"Risikoevent"
US-Bond-Auktion könnte Teufelskreis lostreten – kommt es zum Käuferstreik?
Die bevorstehende Auktion von 30-jährigen US-Treasuries könnte ein entscheidender Moment für die Finanzmärkte werden. Steigende Zinsen und die wachsende US-Verschuldung sorgen für Unruhe.
- Auktion von 30-jährigen US-Treasuries wird erwartet.
- Steigende Zinsen und US-Verschuldung sorgen für Unruhe.
- Ergebnisse könnten Vertrauen in US-Staatsanleihen beeinflussen.
- Report: Hensoldt, Renk & Rheinmetall teuer

Die anstehende Auktion von 30-jährigen US-Treasuries kann zu einem Test für die Stabilität der globalen Finanzmärkte werden. Am Donnerstag wird die US-Regierung Staatsanleihen im Wert von 22 Milliarden US-Dollar ausgeben, und die Reaktionen darauf könnten weitreichende Folgen für die Kreditaufnahme der USA und die globale Wirtschaft haben.
Investoren und Marktanalysten blicken gespannt auf das Ergebnis, da die derzeit steigenden Zinssätze und die wachsende US-Verschuldung zu einem immer größeren Risiko für die Nachfrage nach langfristigen Staatsanleihen werden.
Die jüngsten Entwicklungen auf dem Markt für US-Treasuries sprechen eine deutliche Sprache: Seit April sind die Renditen auf langfristige Anleihen gestiegen, was größtenteils auf die Bedenken hinsichtlich der explodierenden Haushaltsdefizite und der politischen Unsicherheit zurückzuführen ist.
Die Rendite auf 30-jährige US-Treasuries stieg am 22. Mai auf 5,15 Prozent, den höchsten Wert seit 2023 und pendelte auch am Mittwoch nur leicht unter der Marke von 5 Prozent. Für viele Investoren ist dies ein deutlicher Hinweis darauf, dass die USA eine immer höhere Prämie zahlen müssen, um Kapital von ausländischen Investoren anzulocken.
Die Auktionsnachfrage könnte zum entscheidenden Indikator für das Vertrauen der Märkte in die US-Staatsverschuldung werden. "Jede Auktion wird jetzt als Risikoevent betrachtet", sagte Guneet Dhingra, US-Zinsstratege bei BNP Paribas, gegenüber Bloomberg. Angesichts der schwachen Nachfrage fühle es sich so an, "als wären die 30-jährigen US-Treasuries die unbeliebtesten Anleihen auf dem Markt", fügte Jack McIntyre, Portfolio-Manager bei Brandywine, hinzu. Die Auktion könnte damit eine erste Antwort auf die Frage liefern, wie ernst Investoren die aktuelle fiskalische Lage und die steigende US-Verschuldung nehmen.
Trotz dieser besorgniserregenden Entwicklung gibt es auch Stimmen, die in der hohen Rendite eine Kaufgelegenheit sehen. Ein Teil der schwierigen Fiskalsituation der USA sei bereits in den 30-jährigen Treasuries eingepreist, sagt Dhingra. Eine Erholung der Preise sei durchaus möglich, wenn die Nachfrage bei der Auktion stark ausfalle.
Doch die meisten großen Investmentfirmen teilen diese Ansicht nicht. Viele, darunter DoubleLine Capital und die Allianz-Tochter Pacific Investment Management Co (Pimco), bevorzugen kurzfristige Anleihen und meiden bewusst die langfristigen US-Staatsanleihen, da sie sich zunehmend von den politischen Unsicherheiten und der zunehmenden Staatsverschuldung bedroht fühlen.
In der Tat wird das Bild der US-Wirtschaft und ihrer Staatsfinanzen zunehmend von der Sorge über die steigende Verschuldung geprägt. Die kürzlich von der Rating-Agentur Moody's vorgenommene Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit unterstreicht diese Bedenken. Auch die aktuellen Entwicklungen rund um die Steuer- und Ausgabenpolitik der Trump-Administration sorgen für zusätzliche Verunsicherung.
Ein Großteil der Experten rechnet mit einer weiteren Verschärfung der Bedingungen auf den Märkten für US-Staatsanleihen. Und das würde die US-Regierung zwangsläufig dazu zwingen, höhere Zinsen zu akzeptieren, um Investoren zu gewinnen.
Die Gefahr eines "Vertrauensverlusts" in US-Treasuries ist nach wie vor real. Es gibt Hinweise darauf, dass sich ausländische Investoren aus US-Assets zurückziehen, was sich negativ auf die Nachfrage nach langfristigen Staatsanleihen auswirken könnte. Ein schwaches Ergebnis bei der Auktion könnte die ohnehin schon hohe Unsicherheit weiter anheizen und die Investoren dazu veranlassen, ihre Portfolios umzuschichten oder sogar ganz aus US-Anleihen auszusteigen.
Der Rückzug von ausländischen Investoren könnte langfristige Folgen für die US-Wirtschaft haben. Ein Teufelskreis wäre möglich: Sollte es zu einem so genannten "Buyer’s strike" kommen, würde das den US-Dollar schwächen und zu einem weiteren Anstieg der langfristigen Zinssätze führen. Dies würde nicht nur die US-Regierung, sondern auch Unternehmen und Haushalte, die sich auf langfristige Kredite verlassen, erheblich belasten.
Die Ergebnisse der Auktion am Donnerstag werden entscheidend dafür sein, wie sich die Markterwartungen in Bezug auf die US-Wirtschaft und die fiskalische Situation entwickeln. Eine starke Nachfrage könnte den Optimismus an den Märkten beflügeln, während eine schwache Nachfrage das Vertrauen in die Fiskalpolitik und die Fähigkeit der USA, ihre Schulden zu finanzieren, untergraben könnte. In jedem Fall wird die Auktion von 30-jährigen US-Treasuries zu einem der kritischsten Ereignisse auf den Finanzmärkten in dieser Woche werden.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion
