Wegen ESG-Ausstieg
Europäische Investoren wenden sich von US-Vermögensverwaltern ab
In Europa überdenken milliardenschwere Investoren ihre Beziehungen zu US-Vermögensverwaltern, die sich aus Klimaschutz- und ESG-Initiativen zurückziehen. Dies könnte langfristig zu einer Umverteilung von Kapital führen.
- Europäische Investoren überdenken US-Vermögensverwalter.
- Rückzug von US-Managern gefährdet Klimaziele in Europa.
- Kapitalabflüsse aus USA zugunsten europäischer Projekte.
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Der Rückzug großer US-Vermögensverwalter von Klimaschutzinitiativen und ESG-Zielen sorgt zunehmend für Besorgnis in Europa. In den vergangenen Monaten haben sich mehrere europäische Pensionsfonds und institutionelle Investoren entschieden, ihre Beziehungen zu US-Managern zu überdenken oder sogar zu beenden, da diese auf Druck der Trump-Administration ihre langjährigen Prinzipien des verantwortungsvollen Investierens aufgeben.
Ein herausragendes Beispiel ist der niederländische Pensionsfonds PME, der in Erwägung zieht, seine Partnerschaft mit BlackRock zu überprüfen, nachdem der US-Gigant aus der "Net Zero Asset Managers"-Initiative ausgestiegen ist. Die Entscheidung wurde als direkte Reaktion auf die wachsende Kluft zwischen den Werten europäischer und US-amerikanischer Vermögensverwalter getroffen.
"Es gibt jetzt eine Trennung zwischen den Werten europäischer und US-amerikanischer Vermögensverwalter“, die besonders deutlich sei, wenn es um Engagements, aktive Beteiligung und die Mitgliedschaft in Klima-Initiativen und das Abstimmungsverhalten gehe, erklärte Daan Spaargaren, der verantwortliche Investmentstratege bei PME, im Interview mit Bloomberg. Der Pensionsfonds mit einem Volumen von etwa 57 Milliarden Euro prüft derzeit einen 5 Milliarden Euro schweren Auftrag mit BlackRock. Danach sollen auch die anderen Investments auf Divergenzen zu den eigenen Zielen untersucht werden.
Andere in Europa haben sich ähnlich geäußert. Im Mai warnte ein leitender Portfoliomanager von Allianz Global Investors, die Politik der Republikaner unter Trump bedeute, dass die USA möglicherweise keine "verlässliche Investitionbahn" mehr bieten. Die Allianz-Tochter verwaltet 561 Milliarden Euro. Pimco mit 2,03 Billionen US-Dollar (1,78 Billionen Euro) an verwaltetem Kapital gehört ebenfalls zum deutschen Versicherungsriesen. Der dänische Pensionsfonds PFA Pension, der rund 105 Milliarden Euro verwaltet, nannte die Entscheidung der US-Geldmanager, von ihren Klimazielen abzurücken, "bedauerlich", und kündigte ebenfalls Prüfungen seiner Investments an. Und auch die niederländische PGGM Group mit 250 Milliarden Euro verwaltetem Kapital führt ein Review ihrer Asset Manager durch.
Laut Spaargaren hat die Entscheidung von BlackRock, sich von der Net-Zero-Allianz zu verabschieden, die Klimaziele von PME gefährdet, weshalb der Fonds die Partnerschaft möglicherweise beenden wird. BlackRock argumentiert, immer noch ein globaler Marktführer im Bereich nachhaltige Investitionen zu sein, doch Spaargaren wies darauf hin, dass die schwindende Unterstützung für ESG-Ziele von US-Managern in Europa zunehmend als unvereinbar mit den eigenen Prinzipien wahrgenommen wird.
Die Bedenken, die sich bei Investoren wie PME und anderen europäischen Pensionsfonds manifestieren, betreffen nicht nur die Klimaziele, sondern auch die allgemeine Haltung gegenüber sozialer Verantwortung und guter Unternehmensführung. Die wachsende Diskrepanz zwischen den ESG-Praktiken der größten US-Vermögensverwalter und den hohen Standards in Europa führt dazu, dass immer mehr Investoren ihre Engagements überdenken. So hat der dänische Pensionsfonds AkademikerPension kürzlich 3,3 Milliarden dänische Kronen (ca. 442 Millionen Euro) in einem Mandat mit State Street gestrichen, weil das Unternehmen in den letzten Jahren bei der Umsetzung von Klimarisiken und Klimainvestitionen zurückgefallen ist.
Die Situation wird durch die politischen Spannungen zwischen den USA und Europa noch verstärkt. In den letzten Jahren haben US-Vermögensverwalter wie BlackRock und State Street ihre Unterstützung für Initiativen zur Bekämpfung des Klimawandels verringert, was nicht nur von europäischen Investoren, sondern auch von US-Behörden kritisch beobachtet wird. Das Zurückweichen der US-Manager von Klimainitiativen könnte zu einem signifikanten Verlust von Kapital führen, das in Projekte mit klaren ESG-Kriterien investiert werden soll.
Europäische Vermögensverwalter kritisieren, dass die US-Politik die Standards für ESG und Klima vollständig untergraben haben. "Vermögensverwalter müssen nicht genau so denken wie wir, denn es handelt sich natürlich um sehr komplexe Angelegenheiten, und es kann verschiedene Wege geben, um das gleiche Ziel zu erreichen", sagte Anders Schelde, CIO von AkademikerPension. "Aber sie müssen bis zu einem gewissen Grad mit unserer Denkweise und unserer Weltsicht übereinstimmen." Für europäische Investoren sind ESG-Initiativen nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern auch ein langfristiges finanzielles Ziel. Eine klare Ausrichtung auf nachhaltige Investitionen wird als notwendige Strategie für zukünftiges Wachstum und Risikomanagement angesehen.
Die Unsicherheit, die durch die Politik der Trump-Administration entsteht, hat den US-Markt für viele europäische Investoren zunehmend unattraktiv gemacht. Europäische Unternehmen und Vermögensverwalter sehen eine höhere Stabilität und Klarheit in der europäischen Regulierung und der langfristigen Ausrichtung auf nachhaltige Investments. Dies spiegelt sich auch in der Umverteilung von Kapital wider, wie es von Amundi, dem größten europäischen Vermögensverwalter, beobachtet wird. Das Unternehmen berichtete kürzlich, dass es einen Anstieg der Kapitalabflüsse aus den USA verzeichnete, während gleichzeitig eine zunehmende Nachfrage nach Investitionen in europäische Projekte festgestellt wurde.
Die Konsequenzen dieser Verschiebung in der globalen Investitionslandschaft sind noch nicht vollständig absehbar, könnten jedoch eine langfristige Umverlagerung von Kapital von den USA hin zu Märkten mit klareren und stabileren ESG-Richtlinien zur Folge haben. Das kann europäischen Vermögensverwaltern mittelfristig zugutekommen. Ihre US-Konkurrenten sitzen gleichzeitig zwischen den Stühlen: Wenn sie sich nach europäischen Richtlinien richten, verlieren sie Mandate aus den USA, wenn sie aus nachhaltigen Investitionen zurückziehen, ziehen europäische Kunden Kapital ab.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion
