Notenbank greift mehrfach ein
Hongkongs Dollar-Bindung wankt – Scheitert die HKMA wie die SNB?
Seit 1983 ist der Hongkong-Dollar an den US-Dollar gekoppelt. Doch jetzt wird das Modell auf eine harte Probe gestellt.
- Hongkong-Dollar gefährdet, Peg-System unter Druck.
- HKMA interveniert, kauft Dollar für 7,5 Mrd. USD.
- Alternativen zur Dollarbindung werden diskutiert.
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Der Hongkong-Dollar bewegt sich gefährlich nah an der Schwelle seiner offiziellen Handelsbandbreite. Inmitten eines makroökonomischen Tauziehens zwischen den USA und China sieht sich die Hong Kong Monetary Authority (HKMA), die ein ähnliches Mandat wie eine Zentralbank hat, zunehmend gezwungen, zu intervenieren.
Allein in der ersten Juliwoche griff sie dreimal am Devisenmarkt ein und kaufte für umgerechnet 7,5 Milliarden US-Dollar die eigene Währung auf, um sie im engen Rahmen von 7,75 bis 7,85 zum US-Dollar zu halten. Es kommen immer mehr Zweifel auf, dass dieses Modell langfristig gehalten werden kann.
Diese Bindung an den US-Dollar (Peg-System), die seit 42 Jahren besteht und zuletzt 2005 durch eine definierte Bandbreite formalisiert wurde, soll Stabilität garantieren. Mittlerweile wird sie aber zusehends zum Risikofaktor. Während die Federal Reserve die Zinsen hoch hält, sind die Hongkonger Geldmarktsätze kollabiert. Die Folge: Arbitragegeschäfte, Kapitalabflüsse, ein schwächelnder Hongkong-Dollar.
Um die US-Dollar-Bindung zu verteidigen, muss die HKMA Liquidität aus dem System ziehen, was wiederum die lokalen Finanzierungskosten erhöht und die Reserven in ihrer eigenen Währung immer weiter anschwellen lässt. Dieses Dilemma stellt die Stadtregierung vor ein strategisches Problem: Das fragile Wachstum, vor allem im Immobiliensektor, basiert auf niedrigen Hypothekenzinsen. Eigentlich müsste die HKMA die Zinsen, die bereits auf dem niedrigsten Stand seit drei Jahren sind, weiter senken, doch das würde die eigene Währung nur noch mehr schwächen. Eine nachhaltige Peg-Verteidigung könnte die Wirtschaft weiter belasten.
Weltweit sinkt derzeit das Vertrauen in den Greenback. Die US-Währung hat im ersten Halbjahr 2025 schlechtesten Start seit 1973 verzeichnet. Handelskriege, Schuldenkrisen und Zinspolitik aus Washington treiben Investoren in Asien zur Diversifikation. Ein starker Zufluss nach Hongkong war zuletzt spürbar, doch statt Stabilität bringt er Währungsdruck.
Feste Währungssysteme, ob feste Anbindungen oder Korridore, sind viel leichter zu schützen, wenn der Druck in Richtung Aufwertung der Währung geht. Eine Zentralbank muss nur genug davon drucken und mit dem frischen Geld Vermögenswerte im Ausland kaufen. So war das von 2011 bis 2015 in der Schweiz, wo die Schweizerische Nationalbank (SNB) jahrelang einen Kursdeckel des Franken zum Euro verteidigte, bis sie ihn nach vier Jahren überraschend aufgab. Damals hatte sie fast eine Billion US-Dollar an Fremdwährungsreserven aufgebaut. Bei der HKMA nun schwellen die Reserven der eigenen Währung immer weiter an und könnten das System zum Wanken bringen.
Vor diesem Hintergrund mehren sich die Spekulationen über Alternativen. Könnte Hongkong den US-Dollar durch einen Währungskorb ersetzen, wie es Analysten von Societe Generale vorschlagen? Kurzfristig ist das jedoch kaum umsetzbar. Eine noch naheliegendere Idee, die Anbindung an den chinesischen Yuan, scheitert aktuell an der mangelnden Kapitalverkehrsfreiheit der Volkswährung. Solange der Yuan nicht vollständig konvertierbar ist, bleibt diese Option politisch symbolträchtig, aber ökonomisch riskant.
Selbst eine Koppelung an Gold wurde ins Spiel gebracht, doch dessen geringe Liquidität und hohe Volatilität sprechen dagegen. Wahrscheinlicher erscheint eine graduelle Lockerung des bestehenden Systems. Ökonomen schlagen vor, die Peg-Bandbreite zu erweitern, beispielsweise auf 7,70 bis 7,90 je US-Dollar, um den Interventionsbedarf zu verringern und der HKMA mehr geldpolitischen Spielraum zu verschaffen.
Bisher verteidigt die Führung in Hongkong das System eisern. Regierungschef John Lee nannte die Dollar-Bindung jüngst eine der Säulen des Finanzzentrums. Auch HKMA-Chef Eddie Yue betonte, es gebe "keinen Anlass und keine Absicht", das bestehende System aufzugeben.
Doch die Realität ist komplexer. Non-Deliverable Forwards (NDFs) auf den Hongkong-Dollar, mit denen Investoren auf einen zukünftigen Wechselkurs wetten, zeigen bereits, dass viele nicht mehr uneingeschränkt an die Haltbarkeit der US-Dollar-Bindung glauben: Die Zwölf-Monats-NDFs preisen die niedrigsten Wechselkursniveaus seit den frühen 2000ern ein. Das ist ein klares Misstrauensvotum gegenüber der HKMA.
Wie die SNB verfügt auch die HKMA in Hongkong über große Devisenreserven und kann bei einer Abwertung der Währung kurzfristig gegensteuern. Doch wie lange hält der politische Wille, wenn die Kosten immer weiter steigen und die Reserven immer weiter anwachsen? Noch zeigt sich der Hongkong-Dollar stabil, doch das Fundament des Systems bröckelt.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion
