Angebot hoch, Käufer streiken
Die USA stehen an der Schwelle zur Immobilienkrise
Hartnäckig ohe Hypothekenzinsen und wirtschaftliche Unsicherheit dämpfen in den USA die Kaufbereitschaft der Verbraucher. Die Aussichten für den Immobilienmarkt sind düster.
- Hohe Hypothekenzinsen dämpfen Kaufbereitschaft stark.
- Verkaufszahlen bei Immobilien sinken dramatisch ab.
- Erstkäuferanteil fällt, Markt bleibt für Käufer teuer.
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Die US-Immobilienmärkte stehen am Rande einer Krise. Die Kombination aus hohen Hypothekenzinsen, sinkender Nachfrage und einem übersättigten Markt lässt die Branche das Schlimmste befürchten. Sowohl im Bereich der Neubauten als auch bei den bestehenden Immobilien sind die Verkaufszahlen zuletzt Bereich alarmierend gefallen. Die Daten für April zeigen einen dramatischen Rückgang der Verkäufe, und die Aussichten für den Rest des Jahres bleiben düster.
Die Hypothekenzinsen sind in den letzten Wochen konstant auf einem sehr hohen Niveau um sieben Prozent geblieben. Laut Freddie Mac lag der durchschnittliche Zinssatz für ein 30-jähriges Hypothekendarlehen in der vergangenen Woche bei 6,85 Prozent, nur leicht unter den 6,89 Prozent der Vorwoche.
Diese Zinsen spiegeln die Entwicklung der US-Staatsanleihen wider, die ihrerseits von der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Lage beeinflusst werden. Seit Herbst 2022 pendeln die Hypothekenzinsen bereits um die Marke von sieben Prozent und das drückt auf die Kauflaune der Verbraucher. Die Hoffnung, dass es in diesem Jahr zu deutlichen Zinssenkungen der Federal Reserve kommen würde und damit auch zu sinkenden Kreditzinsen, hat sich bislang nicht erfüllt.
Laut dem US-amerikanischen Immobilienverband (National Association of Realtors, NAR) brachen die Vertragsabschlüsse bei anstehenden Immobilienkäufen im April um 6,3 Prozent im Vergleich zum Vormonat ein. Dies ist das deutlichste Zeichen für eine Abkühlung der Nachfrage seit der Finanzkrise. Der Rückgang im Bereich des deutlich größeren Marktes bestehender Immobilien ist besonders besorgniserregend. Im April sackten die Verkäufe saisonbereinigt auf eine Jahresrate von 4 Millionen Einheiten ab, das sind die schwächsten Zahlen seit 2009.
Trotz einer höheren Verfügbarkeit von Immobilien auf dem Markt, die um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr anstieg, bleibt der Markt für Käufer unerschwinglich. Die höheren Bestände bieten zwar potenziellen Käufern mehr Auswahl, doch die Preise bleiben weitgehend stabil. Im April stiegen die Medianpreise bestehender Häuser um 1,8 Prozent im Jahresvergleich auf einen Rekordwert von 414.000 US-Dollar.
Ein weiteres Problem, das sich abzeichnet, ist die sinkende Zahl der Erstkäufer, die in den Markt eintreten. Der Anteil dieser Käufer, die in den USA typischerweise 40 Prozent der Marktaktivitäten ausmachen, ist auf nur 34 Prozent gefallen. Dies ist ein weiteres Zeichen dafür, dass viele potenzielle Käufer aufgrund der hohen Einstiegskosten abgeschreckt werden. Gleichzeitig stieg der Anteil an wohlhabenden Barzahlern, die nun 25 Prozent der Transaktionen ausmachten – ein Indikator für den zunehmenden Rückzug von der breiteren Käuferbasis.
Viele Käufer haben Realtor.com zufolge ihre Rücklagen aufgebraucht und können sich die gestiegenen Finanzierungsbedingungen einfach nicht leisten. Insbesondere die hohen Hypothekenzinsen und die wirtschaftliche Unsicherheit, die durch die Handelspolitik von Präsident Donald Trump und die Herabstufung des US-Kreditratings durch Moody's verschärft wurden, wirken sich negativ auf die Kaufbereitschaft aus. Und letztendlich leiden darunter dann auch die großen US-Haubauer wie D.R. Horton, Lennar, PulteGroup und Toll Brothers.
Für Käufer, die weiterhin an der Wohnungssuche festhalten, gibt es auch einen positiven Aspekt: Der Markt wird zunehmend flexibler. Da der Immobilienmarkt langsamer arbeitet und Käufer weniger in die Verhandlungen involviert sind, haben Käufer nun mehr Einfluss auf den Preis. Eine größere Verhandlungsmasse führt dazu, dass Verkäufer unter Druck geraten und Preisnachlässe anbieten, um ihre Objekte loszuwerden.
Wie lange diese trendmäßige Abkühlung anhalten wird, ist unklar. Der Druck auf den Markt durch die steigenden Zinsen, die wirtschaftliche Unsicherheit und die außenpolitischen Spannungen lassen jedoch wenig Raum für eine schnelle Erholung. Sollte die wirtschaftliche Lage weiterhin angespannt bleiben, könnte die USA in eine Immobilienkrise schlittern, die nicht nur den Immobiliensektor betrifft, sondern auch breite Auswirkungen auf die Finanzmärkte und die Gesamtwirtschaft haben könnte.
Die US-Immobilienmärkte werden unter Umständen noch lange unter diesen Belastungen leiden. Für Käufer und Investoren heißt es, sich auf eine anhaltende Durststrecke einzustellen.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion
