die Laufzeiten seiner US-Anleihen, erhöhe also den Anteil leicht veräußerbarer Papiere.

    Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer geopolitischen Eskalation oder finanzieller Instabilität kurzfristig Kapital abgezogen werden könnte. Die Bond-Bestände Chinas könnten also leicht als Waffe oder zumindest gutes Argument in Verhandlungen mit den USA eingesetzt werden. Das gleiche gilt für andere Groß-Besitzer wie Japan und Großbritannien.

    Sehr deutliche Worte fand der japanische Finanzminister Katsunobu Kato Anfang Mai, als er erklärte, dass der Verkauf der US-Treasuries eine "Karte auf dem Tisch" bei den Zollverhandlungen sei. Auch wenn er kurz danach wieder zurückruderte, dürfte die Drohung gesessen haben.

    Ein abrupter Ausstieg eines Großgläubigers wie China oder Japan würde zu einem weltweiten Ausverkauf bei den US-Bonds führen und die Refinanzierungskosten für die US-Regierung massiv in die Höhe treiben. Bereits jetzt liegt der US-Schuldenberg bei über 36 Billionen US-Dollar. "Wenn einer der zuverlässigsten Käufer plötzlich ausfällt, sendet das Schockwellen durch die globalen Finanzmärkte", warnt Ernie Tedeschi von der Yale University. Ein solcher Schritt würde den US-Dollar unter Druck setzen, die Anleiherenditen steigen lassen und das Vertrauen in die Stabilität der USA erschüttern.

    Doch auch für China wäre ein großangelegter Verkauf riskant: Die eigenen Bestände würden im Preis fallen, die eigene Währung aufwerten und die Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Exporte leiden. Es bleibt also ein Spiel mit hohem Einsatz auf beiden Seiten.

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    Noch ist keine breit angelegte Flucht aus US-Anlagen sichtbar – die Gesamtbestände ausländischer Investoren an US-Staatsanleihen erreichten im März sogar ein neues Rekordhoch von über 9 Billionen US-Dollar. Doch das Bild trügt. Immer mehr Länder suchen nach Alternativen. Analysten verweisen zudem auf die weltweit wachsenden Goldreserven.

    Gleichzeitig unterstreicht der schleichende Rückzug Chinas, wie verwundbar die USA durch ihre wachsende Schuldenabhängigkeit geworden sind. Immer mehr Beobachter fordern deshalb eine Neujustierung der US-Finanzpolitik – bevor aus einem strategischen Signal ein handfester Finanzschock wird.

    In der Zwischenzeit geht die US-Regierung mit ihren Plänen für zusätzliche Steuererleichterungen im Volumen von rund 4,5 Billionen US-Dollar in die entgegengesetzte Richtung.

    Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion


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    Verfasst vonRedakteurIngo Kolf
    "Sendet Schockwellen" Chinas schleichender Ausstieg aus US-Staatsanleihen Chinas Abbau seiner US-Staatsanleihen erreicht ein neues Level – mit potenziell weitreichenden Folgen für die Finanzierung der US-Schulden. Die hohe Verschuldung macht die USA angreifbar, auch von anderen Ländern.